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Lahmende Bürokratie und hohe Energiekosten – die deutsche Wirtschaft ist bei Investoren unbeliebt. Das soll der Banker Martin Blessing nun ändern. Im direkten Auftrag von Kanzler Merz.

Berling – Den ersten kleinen Erfolg sicherten sich Friedrich Merz und Martin Blessing noch bevor die Pressekonferenz am Montagvormittag begann. Bis der Bundeskanzler an die Mikrofone trat, tappte die Öffentlichkeit im Dunkeln: Es drangen vorab keine Informationen nach Außen, dass der Ex-Commerzbank-Chef Blessing künftig als Persönlicher Beauftragter für Investitionen sowie Aufsichtsrats-Vorsitz der bundeseigenen Vermarktungsgesellschaft Gemany Trade and Invest (GTAI) den Standort Deutschland wieder attraktiv für ausländische Investitionen machen soll.  

Merz will Deutschland attraktiver für Investoren machen – und beruft Banker Martin Blessing als Türenöffner

Das Vertrauen zwischen Merz und Blessing ist also groß – und das scheint auch bitter nötig, wie der Kanzler selbst einräumt: „Deutschland hat erheblichen Nachholbedarf bei Investitionen“, erklärt er bei der Pressekonferenz. Im Jahr 2024 lagen die angekündigten Investitionsprojekte ausländischer Firmen auf dem niedrigsten Stand seit 2011.

Merz stellt persönlichen Beauftragten für Investitionen vor

Gelingen dem Banker Martin Blessing (l.) mehr Deals für Deutschland? Kanzler Friedrich Merz ist optimistisch. © Andreas Gora/dpa

Doch diese privaten Investitionen seien dringend nötig, da das 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen allein nicht ausreichen werde, um den Gesamtbedarf an Investitionen zu decken. Dafür soll nun Blessing sorgen, der als Ex-Banker über ein großes Netzwerk verfüge, das Türen öffnen und Vertrauen in unseren Standort schaffen soll, hofft Merz.

Regierung um Merz unter Druck: Wirtschaftsverbände kritisieren Reformstau – Bürokratie kostet Milliarden

Der Kanzler steht unter Druck, seine Wahlversprechen von der Rückkehr zur wirtschaftlichen Stabilität einzuhalten. Nach zwei Rezessionsjahren prognostiziert Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für 2026 zwar ein Wachstum von 1,2 Prozent, doch krankt Deutschland an den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Zuletzt hatten die deutschen Wirtschaftsverbände BDI, BDA, DIHK und ZDH bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt scharfe Kritik am Status quo der deutschen Wirtschaft geäußert. Kernpunkte waren besonders die schleppende Umsetzung von Sozialreformen und des Bürokratieabbaus. Laut einer Studie des Branchenverbands VFA kostete die ineffiziente Bürokratie Deutschlands Wirtschaft 2024 67 Milliarden Euro. Merz selbst versprach nun mehr Tempo in diesen Fragen.

Blessing übernimmt Sonderolle – und soll Hürden für ausländische Investoren sukzessive abbauen

Eine Sonderrolle soll dabei der GTAI zukommen: Unter Blessing wird die Standortmarketinggesellschaft personell umstrukturiert werden – und enger an die Bundesregierung, insbesondere das Wirtschaftsministerium (BMWK), andocken. Der 62-jährige Banker will in diesem Zuge in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit eine große Investorenkonferenz organisieren sowie eine Equity Story für Deutschland, also eine eigene Vermarktungsstrategie, entwickeln. Sein Fokus liege dabei besonders darauf, was für Hürden in Deutschland bestehen, die ausländische Investoren davon abhalten, in der Bundesrepublik tätig zu werden.

Blessing will diese Vorbehalte wie etwa die oftmals lähmende Bürokratie oder die hohen Energiepreise aufnehmen und gemeinsam mit den Ministerien und der GTAI Lösungen erarbeiten. Trotz der derzeit schwierigen Wirtschaftslage glaubt der Banker nach wie vor an den Standort Deutschland und verweist auf politische Stabilität sowie Deutschlands Stellung als größte Volkswirtschaft Europas.

Viel Erfahrung: Blessing führte Commerzbank während Bankenkrise – und arbeitet nun für einen Euro Gehalt

Erfahrung hat Blessing genug, hob auch Merz hervor. Zudem entstammt er einer Bankerfamilie: Bereits sein Großvater Karl Blessing war Präsident der Bundesbank, sein Vater Werner Blessing Vorstand bei der Deutschen Bank. Blessings eigene Karriere führte über die Unternehmensberatung McKinsey, bei der er bereits mit Anfang 30 zum Partner aufstieg, zur Commerzbank. Mit 38 Jahren stieg er in den Vorstand auf, 2009 wurde er Vorstandsvorsitzender und führte die Integration der Dresdner Bank zu Ende. Doch im Zuge der Finanzkrise geriet der Frankfurter Dax-Konzern massiv in Schieflage und musste schließlich vom deutschen Staat mit Steuergeldern gerettet werden – der Bund blieb danach Großaktionär.

In den Folgejahren setzte Blessing ein Sparprogramm mit Stellenabbau und einer stärkeren Fokussierung auf das Kerngeschäft um. Nach dem Ausscheiden 2016 wechselte er zur UBS (President UBS Switzerland, später Co-President Global Wealth Management) und ist seit 2022 Verwaltungsratspräsident der Danske Bank. Seine Tätigkeit für die Bundesregierung übernimmt Blessing als Ein-Euro-Job – faktisch unbezahlt. Erstattet werden lediglich amtlich veranlasste Auslagen, heißt es aus dem Kanzleramt