Jedes Jahr erwarte ich die Traubenlese an der Luxemburger Mosel mit großer Spannung. Innerhalb weniger Wochen entscheidet sich, wie der neue Jahrgang ausfallen wird, welche Rebsorten sich besonders gut entwickelt haben und bei welchen es möglicherweise Probleme gab.

Noch vor ein paar Jahren konnte man davon ausgehen, dass die Hauptlese etwa um den Herbstanfang beginnt. Doch immer häufiger müssen die Winzer früher durch die Parzellen ziehen und die ersten Trauben ernten.

Eine frühe, schnelle Lese

2025 ist ein Jahr, in dem die Lese besonders früh begonnen hat. Bereits Ende August entschieden sich einige Winzer, die ersten Trauben für die Crémant-Produktion zu ernten. Grund dafür waren die recht frühe Blüte im Frühjahr und das periodisch sehr warme Wetter, durch das die Trauben wunderbar und rasch gediehen. Für viele Betriebe begann die Lese jedoch erst in der ersten Septemberwoche und einige warteten sogar noch einige Tage länger.

Bis letztes Wochenende konnten die Winzer jedenfalls ungewöhnlich frühreife, kerngesunde Trauben mit konzentrierten Aromen ernten. Der Zuckergehalt war allgemein sehr hoch, die Säuren waren ausgewogen, es gab keinen Fäulnisdruck und die phenolische Reife war nahezu ideal. Bereits Anfang September schmeckten die Trauben angenehm fruchtig, und ihre Kerne waren eingetrocknet und hatten einen nussigen Geschmack – ein wichtiger Indikator für die Qualität des späteren Weins.

Analytische Werte wie im Bilderbuch

„Was bisher geerntet wurde, weist bilderbuchhafte Analysewerte auf”, bestätigte Jean Cao, der Berater der Privatwinzer, schon Anfang letzter Woche.

Selbst ein paar mehr oder weniger lange Regentage während der Lese konnten den Trauben bis zum Beginn dieser Woche nichts anhaben. „Der Regen fiel meistens nachts, sodass wir problemlos ernten konnten”, freute sich Marie-Cécile Kohll von der Domaine Kohll-Leuck, während sie im Ehner Kelterberg gerade mit der Ernte vollreifer Pinot-Noir-Trauben beschäftigt war. Das war am 18. September, einem schönen, sonnigen Tag nach einer weiteren Regenperiode, die das Lesegut aber kaum in Mitleidenschaft gezogen hatte.

Dann schlug das Wetter wieder um. Am vergangenen Wochenende wurde es auf einmal sehr warm, sodass die Trauben noch einige Oechsle tanken (an Mostgewicht zunehmen) konnten, ehe am Sonntag eine Regenfront übers Land zog, die vier Tage lang anhalten sollte.

Bei meinem Besuch in den Caves Desom in Remich am 22. September lief die Anlieferung von Grauburgunder- und auch von den letzten Rivanertrauben auf Hochtouren. Die drei Anlagen waren permanent damit beschäftigt, den Saft auszupressen. Auch an diesem Montagmorgen lachten mich die angelieferten Trauben an. Sie schmeckten so, wie sie aussahen: wunderbar reif, zuckersüß, mit viel Würze und kernig-reifer Säure.

Caves Desom in Remich, 22. September: Kerngesunde Pinot-Gris-Trauben auf dem Weg zur Presse. Die empfindliche Sorte wurde in diesem Jahr kaum von Fäulnis befallen, aber eine selektierende Lese im Weinberg macht sich immer in puncto Qualität bezahlt. Foto: Claude François

„Wir haben bisher sehr fruchtige Trauben mit viel Exotik und einer herrlichen Mineralität geerntet“, freute sich Marc Desom. „Das wird ein außergewöhnlich guter Jahrgang.“ Der Winzer, der ausschließlich per Hand gelesene Trauben verarbeitet, betonte jedoch, dass eine solche Qualität nur mittels strenger Auslese gleich am Rebstock erreicht werden könne.

Mehr Niederschläge im Kanton Grevenmacher

Zwei Tage später zeigte mir Josy Gloden, der mit 30 Hektar einen der größten Winzerbetriebe der Domaines Vinsmoselle führt, im Wellensteiner Kurschels gleich gegenüber der Kellerei seine strahlenden, fäulnisfreien Rieslingtrauben. „Wir hatten Glück hier im Schengener Raum“, räumte der Präsident der Genossenschaftswinzer ein, „denn hier ist auch im Sommer weniger Regen gefallen. So haben wir vor zwei Wochen zum Beispiel 45 Liter Regen abgekriegt, weiter moselaufwärts fiel das Doppelte. Das ist wohl ein Grund, warum dieser Riesling hier schön lockerbeerig und noch gesund ist.“

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Gloden ist überzeugt, dass die kühlen Temperaturen, gerade nachts, und der zuweilen starke Wind seinen Trauben gutgetan haben und sie deswegen noch bis zum Beginn des Oktobers ohne Druck geerntet werden können. Im Endspurt wird der Winzer neben dem Riesling noch ein paar Hektar Pinot Gris und etwas Gewürztraminer ernten.

Josy Gloden, Winzer und Präsident der Domaines Vinsmoselle, wird seine kerngesunden Rieslingtrauben in der Lage Wellenstein Kurschels erst am Ende der Lese ernten. In dieser Region war der wetterbedingte Druck nicht so stark wie in anderen Gegenden an der Luxemburger Mosel. Foto: Claude François

Die permanente Berieselung war in dieser Region demnach kein größeres Qualitätsproblem, aber natürlich nervig – wer erntet schon gerne im Regenmantel? Wie Gloden andeutet, war der Druck andernorts jedoch weitaus größer. In verschiedenen Lagen – vor allem, aber nicht nur im Kanton Grevenmacher – konnten die Winzer die Trauben nicht so lange hängen lassen. Der Privatwinzer Jean-Marc Schlink aus Machtum hat die Lese bereits am 24. September abgeschlossen. „Es wurde Zeit, denn vor allem am Riesling hatten sich Fäulnisherde gebildet”, berichtet er. „Aber was wir insgesamt eingefahren haben, ist von großer Qualität.”

Überraschend geringe Erträge

Auch Marc Berna aus Ahn hat die Lese mittlerweile abgeschlossen und ist von den Trauben begeistert, die er jetzt in seinem Keller zu Wein verarbeitet. Wie sein Kollege aus Machtum bestätigt er jedoch auch, dass der Ertrag überraschenderweise sehr gering ausgefallen ist, weit unter dem Durchschnitt. Viel Regen bedeutet demnach nicht automatisch viel Saft in den Trauben.

Sicher ist: Die Lese des Jahres 2025 wird den Winzern noch lange in Erinnerung bleiben, und die Weinfreunde können sich auf einen spannenden, vielversprechenden Jahrgang freuen.

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