Max Pfnür muss verrückt sein. Der in Salzburg lebende und ausgebildete Schauspieler bringt eine außergewöhnliche Produktion nach Luxemburg. Auf Einladung des Fundamental Monodrama Festivals, das am 13. Juni startet, wird Pfnürs Interpretation von Goethes „Faust“ zum großen Abschluss des Theatertreffens. Und das nicht ohne Grund: Pfnür spielt beide Teile des deutschen Klassikers und übernimmt in der insgesamt fünfstündigen Fassung alle – ja, wirklich alle – Rollen selbst.

Steve Karier, der als Festivalchef die Reihe in der Bonneweger Banannefabrik organisiert, glaubt nicht an eine Belastungsprobe für das Publikum – im Gegenteil: „Das wirkt bei ihm so kolossal in der Lösung. Natürlich ist das eine geisteskranke Idee“, scherzt Karier. „Aber Max und sein Regisseur Benjamin Blaikner machen das auf so wundervoll leichte Weise. Es stellt sich sogar als Gewinn für das Stück heraus. Es wirkt längst nicht mehr so beschwerlich, sondern es blättert sich dank dieser Leichtigkeit auf“, betont der Festivalleiter zur Aufführung am 22. Juni.

Bequemes Eintauchen in den deutschen Klassiker

Denn dadurch, dass Pfnür mit einfachen Kostümwechseln und ohne zu viel Schnickschnack auskommt, es keine langen Szenenwechsel oder Auftritts-Hin-und-Her wie bei einer Großproduktion gibt, bleibt der Brennpunkt auf ihm selbst. „Auch wenn das Publikum in die geplanten zwei Pausen geht, wird Pfnür nicht die Bühne verlassen. Das macht so einen starken Eindruck“, betont Karier.

Und die Zuschauer? Sie sollen sich bequem auf diese Theaterreise einlassen können. „Die Atmosphäre soll ganz locker im Zuschauerraum sein. Wenn auch mal jemand kurz den Raum verlassen oder sich ausstrecken will – solange das auf leisen Sohlen passiert, ist das kein Problem“, stellt Karier im Vergleich zu anderen Theatersituationen heraus.

Bei aller augenfälligen Besonderheit des „Faust“-Projekts hat das Fundamental Monodrama Festival in diesem Jahr 13 weitere Veranstaltungen in seinem Portfolio. Wie immer gilt: Nur eine Darstellerin oder ein Darsteller steht völlig allein im Fokus jeden Projekts. Trotz aller Mühe, alles im Vorfeld zu klären, stößt Karier dennoch bei der Organisation an Grenzen.

Das liegt auch daran, dass er Produktionen vom afrikanischen Kontinent, wo es oft kaum Raum oder Geld für die kreative Arbeit gibt oder sie sogar unterdrückt wird, Raum geben will. Das aber macht es kompliziert. „Das Hauptproblem ist, dass viele Afrikaner kein Visum bekommen. Trotz perfekt geordneter Papiere, trotz unserer großen Routine über die letzten Jahre und trotz der Mithilfe der Luxemburger Auslandsvertretungen, kann es selbst kurzfristig passieren, dass Künstlerinnen und Künstler einfach das Visum nicht bekommen oder an der Ausreise gehindert werden. Aus welchen Gründen auch immer“, berichtet er aus der Arbeit im Hintergrund.

Mutige Frauen, neun Uraufführungen und ein starker Kulturmix

Karier lädt zum Festival Partner aus dem Niger ein. „Dort sind die Strukturen leider völlig zusammengebrochen. Zusammen mit anderen Freunden aus der französischen Theaterszene wollen wir versuchen, die Arbeit im Niger wieder möglich zu machen. Davon ist für das Publikum aber erst einmal nichts sichtbar. Auch weil schlicht gar keine Produktionen gemacht werden konnten. Und doch sind diese Hintergrundtreffen Teil des Festivals.“

Mit revolutionären Arbeiten wie „this is my truth, tell me yours“ von und mit der Kroatin Jasna Žmak dürfen Frauen beim diesjährigen Festival die Bühne erobern. Foto: Sanja Merćep

Bei allen Widrigkeiten ist es Karier und seinem kleinen Team gelungen, Safourata Kabore aus Burkina Faso mit ihrer Arbeit „Noces“ in der Regie der „großartigen Odile Sankara“, so der Festivalchef, nach Luxemburg zu holen. Und dieses Werk hat es in sich. Kabore, die den Text selbst geschrieben hat, entwickelt auf der Bühne die Geschichte einer Frau, die sich kurz vor ihrer Hochzeit traumatischen Erinnerungen und ihrer Geschichte stellen muss. „Das ist sehr afrikanisch direkt, sehr eigen und sehr intensiv “, sagt Karier.

Frauen stehen diesmal beim Festival überhaupt stark im Fokus. Und natürlich möchte das Festival dem Luxemburger Sprachenmix und den wunderbaren Möglichkeiten des interkulturellen Austauschs im Land nachkommen. Dazu kommen viele Erstaufführungen, bei denen die Schauspielenden die Gelegenheit haben, im Festivalrahmen sich auch Herausforderungen zu stellen, die sonst nicht so leicht möglich wären.

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Das gilt zum Beispiel für die Arbeit von Jess Bauldry und Sarah Lamesch. Sie dürfen mit ihren selbst geschriebenen englischsprachigen Stücken ihre Fähigkeiten vor Publikum beweisen. „Der 19. Juni steht ganz im Zeichen der englischen Sprache. Und dennoch mischen sich dort viele Einflüsse hinein. Jess lebt lange in Luxemburg und Sarah hat eigentlich als Luxemburgerin im deutschsprachigen Raum ihre Schauspielarbeit gestartet. Und es wird spannend sein, wie sie ihre monodramatischen Experimente auf die Bühne bringen. Gerade weil es solche Stücke weniger im anglophonen Raum gibt, ist es wunderbar, hier einen neuen Raum dafür zu schaffen“, sagt Karier. Neun der für die Festivalausgabe 2025 ausgewählten Projekte sind Uraufführungen.

„Silêncio, que vai-se cantar o Fado!“ heißt das Projekt von Magaly Teixeira, die künstlerisch auf Spurensuche nach ihren portugiesischen Wurzeln geht.  Foto: Fundamental Monodrama Festival

„Wir haben lange nach einer portugiesischsprachigen Monodrama-Produktion gesucht, doch erst jetzt sind wir wirklich fündig geworden“, betont der Festivalleiter. Gemeint ist die Produktion „Silêncio, que vai-se cantar o Fado!“ von und mit Magaly Teixeira. Sie spürt ihren portugiesischen Wurzeln mit einer kreativen Aufarbeitung zwischen Theater und Fado nach. Texte und Traditionen mischen sich und werden wiederum durch die Perspektive dieser „Portugiesin in dritter Generation“ neu interpretiert und transformiert.

Eine Übersicht der Produktionen des diesjährigen Festivals mit allen Informationen finden sich unter www.fundamental.lu. Tickets für die Abende zwischen dem 13. und 22. Juni kosten 20 Euro (ermäßigt 8 Euro, Kulturpasstickets möglich). Der Festivalpass für alle Veranstaltungen ist zum Preis von 80 Euro erhältlich.