Rechtspopulistin Marine Le Pen wurde in einem langjährigen Veruntreuungsprozess um EU-Gelder am Vormittag in Paris schuldig gesprochen.

Die Richterin verurteilte sie zu zwei Jahren Freiheitsstrafe per Fußfessel. Zwei weitere Jahre Haft setzte das Strafgericht in Paris zur Bewährung aus. Außerdem wurde eine Geldstrafe von 100.000 Euro verhängt. Gegen beides dürfte die Politikerin Berufung einlegen, es droht ein jahrelanger Rechtsstreit.

Fünf Jahre für alle Wahlen gesperrt

Die wichtigste politische Konsequent des Urteils: Marine Le Pen darf ab sofort und für fünf Jahre nicht mehr bei Wahlen antreten.

Diese Strafe trete umgehend in Kraft, so das Urteil. Dies bedeutet, dass das Verbot auch im Fall einer Berufung bestehen bleibt. Richterin Bénédicte de Perthuis begründete das Verbot mit einem drohenden „Rückfallrisiko“. Und: Es drohe andernfalls eine „erhebliche Störung der öffentlichen Ordnung, wenn sich eine in erster Instanz verurteilte Person zur Präsidentschaftswahl stellt“.

Le Pen sprach von „politischem Tod“

Le Pens geplante Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2027, für die sie laut Umfragen (Amtsinhaber Emmanuel Macron darf nicht mehr antreten) aussichtsreich im Rennen lag, ist damit blockiert. Ihr Lebenstraum ist geplatzt.

Le Pen hatte selbst davon gesprochen, dass eine Verurteilung ihren „politischen Tod“ bedeuten könnte.

Noch bevor die Vorsitzende Richterin die vollständige Strafe gegen Le Pen verkündete, verließ die Politikerin den Gerichtssaal.

Le Pen schnappte sich ihre Handtasche und verließ den Gerichtssaal – noch bevor sie ihr Strafmaß hörte

Le Pen schnappte sich ihre Handtasche und verließ den Gerichtssaal – noch bevor sie ihr Strafmaß hörte

Foto: AP

Das wird Le Pen vorgeworfen

Nach Überzeugung des Gerichts machte sich die heutige Fraktionschefin ihrer Partei Rassemblement National (RN) schuldig, indem sie in ihrer Zeit als EU-Abgeordnete vier EU-Parlamentsassistenten widerrechtlich für Aufgaben einsetzte, die nicht ihrer Funktion entsprachen, unter anderem als Personenschützer und persönliche Assistenten.

Den Schaden beziffert das Gericht auf 2,9 Millionen Euro. Neben Le Pen hat das Gericht acht weitere EU-Abgeordnete ihrer Partei Rassemblement National (RN) ebenfalls schuldig gesprochen, dazu ein Dutzend Assistenten.

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Zentraler Vorwurf ist, dass Le Pens Partei (damals noch „Front national“) Geld für parlamentarische Assistenten vom EU-Parlament bekommen hat, die aber für die Partei gearbeitet hätten.

Noch vor Ende der Urteilsverkündung verließ Marine Le Pen das Gerichtsgebäude

Noch vor Ende der Urteilsverkündung verließ Marine Le Pen das Gerichtsgebäude und ließ sich davonfahren

Foto: Abdul Saboor/REUTERS

Dreist: Die Angeklagten hätten „fiktive Verträge“ unterzeichnet, sagte die Vorsitzende Richterin Bénédicte de Perthuis. Sämtliche Parlamentsassistenten „arbeiteten tatsächlich für die Partei“.

Die Richterin: „Damit das klar ist: Niemand wird hier verurteilt, weil er Politik gemacht hat, darum geht es nicht.“

Zwischen 2004 und 2016 wurden demnach Millionensummen von Brüssel nach Paris abgezweigt. Die – notorisch klamme – Anti-EU-Partei ließ sich also mehr als zehn Jahre lang vom europäischen Steuerzahler aushalten. Dabei hatte Le Pen noch 2017 massiv für den „Frexit“ geworben, den Austritt Frankreichs aus der EU. Mehrfach pestete sie gegen EU-Hauptgeldgeber Deutschland.

Die französische Rechtspopulistin hatte die Vorwürfe vor Gericht bestritten

Die französische Rechtspopulistin hatte die Vorwürfe vor Gericht bestritten

Foto: Stephanie Lecocq/REUTERS

Ursprünglich angeklagt war auch Marine Le Pens Vater, der rechtsextreme Parteigründer und Holocaust-Leugner Jean-Marie Le Pen. Er wurde aber für prozessunfähig erklärt, starb dann im Januar im Alter von 96 Jahren.