Urteil: Rucksackdurchsuchung bei Umweltaktivistin in Zug war unzulässig

by PoroBraum

9 comments
  1. > Die Durchsuchung des Rucksacks und die Feststellung der Identität einer Umweltaktivistin in einem Zug sind einem Urteil zufolge nicht rechtens gewesen

    > Es gab auch keinen örtlichen Bezug mehr, weil sie den Halt zum Dannenröder Forst in Marburg zum Zeitpunkt der Durchsuchung bereits hinter sich gelassen hatte

  2. Und was genau passiert nach so einem Urteil? Und wie teuer ist das ganze jetzt für die Aktivistin gewesen?

  3. “Während des Halts am Frankfurter Hauptbahnhof stellten Bundespolizisten auf Verlangen der Polizei Mittelhessen ihre Identität fest und durchsuchten ihren Rucksack. Hintergrund war, dass sie sich zuvor an Protestaktionen im Zuge des umstrittenen Ausbaus der A49 im Dannenröder Forst beteiligt hatte.”

    Das klingt so, als sei die Bundespolizei extra in den Zug gestiegen, um nur diese eine Person zu durchsuchen und ihre Identität festzustellen. Lasst mich raten, die Polizei Mittelhessen wollte Futter für ihre Datenbank.

  4. Ich frage mich, ob so ein Urteil überhaupt mehr als ein Schulterzucken bei der Polizei verursacht. Kommt ja immer mal wieder vor, dass Wohnungen, Rucksäcke, etc. wegen Nichtigkeiten durchsucht werden und sich am Ende rausstellt, dass es unverhältnismäßig war. Der Schaden ist allerdings angerichtet. Und wenn so ein Urteil, wie in diesem Fall 4 1/2 Jahre braucht, wird man die Polizei wohl schlecht dazu auffordern können, die durchsuchte Wohnung wieder aufzuräumen. Im Zweifel werden dann vielleicht ein paar Hundert oder eventuell sogar 1-2 tausend Euro Schadensersatz bezahlt, aber wirklich ändern wird sich durch solche Urteile wohl nicht.

  5. Da hätte ich jetzt gerne mal das Urteil im Volltext gelesen. Mein Gefühl sagt mir, dass nicht die Durchsuchung an sich, sondern die Durchsuchung zur anschließenden Beschlagnahme der Kletterausrüstung hier das Problem war.

  6. Ist das bundeslandspezifisch? Identitätsfeststellung und Rucksackdurchung habe ich auch schon hinter mir, zuletzt nach einer Grenzüberquerung von Österreich nach Bayern ohne jeglichem politischen/aktivistischen Hintergrund. War super seltsam.

  7. Und? Es passiert nichts. Das Urteil wird die Beamten auch nicht von zukünftigen illegalen Durchsuchungen abhalten.

  8. deutschland das land in dem es konsequenzen nur für die leute gibt die es sich nicht leisten können

  9. Zur Frage „Was ist denn jetzt die Folge für die Polizei?“ mal eine nüchterne theoretische Einschätzung:

    1. Die beklagte und unterlegene Polizeibehörde hat die Verfahrenskosten sowie die Auslagen der Klägerin zu erstatten.

    2. Sofern durch rechtswidrige Maßnahmen von Ordnungsbehörden ein Schaden entstanden sein sollte, stünde der Klägerin Schadensersatz oder Schmerzensgeld zu, der/das jeweils jedoch konkret belegt zu beziffern wäre

    3. Sofern Polizeibeamte vorsätzlich rechtswidrig agieren, kann dies Strafgesetze erfüllen (zB Diebstahl, Körperverletzung). Ohne den Fall zu kennen, sieht der Fall hier jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich nach vorsätzlichem Diebstahl (der Kletterausrüstung) aus, sondern maximal fahrlässige Begehung in gutem Glauben auf die Rechtmäßigkeit der ergangenen Anordnung. Fahrlässigkeit ist beim Diebstahl strafrechtlich irrelevant.

    4. Unabhängig von der strafrechtlichen Komponente gilt auch das Beamtenrecht. Beamte sind von Amts wegen verpflichtet, Recht und Gesetz zu befolgen, u.a. aus 34 (1) BeamtStG. Wussten die Beamten, dass die Maßnahme rechtswidrig ist oder hätten sie es (bei vernünftiger Betrachtung) wissen müssen oder wenigstens hätten erkennen können, könnten sie gegen ihre Dienstpflichten verstoßen haben. Das könnte dann disziplinarrechtlich verfolgt werden, das geht auch bei Fahrlässigkeit. Wenn die ausführenden Bundespolizeibeamten erkannt hätten, dass das Ersuchen der Landespolizei rechtswidrig ist, hätten sie zudem remonstieren *müssen*. Eine unterbliebene Remonstration ist ebenfalls eine Pflichtverletzung.

    Um 1 und 2 kümmern sich die Veraltungsgerichte, um 3 (zunächst) die Staatsanwaltschaft, um 4 die Polizeibehörde im Innenverhältnis.

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