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Spanien lehnt das Fünf-Prozent-Ziel der Nato ab. Sánchez sieht darin eine unvernünftige Verpflichtung. Die Regierung will sich nicht festlegen lassen.

Madrid – Kurz vor dem Nato-Gipfel in Den Haag hat Spanien deutliche Kritik an den Plänen zur massiven Erhöhung der Verteidigungsausgaben geäußert. Ministerpräsident Pedro Sánchez wandte sich in einem Schreiben an Nato-Generalsekretär Mark Rutte gegen ein Fünf-Prozent-Ziel.

Für Spanien wäre die Verpflichtung auf ein Fünf-Prozent-Ziel „nicht nur unvernünftig, sondern auch kontraproduktiv“, heißt es in dem Schreiben von Sánchez. Das Ziel würde die Mitgliedstaaten zu Ausgaben in Höhe von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu verpflichten. Deshalb werde sich Spanien beim Gipfeltreffen in Den Haag auch „nicht auf ein bestimmtes Ausgabenziel (…) festlegen“ können. Der Brief liegt mehreren Medien, darunter dem staatlichen Fernsehsender RTVE, vor. Die spanische Regierung bestätigte den Inhalt auf Anfrage.

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Hintergrund ist ein Vorschlag Ruttes, wonach die Nato-Staaten ab dem Jahr 2032 mindestens 3,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben sowie zusätzlich 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur aufbringen sollen. Diese fünf Prozent entsprechen der Forderung des US-Präsidenten Donald Trump. Dabei hat die Nato als ganzes erst kürzlich das Zwei-Prozent-Ziel überhaupt erreicht, einige Länder wie Spanien liegen noch unter dem Durchschnitt.

Nachdem er Nato-Mitgliedsstaaten zum Erfüllen des Zwei-Prozent-Ziels gedrängt hatte, steigerte der Republikaner seine Forderung. Die Mehrheit der Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, unterstützt den Vorstoß bereits. Sánchez plädierte laut The Guardian für eine „flexiblere Formel“, die entweder das Ziel optional macht oder Spanien die Möglichkeit gibt, sich davon zu lösen.

Der spanische Ministerpräsident, Pedro Sanchez, spricht im Abgeordnetenhaus.

Debatte um Nato-Ausgaben: Spaniens Ministerpräsident Sánchez stellt sich gegen Fünf-Prozent-Ziel (Symbolbild). © picture alliance/dpa/EUROPA PRESS | Jesús HellínAußer Spanien würden auch USA und Deutschland bei neuem Nato-Ziel straucheln

Die ablehnende Haltung Spaniens überrascht kaum. Bereits Ende Mai hatte der spanische Außenminister José Manuel Albares bei einem Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen Johann Wadephul (CDU) erklärt, Spanien unternehme im Verteidigungssektor so große Anstrengungen wie nie zuvor und halte das bestehende Nato-Ziel von zwei Prozent für „realistisch“. Ein Fünf-Prozent-Ziel wird aktuell nicht einmal von den USA erfüllt. In Deutschland würde ein solch hohes Ziel den Großteil des Bundeshaushalts einnehmen.

Im Brief begründete Sánchez: „Es ist das legitime Recht jeder Regierung, zu entscheiden, ob sie bereit ist, diese Opfer zu bringen oder nicht. Als souveräner Verbündeter entscheiden wir uns dagegen.“

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Die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles sprach im Zusammenhang mit dem Fünf-Prozent-Ziel sogar von einem „großen Fehler“. Es könne nicht sein, „zuerst einen Prozentsatz festzulegen und anschließend die Fähigkeiten zu bestimmen, es muss umgekehrt sein“, betonte sie.

Spanien zählt mit derzeit rund 1,3 Prozent des BIP für Verteidigung zu den Nachzüglern innerhalb des Bündnisses. Im April hatte die linke Regierung jedoch angekündigt, das Zwei-Prozent-Ziel noch in diesem Jahr erreichen zu wollen – ursprünglich war dies erst bis 2029 vorgesehen. Dafür will Madrid knapp 10,5 Milliarden Euro zusätzlich bereitstellen – ein Anstieg um rund 50 Prozent im Vergleich zum bisherigen Verteidigungsetat. (lismah/AFP/dpa)