Heute wurde in Tunis der Prozess gegen den 81-jährigen schweizerisch-tunesischen Doppelbürger Mustapha Djemali eröffnet. Der Fall ist laut Amnesty International bezeichnend für die zunehmende Repression in Tunesien gegen humanitäres Personal.

Er ist seit Mai 2024 in Haft: Dem Schweiz-Tunesier Mustapha Djemali wird vorgeworfen, eine kriminelle Organisation gegründet zu haben, die bei der illegalen Unterbringung von Migrantinnen und Migranten geholfen haben soll. Es handelt sich dabei um den Tunesischen Flüchtlingsrat (CTR), eine NGO, die fast ausschliesslich vom UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) finanziert wird – für das Djemali 25 Jahre in Genf gearbeitet hat – und die von mehreren europäischen Ländern unterstützt wird.

«Wir dachten, es handle sich um einen Fehler, dass sich das Problem in zwei Tagen lösen würde und sich die tunesischen Behörden entschuldigen würden», sagt der in Genf wohnhafte Sohn Fadhel Djemali gegenüber Le Temps. Anderthalb Jahre später herrscht Ernüchterung. «Was uns weiterhin schockiert, ist die Passivität der Schweiz sowie diejenige des UNHCR und der UNO», sagt er.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) beruft sich auf die doppelte Staatsbürgerschaft des 81-Jährigen und rechtfertigt seine Zurückhaltung mit der «Souveränität des Wohnsitzstaats». Das EDA hat Le Temps dennoch versichert, dass die Schweiz «auf höchster Ebene bei den tunesischen Behörden interveniert» habe. Es ist dieselbe Formulierung, die als Antwort auf eine kürzliche parlamentarische Interpellation verwendet wurde, aber es wurden keine Details zu den unternommenen Schritten mitgeteilt.