Wie geht es dem Luxemburger Einzelhandel mit seinen knapp 55.000 Beschäftigten? Diese Frage zu beantworten wurde 2022 im Rahmen des „Pakt Pro Commerce“ erstmals eine Studie vorgelegt. Eine aktuelle stellten nun am Montag der Minister für Wirtschaft, KMU, Energie und Tourismus, Lex Delles, der Generaldirektor der Handelskammer, Carlo Thelen, und der Präsident des GIE Observatoire national des PME und CEO von Luxembourg Confederation, Tom Baumert, vor. Die präzisen und aktuellen Daten des „Retail report“ sollen es ermöglichen, die Dynamik des Sektors besser zu verstehen und die öffentliche Politik sowie die Strategien der Wirtschaftsakteure zu lenken.
Verkaufsfläche wächst schneller als die Zahl der Geschäfte
Die Untersuchung hebt dabei mehrere wichtige Trends hervor, die die Entwicklung des Handels in Luxemburg prägen. Etwa einen allmählichen Wandel in den Innenstädten. „Lokale Geschäfte beleben unsere Gemeinden und Stadtzentren und tragen zu deren Attraktivität und zur Lebensqualität unserer Mitbürger bei“, sagt Wirtschaftsminister Delles, der sich erfreut zeigt, dass die Leerstandsquote im Einzelhandel zwischen 2023 und 2024 um 0,4 Prozentpunkte auf 11,9 Prozent sank. Die Mehrheit (78 Prozent) der leerstehenden Geschäftsräume sind Flächen, die typischerweise vom Einzelhandel und dem Dienstleistungssektor genutzt werden. Die restlichen 22 Prozent sind Flächen, die für den Horeca-Sektor prädestiniert sind.
Weniger Leerstand ist sowohl in den Stadtzentren als auch in den Dorfzentren zu beobachten. „Allerdings verliert der Einzelhandel in den Stadtzentren tendenziell an Boden zugunsten des Dienstleistungssektors und des Hotel- und Gaststättengewerbes“, heißt es in dem Bericht. Seit 2019 ist der Anteil des Einzelhandels an den Aktivitäten in den Innenstädten von 37,5 Prozent auf 33,6 Prozent gesunken. Gleichzeit haben kurzlebige Pop-up-Stores und Showrooms seit 2019 um 72,5 Prozent zugenommen. Das bestätige „eine Entwicklung hin zu multifunktionaleren Stadtzentren“, so die Studie.
Ende des dritten Quartals 2024 belief sich die gesamte Einzelhandelsfläche in Luxemburg auf fast 1,1 Millionen Quadratmeter, was bei einer Bevölkerung von 672.000 Einwohnern einem Durchschnitt von 1,66 Quadratmeter pro Einwohner entspricht. Seit 2019 ist die Handelsfläche damit um 5,3 Prozent gewachsen, „eine gesunde Entwicklung, die parallel zum Bevölkerungswachstum (+7,4 Prozent im gleichen Zeitraum) verläuft“, wie aus der Studie hervorgeht, die darauf hinweist, dass der wachsende Online-Handel weniger physischen Raum benötigt und insbesondere Branchen wie Mode und Unterhaltungselektronik beeinflusst. Um Einzelhändlern die Standortentscheidung zu optimieren wurde 2023 die Plattform „Localyze.lu“ eingeführt.
Vor allem der Lebensmitteleinzelhandel boomt
Der Modehandel, der seit 2019 zehn Prozent seiner Verkaufsstellen einbüßte – 83 Geschäfte für Bekleidung, Schuhe und Lederwaren haben in den letzten sechs Jahren geschlossen -, machte 2024 einen Umsatz von rund 1,4 Milliarden Euro. Starkes Wachstum legte hingegen die Lebensmittelbranche hin, obwohl auch hier die Zahl der Bäckereien und Metzgerein in den letzten sechs Jahren um 24 zurückgegangen ist. Der Lebensmittelhandel insgesamt machte 2024 in Luxemburg einen Umsatz von rund 4,6 Milliarden Euro und hat seit der Studie 2019 über 100 neue Filialen eröffnet und die Verkaufsfläche um 12,7 Prozent vergrößert. „Dieser Zuwachs betrifft alle Kategorien von Lebensmittelgeschäften, von klassischen Supermärkten bis hin zu Hard-Discount-Läden, deren Verkaufsfläche in den letzten fünf Jahren um mehr als 35 Prozent gestiegen ist“, heißt es in der Studie.
Mehr Schnellrestaurants, weniger Bistros
Die Gastronomie mit 23.800 Beschäftigten (+9,2 Prozent seit 2020) zählt 2.575 Betriebe (+2,5 Prozent seit 2019). Während die Zahl der Restaurants seit 2019 nur moderat um 2,4 Prozent stieg, verzeichneten die Schnellrestaurants einen überdurchschnittlichen Anstieg (+23,3 Prozent auf 376 Betriebe). Die Gruppe der „Bars, Cafés, Bistros und Eisdielen“ verzeichnete dagegen einen deutlichen Rückgang der Anzahl der Betriebe um rund neun Prozent.
Die zunehmende Vielfalt der luxemburgischen Bevölkerung spiegele sich auch im Aufschwung der auf internationale Produkte spezialisierten Lebensmittelgeschäfte wider, die seit 2019 um 21,8 Prozent gewachsen sind.
Gleichzeitig bleibe die Entwicklung des Unternehmensbestands im Einzelhandel (+1,1 Prozent) und im Hotel- und Gaststättengewerbe (+2,5 Prozent) zwischen 2019 und 2024 moderat. Ebenfalls gut entwickeln sich Online-Handel und Omnichannel-Strategie, die physische und digitale Präsenz miteinander verbindet. Innerhalb von sechs Jahren ist der Anteil der Geschäfte, die über einen Online-Shop verfügen, von 33,5 Prozent auf 44,4 Prozent im Jahr 2024 gestiegen.
Dieser Strukturwandel veranlasst die Unternehmen, einen Multichannel-Ansatz zu verfolgen, der physische und digitale Präsenz miteinander verbindet. Einzig in der Branche für Auto- und Motorradzubehör sei dieser Trend weniger ausgeprägt. „Die Attraktivität und der Erfolg von Geschäften beruht auf ihrer Fähigkeit, innovativ zu sein und neue technologische, insbesondere digitale Werkzeuge und Prozesse zu integrieren“, meint Handelskammer-Generaldirektor Carlo Thelen.
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