
Seit Mittwoch war das Wahlergebnis in den Niederlanden unklar. Nun steht fest: Die linksliberale D66 liegt uneinholbar vorn. Die Regierungsbildung dürfte für Spitzenkandidat Jetten allerdings kompliziert werden.
Die linksliberale D66 hat die Parlamentswahl in den Niederlanden gewonnen. Der Wahldienst der Nachrichtenagentur ANP gab das vorläufige Ergebnis nach Auszählung der Stimmen fast aller Wahlbezirke bekannt. Die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders liegt auf Platz zwei.
In einer ersten Stellungnahme sprach D66-Spitzenkandidat Rob Jetten von “einer großen Verantwortung”, die er nun zu übernehmen habe. Der Sieg seiner Partei beweise, dass die Rechtspopulisten in Europa besiegt werden könnten, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Seit der Wahlnacht vom Mittwoch war das Ergebnis unklar. Lange lag die linksliberale D66 gleichauf mit der Anti-Islam-Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders. Nach Auszählung von rund 99 Prozent der Stimmen lag der Vorsprung von D66 bei rund 15.000 Stimmen. Nach Angaben des ANP-Wahldienstes liegen die Demokraten 66 uneinholbar vorn. Die Partei hat auch Aussicht auf ein weiteres Restmandat und käme dann auf 27 der 150 Mandate im Parlament.
Briefwahlstimmen stehen noch aus
Wilders’ Partei für die Freiheit (PVV) kommt auf 26 Sitze – ein deutlicher Verlust zur Wahl von 2023, als die Partei mit 37 Mandaten stärkste Kraft wurde. Am Montag wird noch das Ergebnis der rund 90.000 Briefwahlstimmen erwartet. Nach der Prognose liegt auch dort D66 deutlich vorn.
Traditionell darf die Partei mit den meisten Stimmen auch als erste versuchen, eine Koalition zu bilden. Beste Aussichten für das Amt des Regierungschefs hat deswegen der D66-Spitzenkandidat Jetten. Wilders hat keine Option auf die Regierung. Alle großen Parteien haben eine Zusammenarbeit mit ihm ausgeschlossen.
Vier Parteien für stabile Koalition nötig
Der 38 Jahre alte Jetten bekommt nun die Gelegenheit, eine Koalition zu bilden. Er könnte der jüngste Ministerpräsident der Niederlande werden.
Die Regierungsbildung dauert in den Niederlanden allerdings oft Monate und dürfte auch diesmal in einem stark zersplitterten Parlament kompliziert werden. Für eine Mehrheit sind 76 Sitze notwendig. Als wahrscheinlichste Option gilt eine Art großer Koalition aus D66 mit den Christdemokraten CDA (18 Sitze), der liberalen VVD (22 Sitze) sowie dem linken Wahlbündnis Groenlinks/PvdA (20 Sitze).
Wilders hatte Koalitionsbruch forciert
Am Dienstag will Jetten einen Unterhändler bestimmen, der bei den verschiedenen Parteien ihre Koalitionsbereitschaft ausloten soll. Der D66-Chef wird selbst den Prozess zur Bildung einer neuen Regierung leiten. Bis diese Regierung im Amt ist, wird der amtierende Regierungschef Dick Schoof die Geschäfte weiter führen. “Ich glaube, ich werde an Weihnachten immer noch Ministerpräsident sein”, sagte Schoof am Freitag. Bis zur Bildung seiner Regierung hatte es damals 223 Tage gedauert.
Die Wahl in den Niederlanden war nach dem vorzeitigen Aus der Koalition im Juni dieses Jahres nötig geworden. Diese Regierung aus vier Parteien galt als die am weitesten rechts stehende der niederländischen Geschichte. Um die Koalition zu ermöglichen, hatte Wilders auf das Amt des Ministerpräsidenten verzichtet. Das übernahm stattdessen der parteilose frühere Spitzenbeamte Schoof. Nach elf Monaten aber forcierte Wilders den Bruch.