Am Mittwoch hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Vorstellungen für das nächste Mehrjahresbudget der Europäischen Union für die Jahre 2028–2034 präsentiert – den sogenannten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Dem vorangegangen ist eine heftige interne Debatte, die deutlich länger dauerte als geplant.

Dem Vernehmen nach hatte von der Leyen die Diskussion mit ihren Kommissionskollegen ungenügend – manche sagen sogar schlecht – vorbereitet. Und wenn es schon intern Streit über die weitgehenden Änderungen beim künftigen EU-Budget gibt, so darf es nicht verwundern, dass auch die EU-Mitgliedstaaten – sie müssen das ganze ja bekanntlich im Zusammenspiel mit dem EU-Parlament beschließen und am Ende des Tages auch bezahlen – wenig bis gar nicht begeistert sind, über das, was von der Leyen da auf den Tisch legt.

Ein holpriger Start in die EU-Budgetgespräche

Eine erste Runde der Unmutsäußerungen gab es daher am Freitag im EU-Ministerrat Allgemeine Angelegenheiten. Interessierte konnten dies im Rahmen einer „öffentlichen Debatte“ live mitverfolgen. Viel wird über die Ausweitung des Siebenjahresbudgets von aktuell 1,2 Billionen Euro auf künftig über 2 Billionen Euro diskutiert. Dass sich diese Beträge schlecht vergleichen lassen, da sie einerseits auf Basis des Jahres 2021 und jetzt auf Wertbasis 2025 berechnet sind, wird angesichts der schier großen Zahlen außer Acht gelassen. Besser zum Vergleich eignet sich schon, wie viel das jeweils vom EU-weiten Bruttoinlandsprodukt ist. Von jetzt 1,1 Prozent soll – wenn es nach Ursula von der Leyen geht – es auf 1,23 Prozent steigen. Das ist eindeutig mehr.

Das würde eine deutliche Erhöhung des jährlichen EU-Beitrags in den einzelnen Mitgliedsländern bedeuten – in Zeiten von Budgetdefiziten ist das zu Hause schwer politisch zu argumentieren. Man kann schon die Slogans der Rechtspopulisten quer durch Europa vorausahnen: Bei unseren Leuten muss gespart werden, Brüssel verprasst das Geld.

In Richtung EU-Staat?

Die stattdessen von der Kommission vorgeschlagenen zusätzlichen direkten Einnahmen der EU – zum Beispiel eine Steuer auf größere Unternehmen – sind ebenso unbeliebt. Dies würde die EU unabhängiger von ihren Mitgliedstaaten machen, als einem Schritt in Richtung „EU-Staat“.

Gleichzeitig lassen erste Analysten damit aufhorchen, dass das künftige Budget „weniger für alle“ bedeuten würde. Das erklärt sich mit der Tatsache, dass bei der internen Verteilung der Mittel auf die einzelnen Ressorts kein Stein auf dem anderen bleiben soll. So sollen etwa die bisher beiden größten Brocken – Landwirtschaft sowie Struktur- und Regionalförderungen – zusammengeführt werden. Verteidigung/Rüstung wie auch Migration gleichzeitig massiv ausgeweitet werden. Das hätte Auswirkungen auf Hilfen für Landwirte und Regionalförderungen. Das sind die beiden Bereiche, in denen viel Geld aus Brüssel nach Österreich zurückfließt – das würde weniger werden und uns zu einem größeren Nettozahler machen.

Altschulden

Zwei Dinge werden meiner Meinung nach aber zurzeit zu wenig beachtet: Rund 200 Milliarden der mehr als 2 Billionen Euro müssen für die Zurückzahlung der großzügig bemessenen Covid-Wiederaufbaufonds aufgewendet werden. Also rund 10 Prozent des Gesamtbudgets müssen erstmals fürs Bedienen von gemeinschaftlich aufgenommenen Altschulden verwendet werden. Und zweitens müssen da auch noch weitere 120 Milliarden zusätzlich, also außerhalb des regulären EU-Budgets finanziert werden: Rund 90 Milliarden für die Ukraine und fast 30 Milliarden für die sogenannte Friedensfazilität der EU (mit der vor allem außereuropäische Militäraktionen und Rüstungskäufe unterstützt werden).

Das Mehrjahresbudget wird in den kommenden Jahren im EU-Ministerrat verhandelt. Aktuell haben übrigens lediglich zwei EU-Mitglieder keine offizielle Regierungsposition zu all dem: Zypern und Österreich. Dementsprechend vage fiel auch die erste Wortmeldung der zuständigen Europaministerin Claudia Plakolm bei der öffentlichen Debatte in Brüssel aus: „Kein zusätzliches Geld aus Wien“ wird nicht ausreichen, um die kommenden zwei MFR-Verhandlungsjahre zu überstehen.

Zum Autor:

Stefan Brocza ist Experte für Europarecht und internationale Beziehungen.