Tang Ping (China): "lying flat", nur das Minimum tun
Bai Lan: (China): "let it rot", Weiterentwicklung, man hat aufgegeben, lässt seine Kompetenzen "verrotten"
N-Po (Korea): analoger Begriff für Menschen in Südkorea, die aufgegeben haben
Japan: hat zwar kein mir bekanntes vergleichbares "Schlagwort", aber die Stimmung ist ähnlich (vgl https://www.theguardian.com/world/article/2024/jul/19/japan-asks-young-people-views-marriage-population-crisis )
Ich interessiere mich persönlich schon länger für die Geschichte, Wirtschaft, Sozioökonomie, in China, Korea und Japan. Und in allen drei Ländern finden sich fortschreitende Tendenzen dazu, dass die Junge Generation aufgibt. Besserung ist nicht in Sicht, eher im Gegenteil, es schreitet exponentiell fort. Das Bemerkenswerte: wenn man sich Interviews ansieht oder durchliest spürt man in vielen Fällen keine Depression, keine negative Energie, sondern eine faszinierende tiefe Gelassenheit und Ruhe. Klar, kann "fake" sein, glaube ich aber nicht (Ausnahmen mags geben).
Für mich hat das den Eindruck einer "neuen Form" der Revolution. Nicht mehr wie früher mit Gewalt und Energie, sondern der tiefenentspannte Mittelfinger Richtung "Gesellschaft". Extreme Vermögensungleichverteilung? Ausbeutung am Arbeitsplatz für Nichts? Keine Chance auf leistbares (!) Wohnungseigentum (ohne lebenslange Verschuldung)? Kinder als Garant für 24/7 Kampf ums finanzielle Überleben? Danke, aber nein Danke. Dann halt nicht, behaltets euch euren Kapitalismus, wir spielen nicht mit.
Meiner Auffassung nach ist das ein "canary in the coalmine" auch für uns. Wir sind vermutlich noch ca. 10-20 Jahre "hinten nach", evtl. wenns gut geht sogar eine ganze Generation. Aber der Trend, die Richtung, ist eindeutig. Auch wir haben eine überbordende Vermögensungleichverteilung, extreme Ungleichbesteuerung von Arbeit und Vermögen, zunehmende Unleistbarkeit von Immobilien, sofern nicht geerbt/unterstützt. Erstes kleines Indiz? Die emotionale Debatte über Teilzeit. Immer mehr Junge erkennen, dass Vollzeit eh nichts bringt, man sich mit einem Tausender mehr im Monat auch keine Immobilie leisten kann. Also dann wozu das Ganze?
Ich glaube, auch unsere alternde Gesellschaft wird das Ganze so lange ausblenden, ignorieren und auf die "faule social media GenZ" schieben, bis es zu spät sein wird und die Probleme nur mehr schwer, wenn überhaupt, in den Griff zu kriegen sind.
by Odra_dek
12 comments
Ich sitz seit 90 Minuten in der Arbeit am Scheißhaus, danke für den Artikel, jetzt werdens 10 mehr….
> Tang Ping (China): “lying flat”, nur das Minimum tun
Das ist doch schon längst Standard bei uns. Man merkts im Alltag wie sich fast niemand bemüht einen guten Job zu machen. Liegt vermutlich daran, dass viele Jobs einfach Scheiße sind, man wenig Anerkennung für Leistung kriegt und Geld sowieso nicht.
Das japanische das du suchst ist wohl NEET. Not in employment, education or training. Hikikomori ist noch so ein Schlagwort.
Ist dieses Lying Flat bei uns nicht die letzten Jahre als “Quiet Quitting” durch die Medien gegangen?
hierzulande “dienst nach vorschrift”
Ist doch schon längst fakt bei uns. Nur was die Leute nicht vestehen ist das die Technologie schon bald (Roboter) weit genug ist das eine stille Revolte nicht viel bringt. Der Oligarchie in der wir leben ist eine lethargische Bevölkerung sowieso das beste was passieren kann.
Ich glaube in diesem Kontext muss man auch die “Angriffe” auf diesen Lebensstil sehen (Z.b. die Debatte um die Erschwerung von Teilzeit, usw). Eine Reaktion darauf ist also durchaus unterwegs, ich glaube die Aussage die Politik würde das eintach verschlafen ist nicht ganz richtig, gerade von konservativer Seite ist da schon einiges unterwegs.
Gibt’s doch schon bei uns. Medial und Gesellschaftlich wir ja nicht umsonst das Narrativ gegen Teilzeit, Work Life Balance und vermeintliche Minderleister die ihren Beitrag nicht leisten, bedient.
Alles Symptome von einem globalen Partizipationsproblem oder auch Verteilungskampf.
Ich habe in einer Bude gearbeitet wo sich jemand das leben genommen hat aufgrund von Stress, ersetzt wurde er binnen 10 Werktagen, seine Lebensgefährtin hat seine Klapp box mit Sachen am 3ten Tag abgeholt.
Es gab einen Stehtischrunde mit Kaffee und Kuchen mit einem kleinen schwarz/weiß Foto, der Abteilungsleiter meinte, er war einer der fleißigsten bla bla bla.
Toll, er hatte Materiell alles, Haus, Auto, Frau, Kinder, Wohnwagen usw, bringt dir aber alles nichts wenn du bei der Jagt nach Geld die Vernunft verlierst.
In meiner neuen Arbeit habe ich von Anfang an gesagt das ich 30 stunden möchte, weniger Verantwortung und mehr Flexibilität. Ich bekomme 450 brutto weniger und genieße das Leben.
Scheiß auf Karriere.
Als ich diese Einstellung hatte, war das ein Ausdruck einer tiefer sitzenden Depression.
In der Zwischenzeit ist mir meine Lebenszeit zu schade dafür. Wenn ich schon 8h in der Arbeit sitzen muss, dann kann ich da auch mein Bestes geben – nicht weil es meinen Chef freut sondern weil es mir einfach besser damit geht.
Schön, dass Dinge, die ich schon länger Zeit betreibe, zu Trends werden 😉 Ich bin in der Mitte zwischen den Jungen und den Alten, also Trendsetter juhu.
Im Ernst, ich hatte nie das Bedürfnis, ‘weiterzukommen’. Verdiene ganz gut, weil meine Branche ganz gut zahlt. Damit kann ich mir alles leisten, was ich realistischer Weise haben will. Die nächsten Wünsche sind so groß, dass sie mit Lohnarbeit unerreichbar sind.
Also warum sollte ich mich mehr anstrengen. Mehr essen, trinken, reisen kann ich eh nicht. Hab mir grad eine kleine Neubauwohnung gekauft, ohne Kredit, mit jahrelang schmerzfrei was zurücklegen. Gibt’s größere? Ja sicher. Aber die putz ich nur mehr weil kinderloser Single (gewollt), brauchen würd ich den Platz nicht. Auto? Hatte ich noch nie, interessiert mich nicht, bin noch überall hingekommen wo ich hin wollte. Früher ein bisschen viel Geld in Dating und so gesteckt, no more, mir reicht’s mit Beziehung.
Natürlich ist mein Lebensentwurf – die klassische BWL-Maxime ‘maximaler Output mit minimalem Input’ nicht auf alle Menschen übertragbar und schon gar nicht auf solche, die angesichts der Menschheitskrise Klimawandel noch immer auf Kinder bestehen. Aber eventuell mal die eigenen Optionen überprüfen wäre nicht schlecht. Das Hamsterrad hat nämlich nur wenige Auswege.
Ich denke, Österreich war in dieser Hinsicht China/Korea schon immer weit voraus.
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