LiveLiveticker von FDP-Delegiertenversammlung –
Ja zum EU-Deal – Nein zum Ständemehr: FDP stützt ihren Bundesrat Cassis
Zwei wegweisende Entscheide an einem Tag: Die Freisinnigen sprechen sich zu 75 Prozent für die neuen EU-Abkommen aus. Und sie wählen haben Susanne Vincenz-Stauffacher und Benjamin Mühlemann zur neuen Co-Spitze.
Die FDP-Delegierten haben entschieden: Sie sagen Ja zum Vertragspaket zwischen der Schweiz und der EU. Und Nein zu einem obligatorischen Referendum mit Ständemehr. Zudem haben die Delegierten eine neue Parteispitze gewählt. Mit Susanne Vincenz-Staufacher und Benjamin Mühlemann hat die FDP erstmals überhaupt ein Co-Präsidium. Lesen Sie hier unser Doppel-Porträt von der St. Galler Nationalrätin und dem Glarner Ständerat.
15:17 Uhr
Kurz vor Schluss der Delegiertenversammlung gibt die neue Parteispitze noch bekannt, dass der Luzerner Ständerat Damian Müller Wahlkampfleiter der FDP für 2027 wird. Müller war auch als möglicher neuer Parteipräsident gehandelt worden, hatte sich aber gegen eine Kandidatur entschieden.
15:03 Uhr
Susanne Vincenz-Stauffacher und Benjamin Mühlemann betonen in ihrer Antrittsrede, die Sicherheit sei zentral. «Ohne Sicherheit keine Freiheit». Sie setzen damit einen ähnlichen Fokus wie der abtretende Parteipräsident Thierry Burkart in der ersten Hälfte seiner Amtszeit vor den Wahlen 2023.
Vincenz-Stauffacher und Mühlemann betonen zuerst die Bedeutung der Verteidigungsfähigkeit. Dann verurteilen die beiden die Ausschreitungen bei der propalästinensischen Demo in Bern vom letzten Wochenende. Gewalt gegen die Polizei sei nicht zu tolerieren. Die Sicherheit sei aber auch von rechts bedroht. «Diese Leute nennen sich bürgerlich und wollen mit ihrer pro-Putin-Initiative unsere Neutralität zerstören», sagt Vincenz-Stauffacher, ohne die Neutralitätsinitiative der SVP namentlich zu nennen. Gewalt gegen Frauen sei ein weiteres zentrales Problem in der Schweiz. Der Respekt für die Opfer und klare Ahndung von Gewaltverbrechen sei zentral, so VIncenz-Stauffacher. Auch die soziale Sicherheit sei wichtig – und diese könne nur dank des Unternehmertums gewährleistet werden.
«Wohlstand entsteht nicht durchs Verteilen, Wohlstand entsteht durchs Erwirtschaften», sagt Mühlemann. Von «doppelzüngigen» Parteistrategen bei den Bürgerlichen im Parlament spricht Mühlemann, die den Ausbau der Sozialleistungen zusammen mit der Linken vorantreiben würden. Es ist schon der zweite implizite Angriff auf die SVP der neuen Doppelspitze, die sich durchaus angriffig präsentiert.
14:47 Uhr
Die FDP hat erstmals in ihrer Geschichte ein Co-Präsidium. Die Delegierten haben Susanne Vincenz-Stauffacher und Benjamin Mühlemann ins Amt gewählt. Gegenkandidaturen gab es keine.
14:45 Uhr
Nun folgt die Wahl des neuen Parteispitze. Die St. Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher und der Glarner Ständerat Benjamin Mühlemann treten als Co-Präsidium an. «Politisch sind wir in den allermeisten Punkten deckungsgleich», sagt Mühlemann. Es gebe Unterschiede bei manchen Positionen, aber genau so solle es sein. Das zeichne den Freisinn aus, betonen die beiden.
14:19 Uhr
Die Europadebatte ist um, und nun folgt der Dank an den abtretenden Parteipräsidenten. Thierry Bukart wird mit einem Abschiedsvideo geehrt und bekommt Standing Ovations.
13:50 Uhr
Nun haben die Freisinnigen über die zweite zentrale Frage zu den Verträgen entschieden: Sie sprechen sich mit 232 zu 189 Stimmen bei 4 Enthaltungen gegen ein obligatorisches Referendum mit Ständemehr aus.
13:45 Uhr
Die Parteipräsidentenkonferenz empfiehlt ein Ständemehr. Die Empfehlung erfolgte mit Stichentscheid von Thierry Burkart.
13:43 Uhr
Simon Michel ist zwar persönlich gegen ein Ständemehr. Doch er spricht sich abschliessend dafür aus, um dem Viertel in der Partei, der gegen die Verträge ist, Raum zu geben. Und er ruft dazu aus, ein Ständmehr zu beschliessen, im Sinne der «Kohäsion».
13:28 Uhr
Nun können sich alle Delegierten, die sich vorher angemeldet haben, auch noch zum Ständemehr äussern.
13:27 Uhr
Die Waadtländer Regierungspräsidentin Christelle Luisier sagt, aus rechtlicher Sicht sei es klar: Die Verfassung werde durch die neuen EU-Verträge nicht verändert. Entsprechend sehe auch die Verfassung kein obligatorisches Referendum mit Ständemehr vor. Die Kantone hätten bereits eine Stimme und könnten sich in der Konferenz der Kantonsregierungen äussern. Ständerat Matthias Michel betont, die Rechtssicherheit sei in der DNA der FDP verankert. Die Bundesverfassung bestimme klipp und klar, dass nur bei einem Beitritt zu einer internationalen Organisation ein obligatorisches Referendum vorgesehen sei. Von den Kantonen habe er noch keine Forderung nach einem Ständemehr gehört, so Michel. «Es kann nicht sein, dass ein Parlament aus politischem Kalkül die Bundesverfassung übersteuert». Das schade der Gleichbehandlung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Das Parlament solle keine unnötige Hürde gegenüber einer allfälligen Volksmehrheit einbauen.
13:22 Uhr
Als zweites debattiert die FDP über die Frage, ob die Verträge vom Parlament automatisch zur Abstimmung gebracht werden sollen – mit einem Ständemehr.
Es beginnen die Gegner: Ständerat Hans Wicki sagt, das EU-Abkommen dürfe nicht allein von einer städtischen Mehrheit beschlossen werden. Es brauche ein Ständemehr, damit auch kleinere konservative Kantone Gewicht erhielten. «Nicht aus Tradition, sondern aus Überzeugung», müsse das Ständemehr verteidigt werden. Die frühere Parteipräsidentin Petra Gössi sagt: «Bei dieser Abstimmung werden sich viele Menschen in kleinen ländlichen Kantonen als Minderheit verstehen». Im Namen der Kohäsion des Landes sei das Ständemehr deshalb wichtig. Zudem bringe die dynamische Rechtsübernahme eine Machtverschiebung hin zur Exekutive, daher sei es auch aus rechtlicher Sicht wichtig, den Ständen das Mitentscheiden zu ermöglichen.
13:13 Uhr
Die erste Abstimmung fällt klar aus: Mit 330 zu 104 Stimmen bei 9 Enthaltungen spricht sich die FDP für ein Ja zum neuen Vertragspaket der Schweiz mit der EU aus. Das sind fast 75 Prozent Ja-Stimmen.
13:09 Uhr
Das ging schneller als erwartet: Die Debatte ist vorbei. Mit 25 zu 6 Stimmen hat sich die Parteipräsidentenkonferenz im Vorfeld für ein Ja ausgesprochen. Während der Abstimmung wird allein von Auge klar: Die FDP sagt deutlich Ja zum neuen Vertragspaket mit der EU.
12:55 Uhr
Unter den Rednerinnen und Rednern sind auffällig viele Romands, die sich bemühen, mindestens einen Teil ihres Votums auf Hochdeutsch zu halten. Sie setzen sich fast ausnahmslos für ein Ja ein. Aus der Deutschschweiz kommen erwartungsgemäss mehr kritische Stimmen.
12:37 Uhr
Offenbar fühlen sich manche so wohl im Saal, dass sie eine Verkürzung der Rednerliste nicht in Kauf nehmen wollen. «Sie wächst wieder an», vermeldet Burkart. Gleichzeitig haben sich aber viele Delegierte aus den hinteren Reihen in die Mittagspause verabschiedet.
12:26 Uhr
Aufgrund der Regeln, die Burkart für die Debatte nennt, könnte man meinen, die FDP fürchte wüste Szenen. Der abtretende Parteipräsident nennt sieben Regeln – darunter Selbstverständlichkeiten wie: «Wir respektieren unterschiedliche Meinungen. Wir unterlassen Zwischenrufe. Wir sind eine FDP und wir reden nicht schlecht über andere FDPler.»
12:18 Uhr
Thierry Burkart eröffnet die eigentliche Debatte und sagt als erstes, dass sich die Rednerliste (ursprünglich 120 Namen) im Verlauf des Morgens schon verkleinert habe. Die erleichterte Reaktion aus dem Saal: «Aaaaahhhh.»
Jeder und jede hat nun eine Minute zur Verfügung, um sich einzubringen. Auf mehreren Bildschirmen zählt die Zeit rückwärts. Burkart steht bereit, um zur Not zu ermahnen.

Der FDP-Wecker wacht über die Einhaltung der Zeit.
Foto: Peter Scheider (Keystone)
12:04 Uhr
Würde Wasserfallen ein Nein-Komitee gründen, falls die FDP heute Ja sagt? «Nein. Gabi Huber ist da», sagt Wasserfallen und erntet Lacher. Unter Huber habe die Partei einst beschlossen, dass man nicht in ein gegnerisches Komitee gehe, wenn die Partei eine andere Position beschlossen habe. «Daran halte ich mich».
Michel sagt auf die Frage, ob er von der Position abweichen würde, wenn sie im nicht passt: «Wenn wir ein Nein haben, werden wir uns entsprechend verhalten im Parlament».
Beide Seiten loben den Dialog und betonen, es sei zentral, dass die Partei geeint aus diesem Prozess hervorgehe.
11:59 Uhr
Wenn Sie mit einem Satz das Publikum überzeugen könnten, welcher wäre es?
Gegner Christian Wasserfallen sagt: «Die FDP ist nicht nur eine Wirtschaftspartei, und worüber wir heute entscheiden, das ist eine unumkehrbare Anbindung an die EU.»
Befürworter Simon Michel sagt: «Die Schweiz wäre nicht da wo sie ist, wenn sie das Glas immer halbleer sehen würde – wir sehen das Glas halbvoll und deshalb sagen wir Ja zu den bilateralen Verträgen.»
Der Applaus für die Befürworter ist jeweils etwas lauter – wenn auch nicht so eindeutig, dass sich der Entscheid schon daraus ableiten liesse. Dennoch rechnen bei der FDP die meisten mit einem Ja zu den bilateralen Verträgen.
11:54 Uhr
Simon Michel entschuldigt sich bei Alt-Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Dieser hatte sich in einem Gastkommentar in der NZZ gegen die Verträge ausgesprochen – woraufhin Michel mit einem (inzwischen gelöschten) Post auf Linkedin öffentlich in Frage stellte, ob der Alt-Bundesrat dazu gesundheitlich noch in der Lage wäre. «Das war respektlos, das ging zu weit», sagt Michel und bittet um Entschuldigung. Das wird mit Applaus quittiert, Schneider-Ammann selbst scheint nicht im Saal anwesend zu sein.
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