Immer wieder zeigt das Forschungsgebiet der Bionik, dass die Natur als Vorbild bei der Entwicklung von Produkten und Mechanismen sowie beim Energiesparen dienen kann – so hat man sich auch die Funktionsweise von Klettverschlüssen oder den wasserabweisenden Lotus-Effekt in der Natur abgeschaut.

Das neuartige Fassadensystem ist ein weiteres Beispiel dafür: Es soll sich um das erste wetterabhängige, adaptive Verschattungssystem überhaupt handeln, das nicht auf elektrische Antriebsenergie angewiesen ist. Die Bewegungsmechanismen von Kiefernzapfen, die sich bei Veränderungen von Luftfeuchtigkeit und Temperatur öffnen und schließen, ohne dabei Stoffwechselenergie zu verbrauchen, diente hier als Vorbild. Dem Forschungsteam ist es gelungen, die anisotrope (richtungsabhängige) Struktur der Zellulose in Pflanzengeweben mit Standard-3D-Druckern nachzubilden.

Zellulose ist ein natürliches, reichlich vorhandenes und erneuerbares Material, das bei Feuchtigkeitsschwankungen quillt und schrumpft – eine Eigenschaft, die als Hygromorphie bezeichnet wird. Das Forschungsteam machte sich diese hygromorphe Eigenschaft zunutze, indem es biobasierte Zellulosefasern maßgefertigt in einem sogenannten 4D-Druckverfahren in eine zweischichtige Struktur gebracht hat, die von den Schuppen des Kiefernzapfens inspiriert ist. Wie schon beim 3D-Druck arbeitet auch das 4D-Druckverfahren durch den schichtweisen Aufbau von Material, bezieht allerdings noch den Faktor Zeit als vierte Dimension ein: 4D-gedruckte Gegenstände können durch bestimmte sensorische Reize – in diesem Fall Feuchtigkeit – ihre Gestalt oder ihre Eigenschaften selbstständig verändern.