Der Messerangriff im österreichischen Villach mit einem Todesopfer und mehreren Verletzten ist den Ermittlern zufolge von einem „islamistischen Attentäter“ verübt worden. Das sagte Innenminister Gerhard Karner vor Journalisten. Der 23-jährige Syrer habe sich „innerhalb kürzester Zeit im Internet radikalisiert“, sagte Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß. In der Privatwohnung hätten die Ermittler „eindeutige Hinweise auf islamistisches Gedankengut mit Bezug zum IS“ gefunden, unter anderem eine Flagge des Islamischen Staats. Die derzeitigen Ermittlungen ließen auf einen Einzeltäter schließen. Neben der Wohnung des 23-Jährigen sei eine weitere durchsucht worden.

In Österreich herrsche Trauer, sagte Karner in Villach. Hinzu kämen aber auch „Wut über einen islamistischen Attentäter, der wahllos auf unschuldige Menschen hier in dieser Stadt eingestochen hat“.

Der Mann habe, so Kohlweiß, nach derzeitigem Kenntnisstand auch seine eigene Erschießung inkauf genommen. Sie bestätigte Berichte von Zeugen, wonach er „Allahu Akbar“ (Gott ist groß) gerufen hatte.

Drei Opfer auf Intensivstation behandelt

Am Samstagnachmittag hatte der syrische Flüchtling wahllos auf Passanten im Zentrum der Stadt im südlichen Bundesland Kärnten eingestochen. Ein 14 Jahre alter Junge starb. Fünf weitere Personen wurden verletzt. Drei der Opfer wurden am Sonntag noch intensivmedizinisch behandelt. Sie seien aber nach bisherigem Stand außer Lebensgefahr.

Einer der Leichtverletzten ist nach Angaben von Kohlweiß türkischer Staatsangehöriger, alle anderen Opfer sind Österreicher.

Nach Angaben der Polizei war die Tatwaffe ein Klappmesser mit einer zehn Zentimeter langen Klinge. Der Angriff am Samstagnachmittag im Zentrum von Villach wurde von einem Essenslieferanten gestoppt, der den Verdächtigen mit seinem Fahrzeug anfuhr. Kurz darauf wurde der Angreifer von der Polizei festgenommen.

Ein Syrer griff ein und rammte den Täter

Dass nicht noch mehr Opfer zu beklagen sind, ist laut der Polizeidirektorin vermutlich dem schnellen Eingreifen eines Zeugens zu verdanken. Bei ihm handelt es sich um einen 42-jährigen Syrer, dem in Österreich Asyl gewährt wurde. „Er rammte mit seinem Pkw den Täter und hat so vermutlich Schlimmeres verhindert“, sagte Kohlweiß.

Der eingreifende Syrer – ein Essensauslieferer – berichtete seinerseits in Medien, es sei für ihn klar gewesen, dass er eingreifen müsse. „Natürlich habe ich jetzt Sorge, dass die Menschen Schlechtes über uns denken, aber wir sind nicht so“, sagte Alaaeddin Alhalabi zudem in der „Kleinen Zeitung“ über seine syrischen Landsleute in Österreich. Der Angreifer konnte letztlich von zwei Polizistinnen festgenommen werden.

„Aufgrund der ersten Hinweise mussten wir kurz davon ausgehen, dass es möglicherweise einen zweiten Täter geben könnte“, sagte Kohlweiß weiter. „Die Wahrnehmungen haben sich allerdings dann als falsch herausgestellt.“ Die Ermittler gingen nun von einem Einzeltäter aus. Dieser solle wegen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes angeklagt werden.

Angesichts des tödlichen Angriffs stand Österreich, wo es zuvor nur einen einzigen islamistischen Anschlag 2020 in Wien mit vier Toten gab, unter Schock. Am Tatort in Villach entzündeten Menschen am Sonntag Kerzen und legten Blumen nieder. Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen bezeichnete das Messerattentat als „entsetzlich“. Im Onlinedienst X schrieb er: „Kein Wort kann das Leid, den Schrecken, die Angst ungeschehen machen.“

Österreichs Übergangskanzler Alexander Schallenberg erklärte, „Hass, Intoleranz und Extremismus haben keinen Platz in unserer offenen, pluralistischen Gesellschaft“. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich verurteilte die „abscheuliche Tat“, die in „völligem Widerspruch zu den Werten unseres Glaubens“ stehe.

FPÖ-Chef fordert „Festung Österreich“

Der Chef der der rechtspopulistischen FPÖ, Herbert Kickl, nutzte den Vorfall, um einmal mehr eine „Festung Österreich“ zu fordern. Eine rigorose Asylpolitik sei notwendig, um den „Schutz der eigenen Bevölkerung“ zu garantieren. Dies müsse auch bei der anstehenden Regierungsbildung beachtet werden.

Konkret forderte Kickl für seine Partei den Posten des Innenministers. Die Koalitionsgespräche zwischen FPÖ und Schallenbergs konservativer ÖVP waren am Mittwoch unter anderem wegen eines Streits über die Verteilung von Ministerien – vor allem des Innenministeriums – gescheitert.

„Wir brauchen rigoroses Durchgreifen im Asylbereich und dürfen uns Zustände wie in Villach nicht weiter importieren“, erklärte FPÖ-Chef Herbert Kickl nach der Messerattacke. ÖVP-Politikerin Johanna Mikl-Leitner, Landeshauptfrau des Bundeslandes Niederösterreich, erklärte: „Ich sage seit Monaten, dass eine künftige Regierung strenge Maßnahmen gegen Integrationsverweigerer setzen muss, sonst braucht sie gar nicht antreten.“

Nur zwei Tage zuvor war ein 24-jähriger Mann aus Afghanistan in München mit einem Auto in einen Demonstrationszug gefahren. Zwei Menschen, eine Mutter und ihr Kind, sind gestorben; Dutzende wurden verletzt. Auch bei diesem Fall gehen die Ermittler von einem islamistischen Hintergrund aus.