Die Anerkennung von Palästina als Staat durch Luxemburg und zahlreiche andere Staaten am Montag in New York bewirkt zunächst praktisch nichts. Sie hält keine Kugel ab, füllt keinen hungrigen Magen und verwandelt das Trümmerfeld in Gaza-City nicht wieder in eine intakte Stadt.
Auch gibt es auf der palästinensischen Seite kaum Strukturen, die man anerkennen könnte. Die verbrecherische Terrororganisation Hamas kann kein Partner sein, auf dem man eine Zukunft für die geschundene Bevölkerung aufbauen könnte. Die Führung der Autonomiebehörde im Westjordanland ist korrupt, alt und schwach. Um ein oft Henry Kissinger zugeschriebenes Zitat abzuwandeln: Wen soll man anrufen, wenn man mit Palästina sprechen will?
Palästina ist wohl weiter davon entfernt, ein eigenständig überlebensfähiger Staat zu sein, als je zuvor. Die Anerkennung ist also in erster Linie ein symbolischer Akt – aber ein sehr wichtiger. Er ist eine Botschaft „an die trauernden Familien, an hoffnungsvolle Kinder, an alle, die noch nicht aufgegeben haben“, wie es Premierminister Luc Frieden in seiner Ansprache vor den Vereinten Nationen formulierte. Die Nachricht, dass die Weltöffentlichkeit trotz einer monatelangen faktischen Untätigkeit die Leiden der Zivilbevölkerung nicht vergessen, verdrängt und ignoriert hat, mag ein Hoffnungsschimmer für die Palästinenser sein.
Die Anerkennung ist aber auch eine Botschaft an die israelische Regierung. Indem man festschreibt, dass es ein Existenzrecht eines palästinensischen Staates gibt, zieht man eine rote Linie gegen die Annexionsfantasien der ultrarechten Teile des Kabinetts von Premierminister Benjamin Netanjahu. Auch wenn wichtige Verbündete Israels wie die USA und Deutschland noch weit von einer Anerkennung entfernt sind, haben inzwischen 150 von 193 UN-Mitgliedsstaaten den Schritt getan. Das zeigt der israelischen Führung, dass sie auf dem Weg in die Isolation ist, wenn sie immerfort einen Krieg eskaliert, in dem es keine sinnvollen militärischen Ziele mehr zu erreichen gibt.
Die Anerkennung Palästinas ist eine wichtige Botschaft. Aber dabei darf es nicht bleiben.
Die Regierung in Jerusalem hat offensichtlich keinen Plan, wie ein Frieden gewonnen werden kann. Wenn sie sich nicht freiwillig an den Verhandlungstisch begibt, muss die internationale Gemeinschaft den Druck erhöhen. Da kann die formelle Anerkennung Palästinas nur ein erster Schritt sein.
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Netanjahu sprach vergangene Woche vom zukünftigen Israel als einem autarken „Super-Sparta“. Das ist Unfug. Israel ist ein Hochtechnologieland, das seinen Wohlstand, und damit auch seine militärische Stärke, dem Handel und der Zusammenarbeit mit anderen Staaten verdankt. Die Weltgemeinschaft und vor allem Europa haben einen starken wirtschaftlichen Hebel; Sanktionen würden die exportorientierte Ökonomie empfindlich treffen.
Israel ist ein befreundetes Land und das muss auch so bleiben. Umgeben von Ländern und Terrorgruppen, die dem Land das Existenzrecht absprechen, hat der Staat jedes Recht, sich und seine Bürger zu verteidigen. Aber nicht mit allen Mitteln. Angesichts der Kriegsgräuel wurde es für die Europäer höchste Zeit zu sagen: Genug ist genug. Die Anerkennung ist eine wichtige Botschaft, um das zu unterstreichen. Dabei darf es nicht bleiben.