Die vom Ständerat am Dienstag beschlossene Verschärfung der Regeln zur Geldwäschereibekämpfung liefert das jüngste Beispiel der Schweizer Auslandabhängigkeit. Der Ständerat hat aber den Vorschlag des Bundesrats deutlich aufgeweicht.

Finanzministerin Karin Keller-Sutter musste mit ihrem Vorschlag zur Geldwäschereibekämpfung am Dienstag im Ständerat Federn lassen.
Finanzministerin Karin Keller-Sutter musste mit ihrem Vorschlag zur Geldwäschereibekämpfung am Dienstag im Ständerat Federn lassen.

Anthony Anex / KEYSTONE

Ueli Maurer hat recht gehabt. Als Finanzminister hatte er 2020 im Parlament erklärt, dass ein Gesetzesprojekt zur Verschärfung der Geldwäschereibekämpfung in einigen Jahren erneut ins Parlament kommen werde, wenn das Parlament einen der damaligen Kernvorschläge ablehne – «das kann ich Ihnen jetzt schon versichern». Laut dem Vorschlag würden neu generell auch Anwälte, Notare, Treuhänder und andere Berater den Regeln des Geldwäschereigesetzes unterstellt. Bisher sind sie nur unterstellt, insoweit sie berufsmässig fremde Vermögenswerte annehmen, aufbewahren, anlegen oder übertragen.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Das Parlament lehnte damals die Verschärfung ab – wegen eines Aufstands der Anwälte, die ihr heiliges Berufsgeheimnis in Gefahr sahen. Nun bekommt das Parlament die versprochene Quittung: Fünf Jahre später muss es sich wieder mit dem gleichen Thema herumschlagen. Der Grund sind die globalen Standards zur Geldwäschereibekämpfung. Im dafür massgebenden Gremium (Groupe d’Action financière – Gafi) sitzen rund 40 Länder einschliesslich der Schweiz. In der Sicht des Gafi können Anwälte und andere Berater als Helfer eine wichtige Rolle in der Verschleierung von Geldflüssen spielen – etwa durch den Aufbau von undurchsichtigen Firmenstrukturen.

So haben gemäss den Gafi-Standards nicht nur Banken und Vermögensverwalter, sondern auch Anwälte und andere Berater bei gewissen Tätigkeiten Sorgfalts- und Meldepflichten zu erfüllen. Dass die Schweiz diese Empfehlung bisher nicht umgesetzt hat, sorgt bei den regelmässigen Gafi-Länderexamen für Kritik. Das nächste Länderexamen zur Schweiz ist für 2027 vorgesehen.

Neuer Anlauf mit mehr Chancen

So schickte der Bundesrat 2024 erneut ein Gesetzesprojekt ins Parlament, welches die Berater stärker in die Geldwäschereibekämpfung einbinden sollte. Wieder gab es einen Aufstand der Anwälte, obwohl der Vorschlag laut einem vom Bund bestellten externen Rechtsgutachten das Anwaltsgeheimnis nicht schwächen würde. Doch dieses Mal bahnt sich im Grundsatz im Parlament eine Mehrheit an. Der Ständerat hat am Dienstag einem Gesetzesprojekt mit 34 zu 9 Stimmen zugestimmt. Allerdings hat er die Vorlage des Bundesrats deutlich abgeschwächt. Wie diverse Ständeräte betonten, entspricht die Vorlage nun ungefähr dem, was ein runder Tisch mit den hauptbetroffenen Berufsverbänden als akzeptabel deklariert hatte.

Die Tendenz im Ständerat: SVP-Vertreter wollten überhaupt keine Änderung, Linke unterstützten die Vorlage des Bundesrats, und viele der übrigen Exponenten lagen dazwischen. Die Haltung in der letztgenannten Gruppe ist etwa die Folgende: Die geplante Verschärfung dürfte vor allem bürokratischen Zusatzaufwand ohne grossen Nutzen für die Geldwäschereibekämpfung bringen, aber die Schweiz muss wegen des Drucks der Globalstandards wohl etwas machen, also schluckt man mit Zähneknirschen eine Verschärfung – aber nur in einer im Vergleich zum Bundesratsvorschlag eingeschränkten Fassung.

Unklare Abgrenzung

Der Bundesrat wollte generell Berater, die berufsmässig an gewissen Geschäften mitwirken, bestimmten Sorgfaltspflichten unterstellen. Zu diesen Pflichten zählen nebst Kundenidentifikation und Dokumentation auch die Feststellung des wahren Eigentümers involvierter Vermögenswerte und des Zwecks der vom Kunden gewünschten Dienstleistung sowie weitere Abklärungspflichten bei risikoreichen Geschäften. In der Version des Ständerats sind die geplanten Pflichten beschränkt auf natürliche und juristische Personen, «die für Dritte berufsmässig einschliesslich der Mittelbeschaffung im Zusammenhang mit konkreten Rechtsvorgängen (…) mitwirken».

Was das genau heisst, wurde in der Ständeratsdebatte nicht ausgeführt. In einer engen Auslegung könnte man angesichts des Verweises auf die Mitwirkung an finanziellen Transaktionen einschliesslich der Mittelbeschaffung vermuten, dass dies kaum weiter geht als der Status Quo – in dem als Finanzintermediäre tätige Berater bereits von den Geldwäschereiregeln erfasst sind. Ein Bericht der vorberatenden Rechtskommission des Ständerats sagt indes, dass auch die Beratung als relevante Mitwirkung zählt. Ein Anwalt müsste also in dieser Lesart nicht selber Geld verschieben, um erfasst zu sein. Wo die Grenzlinie liegt, ist unklar.

Nur 1 Prozent der Immobiliengeschäfte

Zu den genannten Geschäftsvorgängen, bei deren Mitwirkung Berater erfasst sein könnten, gehören unter anderem der Kauf und Verkauf von Grundstücken und die Errichtung oder Verwaltung von nicht operativen Rechtseinheiten (wie etwa Briefkastenfirmen oder Stiftungen). Der Ständerat hat aber die Ausnahmen deutlich weiter gefasst, als dies der Bundesrat wollte.

Unbestritten war von Anfang an, dass Tätigkeiten im Zusammenhang mit Gerichts-, Straf- und Schiedsverfahren nicht erfasst sind. Laut dem Beschluss des Ständerats sollen aber generell Immobilientransaktion erst ab einem Wert von 5 Millionen Franken erfasst sein. Gemäss Finanzministerin Karin Keller-Sutter wären damit nur etwa 1 Prozent aller Immobilientransaktionen nicht erfasst. Selbst in der teuersten Gemeinde in der Schweiz, Kilchberg im Kanton Zürich, liege der durchschnittliche Kaufpreis für ein Einfamilienhaus mit 2,9 Millionen Franken weit unter der 5-Millionen-Marke. Ein Kompromissvorschlag mit einem Schwellenwert von 2,5 Millionen Franken, der etwa 20 Prozent der Immobilientransaktionen erfasst hätte, fiel deutlich durch.

Zudem will der Ständerat unter anderem gewisse Transaktionen innerhalb einer Familie sowie Schenkungen wegen mutmasslich geringer Geldwäschereirisiken vom Erfassungskreis ausnehmen. Eine linke Minderheit hatte vergeblich argumentiert, dass auch solche Transaktionen in Geldwäschereifällen vorkämen.

«Wir sind verwundbar»

Genügt die Version des Ständerats zur Erfüllung der Globalstandards? «Es ist besser als nichts», sagte Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Aber es sei wohl «unzureichend». Sie räumte ein, dass sie zum Teil die im Ständerat gehörte Kritik an den ausländischen Druckversuchen via Globalstandards teile. Aber die Schweiz wecke als erfolgreicher Wirtschaftsstandort eben auch Neid: «Uns geht es nach wie vor besser als vielen anderen Ländern.» Und: «Wir sind verwundbar.»

Wenn die Schweiz die Globalstandards nicht erfülle, «kommt das zurück wie ein Bumerang», betonte die Finanzministerin. Sie lieferte am Ende auch noch ein Echo ihres Vorgängers: Dann sehe man sich eben wieder im Parlament bei diesem Geschäft. Ueli Maurer müsste schmunzeln, wenn er dies hört.