Die weitere Vorgangsweise: Kerschbaumer sichert die Postings mit einer speziellen Software, forscht die Inhaber aus und kontaktiert sie. „Die Personen bekommen ein Vergleichsangebot, das einen moderaten Entschädigungsbetrag, eine Unterlassungserklärung und eine Entschuldigung beinhalt“, sagt Kerschbaumer. Wer sich nicht entschuldige, werde zivil- oder strafrechtlich – je nach Art des Hasspostings – geklagt. In diesen Fällen drohen Prozesskosten von bis zu 10.000 Euro. Die Erfolgsquote, so Kerschbaumer, dürfte bei 100 Prozent liegen.
Um überhaupt gegen einen Shitstorm vorgehen zu können, ist aber eine Art „Vorfinanzierung“ nötig. „Wir können uns das selber nicht leisten. Das Hass-im-Netz-Gesetz gibt uns eine rechtliche, aber keinen finanzielle Vorlage“, sagt Sebastian Bohrn Mena. Was meint er damit?
Wird ein Beamter – zum Beispiel ein Lehrer, oder Polizist, oder eine Behörde oder der Bundespräsident – im Internet beleidigt, gilt das als Offizialdelikt. Heißt: Die Staatsanwaltschaft muss auf Anzeige tätig werden. Privatpersonen müssen wiederum selbst tätig werden. Bei einem Shitstorm mit 1.000 Personen fallen allerdings Anwaltskosten und Gerichtsgebühren von Hunderttausenden Euro an. „Das hat der Gesetzgeber nicht bedacht“, sagt Kerschbaumer. Er und Bohrn Mena plädieren deshalb dafür, auch Beleidigungen gegen Privatpersonen wie ein Offizialdelikt zu regeln.
Wie können sich die Bohrn Menas das wohl beispiellose Vorgehen dennoch leisten? Sie haben einen Prozessfinanzierer gefunden, der die Gerichtsgebühren übernimmt – also quasi in Vorleistung geht. Dieser erhält wiederum die Entschädigungszahlungen.
Er habe noch nichts Vergleichbares zum Shitstorm gegen die Bohrn Menas erlebt, erklärt Kerschbaumer, der vor drei Jahren einen Kärntner Polizisten in einer ähnlichen Causa vertrat: „Es ist der digitale wilde Westen und es wird Zeit für den Django, der aufräumt.“