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Ein Bericht zeigt: Russlands Armee rüstet im Ukraine-Krieg auf. 292.000 neue Rekruten, moderne Panzer und Drohnen – die Bedrohung wächst stetig weiter.

Berlin – Aktuellen Zahlen und Beobachtungen deuten auf eine klare Strategie Putins hin: Russland ist nicht nur auf einen langen Krieg vorbereitet, sondern sichert diesen jetzt auch aktiv ab. Mit mehreren zehntausenden neuen Rekruten, fabrikneuen Panzern und hoch entwickelten Drohnensystemen vermutet das Institute of War (ISW) jetzt eine „strategische Reserve“, die im Schatten auf ihren großen Einsatz im Ukraine-Krieg wartet.

Putin

Wladimir Putin bereitet sich offenbar auf einen langen Krieg vor: Die neuen Rekruten und moderne Ausrüstung deuten auf eine strategische Reserve hin. Die Analysten der NATO werden nun mit Nachdruck herausfinden wollen, wann und wo diese eingesetzt wird. (Montage) © Pool Sputnik Kremlin via AP/Mikhail Metzel, Fabian Strauch/dpa (Montage)

Während die Verluste zuletzt zurückgingen, deutet die neue Taktik kleiner Infanteriegruppen und das parallele Aufstocken moderner Ausrüstung auf eine bewusste Anpassung der Kriegsführung hin. Für westliche Analysten stellt sich nun die Frage, wann und wie diese Reserven tatsächlich eingesetzt werden. Gleichzeitig weitet Moskau seine Aktivitäten über die Ukraine hinaus aus.

Russische Rekrutierung: 292.000 neue Verträge seit Juli

Ein neuer Bericht aus dem Institute of War (ISW) sorgt nun für Aufsehen: Unter Berufung auf eine russische Quelle, gab das Institut an, dass sich seit Juli 2025 etwa 292.000 Personen beim russischen Verteidigungsministerium unter Vertrag genommen haben. Zum Vergleich, die Bundeswehr zählt derzeit etwa 260.000 Angehörige – allerdings nur 182.984 in Uniform und 80.602 Zivile.

Besonders brisant: Nicht alle Rekruten wurden an die Front in der Ukraine geschickt. Laut ISW wurden Rekruten der strategischen Reserve zugeführt. Die italienische Tageszeitung la repubblica schreibt, die „strategische Reserve“ stelle eine russische Garantie dar, die neuen Streitkräfte jederzeit und bei jeder Gelegenheit an der Front einzusetzen.

Während die Opferzahlen zwischen Januar und Juli 2025 mit 32.000 bis 48.000 pro Monat die Rekrutierungsrate überstiegen, sanken sie im August auf rund 29.000. Der Trend setzte sich laut ISW in der ersten Septemberhälfte fort, und beziffert die Verluste auf 13.000. Hinter dem Rückgang der Verluste vermutet das Institut eine Änderung der russischen Taktik: Zuletzt setzten die russischen Streitkräfte vermehrt auf Angriffe in kleineren Infanteriegruppen und Infiltrationstaktiken, um Schwachstellen in den ukrainischen Verteidigungslinien auszunutzen. Die Bildung der Reserve deutet laut ISW darauf hin, dass die russische Militärführung mit dem aktuellen, langsamen Vormarsch zufrieden sei.

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Ein weiterer Umstand dürfte NATO-Analysten Sorge bereiten: Im April vermeldete Defence Blog, der russische Rüstungskonzern Rostec habe eine neue Lieferung von BMP-3 Schützenpanzern an die russischen Streitkräfte herausgegeben. Laut Rostec wurden die Fahrzeuge von einer Tochtergesellschaft, der Holding High-Precision Systems, hergestellt und mit mehreren Verbesserungen ausgestattet. Die Schützenpanzer sollen an moderne Bedrohungen angepasst werden, und wurden laut dem russischen Rüstungskonzern mit zusätzlichen Panzerungssätzen, Lamellenpanzerungssieben und schnell abnehmbaren Anti-Drohnen-Käfigen versehen. Um eine Wärme- oder Radarsignatur zu umgehen, seien die BMP-3 außerdem mit Abdeckungen aus flammhemmenden Materialien ausgestattet, wie der Defence Blog berichtet. Der Schützenpanzer kann einen siebenköpfigen Infanterietrupp aufnehmen, und wäre in der Lage bei Vorstößen Feuerschutz bieten.

Laut dem Blog kündigte Rostec zudem eine Steigerung der Produktionsraten an. „Im März hat High-Precision Systems die Produktion von Schützenpanzern im Vergleich zu den ersten Monaten dieses Jahres um 10 Prozent gesteigert“, erklärte dazu Bekkhan Ozdoev, Industriedirektor bei den Rostec-Unternehmen.

Das Beunruhigende: Laut la repubblica wurde der Einsatz gepanzerter Fahrzeuge seit dem Frühjahr reduziert und beschränkte sich vorrangig auf ältere Modelle. Die neuen Panzer, wie die neu georderten T90M, BMP-3 und BMPT, seien weder im Donbass noch in Saporischschja zu beobachten. Putins Faustpfand umfasst damit womöglich nicht nur eine immense Anzahl neuer Rekruten, sondern auch fabrikneuer Kampfvehikel.

Drohnenoffensive: Russlands neue Taktik im Ukraine-Krieg

Laut ISW arbeiten die russischen Streitkräfte zeitgleich an neuen Drohnentechnologien. Das Institut verweist auf einen Militär-Blogger. Dieser berichtet, die neu entwickelten Glasfaser-FPV-Repeater-Drohnen könnten eine Reichweite von 50 bis 60 Kilometern erzielen – herkömmliche Modelle erreichen lediglich 25 bis 30 Kilometer. Die neuen Drohnen wären damit in der Lage, die ukrainische Logistik gezielt zu stören.

Die Drohnen sind resistent gegen ukrainische elektronische Kriegsführung und ermöglichen präzise und tiefe Schläge ins ukrainische Hinterland. Ukrainische Militärs bestätigen laut ISW, dass russische Streitkräfte systematisch Logistikrouten, Depots und Evakuierungswege angreifen, was eine deutliche Zunahme im Vergleich zu 2024 darstellt.

EU-Gipfel in Gefahr: Bundeswehr unterstützt Dänemark

Parallel dazu testet Russland weiterhin die Grenzen der NATO-Luftverteidigung. Zuletzt bat die dänische Regierung die Bundeswehr um Hilfe, bei der Sicherung des kommenden EU-Gipfels in Kopenhagen. Verteidigungsminister Boris Pistorius und Generalinspekteur Carsten Breuer planen bei der Abwehr kleiner unbemannter Flugsysteme zu unterstützen.

Was das vermehrte Aufkommen der Drohnen in Dänemark betrifft, gingen Ermittler laut dpa von einem professionellen Akteur mit den nötigen Fähigkeiten aus. Die russische Botschaft in Dänemark wies diese Vermutungen in einer Mitteilung zurück. Auch Deutschland ist betroffen: Am 21. September fingen zwei Eurofighter ein russisches Aufklärungsflugzeug vom Typ IL-20M ab, das nach Angaben der Luftwaffe ohne Flugplan und Funkkontakt über der Ostsee unterwegs war. (Quellen: ISW, la rebbublica, Bundeswehr, Defense Blog, Rostec, dpa, afp) (kox)