Publiziert30. Juli 2025, 21:54

Walentina Matwijenko: «Schändliche Einladung»: Putin-Vertraute sorgt für Eklat in Genf

Walentina Matwijenko ist in Genf bei einem internationalen Treffen aufgetreten – trotz aller Sanktionen gegen sie. Nicht nur Vertreter aus der Ukraine verliessen den Saal.

Ann Guenter

Die russische Föderationsratsvorsitzende Walentina Matwijenko nimmt trotz westlicher Sanktionen an einer internationalen Konferenz in Genf teil.

Mehrere Delegationen verliessen aus Protest den Saal.

Die Schweiz hat Matwijenko aufgrund eines Abkommens einreisen lassen.

Die Einladung der Putin-Vertrauten sei «schändlich», heisst es aus Kiew.

Bern wehrt sich und verweist auf Pflichten und die Rolle der Schweiz.

Sie wollten die Russin weder sehen noch hören: Als die russische Föderations­rats­vor­sitzende und Putin-Vertraute Walentina Matwijenko an einer Tagung in Genf auftrat, verliessen Vertreter mehrerer EU-Staaten sowie der Ukraine demonstrativ den Saal.

Die 76-Jährige ist eine glühende Befürworterin des Angriffskriegs gegen die Ukraine und steht damit auf Sanktionslisten der Schweiz, der EU und der USA. Dennoch konnte sie in die Schweiz reisen, um am Treffen von Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten aus aller Welt teilzunehmen. Allein das befremdete und irritierte einen Teil der geladenen Gäste.

Vorheriger Propaganda-Auftritt

In der Schweiz präsentierte sich Matwijenko als Botschafterin der Verständigung und forderte einen Frieden, der die «Sicherheit aller Nationen» gewährleiste. Allerdings ist die Ukraine in ihren Augen keine Nation.

Bereits am Montag hatte Matwijenko bei einem Auftritt vor kleinerem Publikum der Konferenz die offizielle Position des Kremls zum Ukrainekrieg verteidigt. Russland sei gezwungen gewesen, einzugreifen, um Kiews Blutvergiessen gegen russische Zivilisten im Donbas zu stoppen. Sie warf dem Westen ausserdem einen «Informationskrieg» vor und forderte die Aufhebung der Sanktionen.

«Diese Kriminelle»: Boykottaufruf an Konferenz

Als Matwijenko am Mittwoch erneut als Rednerin erschien, kam es unter den Teilnehmenden zum Teil-Exodus. «Den zynischen Versuchen der russischen Delegation, Geschichtsklitterung und eine Täter-Opfer-Umkehr zu betreiben, schenken wir keine Aufmerksamkeit», meinte die deutsche Bundestagspräsidentin Julia Klöckner nach ihrem Abgang.  Ähnlich klang die tschechische Abgeordnete Markéta Pekarová Adamová: Sie weigere sich, «eine Stütze für die Lügen zu sein, auf denen das kriminelle Kreml-Regime aufgebaut ist», schreibt sie auf Instagram.

Unter den ukrainischen Gästen war der Ärger wohl am grössten. Auch sie verliessen den Raum (im Video). «Wie viele andere denke ich, dass diese Leute nicht zur Weltkonferenz der Parlamentschefs gehören! Ich weiss nicht, was die hier von Russland hören wollen», postete die stellvertretende Parlamentspräsidentin Olena Kondratjuk aus Genf auf Facebook. Kondratjuk forderte die Teilnehmer der Rednerkonferenz auf, alle öffentlichen Veranstaltungen zu boykottieren, an denen «diese internationale Kriminelle», also Matwijenko, beteiligt sei.

«Die Position der Schweiz hat sich nicht geändert»

Nationalratspräsidentin Maja Riniker hat die Debattenleitung an der Konferenz, die noch bis am Donnerstag geht. Riniker begrüsste am Mittwoch auch Matwijenko. Es habe weder ein informelles noch offizielles Treffen gegeben – das habe man klar abgelehnt, sagt Riniker danach dem SRF.

Das ukrainische Aussenministerium bezeichnete die Einladung Matwijenkos als «schändlich». Das will man in Bern nicht auf sich sitzen lassen.

«Die Position der Schweiz hat sich nicht geändert», schreibt das Aussendepartement EDA auf Anfrage von 20 Minuten. Man verurteile den Krieg gegen die Ukraine aufs Schärfste und rufe zu einem gerechten und dauerhaften Frieden auf, beruhend auf dem Völkerrecht und der UN-Charta. Die Schweiz sei weiterhin bereit, ihre guten Dienste anzubieten, sofern die betroffenen Parteien dies wünschten, so das EDA weiter. «Ein dauerhafter Frieden ist nur möglich, wenn beide Seiten in den Prozess einbezogen sind.»

Dass die kontroverse Russin trotz Schweizer Sanktionen von Moskau nach Genf reisen konnte, hat dagegen mit guten Diensten nichts zu tun. Vielmehr hat die Schweiz als Gastgeberin internationaler Konferenzen entsprechende Pflichten.

Einreise trotz Sanktionen? Bern kann Ausnahmen gewähren

Für das Treffen der Parlamentspräsidenten hat Bern ein Abkommen mit dem Veranstalter, der Interparlamentarischen Union: «Gemäss dem vom Bundesrat mit der Interparlamentarischen Union (IPU) abgeschlossenen Sitzabkommen ist die Schweiz verpflichtet, die Einreise von offiziell delegierten Personen in die Schweiz zu erleichtern», schreibt das Aussendepartement EDA auf Anfrage von 20 Minuten.

Gleichzeitig sehe die Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine für sanktionierte Personen und Organisationen Ein- und Durchreiseverbote vor. «Gemäss Artikel 29 dieser Verordnung können das Staatssekretariat für Migration und das EDA Ausnahmen gewähren, insbesondere wenn eine Person an einer internationalen Konferenz teilnimmt.»

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