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Nach dem Rückzug der USA aus dem Kampf gegen den Klimawandel kommt bei der COP30 China eine Schlüsselrolle zu. Europa wirkt dagegen wenig ambitioniert.

In Belém beginnt die Weltklimakonferenz COP30. Von dem Treffen in Brasilien „geht eine große Signalwirkung aus“, sagt der Klimaexperte Ole Adolphsen im Interview mit der Frankfurter Rundschau von Ippen.Media. Während die USA den internationalen Klimaschutz ausbremsen, gehen Länder wie China mit großen Schritten voran. Zwischen den Großmächten steht Europa, wo der Widerstand gegen eine zu ambitionierte Klimapolitik wächst.

Herr Adolphsen, wie wichtig ist die diesjährige COP, die am Montag im brasilianischen Belém beginnt?

Auch wenn in Belém nicht wirklich viele wichtige Entscheidungen getroffen werden, geht von der COP eine große Signalwirkung aus. Das liegt vor allem daran, dass sich wichtige Akteure derzeit aus der Klimapolitik zurückziehen.

Ursula von der Leyen

„Der Grüne Deal ist der Motor für eine ökologische Wende, die Menschen und Umwelt schützt und dabei wirtschaftlich tragfähig und sozial gerecht ist“: So beschreibt Ursula von der Leyen Kommission das ehrgeizige Projekt. © Michal Cizek/AFP

Sie meinen die USA, die am ersten Amtstag von Donald Trump ihren Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen angekündigt haben.

Das war zu erwarten. Überraschender ist, wie konsequent die USA unter Trump international gegen Klimapolitik vorgehen. Die Außenpolitik der USA zielt mittlerweile darauf ab, die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien zu bremsen und die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen möglichst hochzuhalten. Das sieht man zum Beispiel an den Deals, die die USA im Zuge von Trumps Zollpolitik mit anderen Ländern abschließen. Oder daran, dass die USA mitgeholfen haben, das globale Plastikabkommen und die CO2-Bepreisung in der internationalen Schifffahrt zu stoppen. Das hat eine ganz neue Qualität, die man im Januar, nach Trumps Amtsantritt, so nicht erwartet hatte.

Weltklimakonferenz COP30: „Auch andere Länder tun mittlerweile viel, neben China zum Beispiel Brasilien“

Hat die Haltung der USA auch Auswirkungen auf die Klimaziele anderer Staaten?

China hat vor Kurzem verkündet, seine Emissionen bis 2035 nur um sieben bis zehn Prozent zu senken. Da hatten Experten deutlich mehr erwartet. Ich glaube zwar nicht, dass das ausschließlich an den USA liegt, in China sind innenpolitische Erwägungen immer entscheidender als außenpolitische. Aber die Haltung der USA hat sicherlich nicht geholfen.

China, der weltweit größte Emittent von Treibhausgasen, baut erneuerbare Energien rasant aus. Gleichzeitig hat das Land im selben Zeitraum so viel Kohlekraft neu ans Netz genommen wie seit neun Jahren nicht mehr. Wie passt das zusammen?

Auch in China gibt es Interessen, die sich widersprechen. Die Zentralregierung will die Emissionen senken, auf regionaler Ebene gibt es aber Akteure, die ihre eigenen Interessen haben. Gerade Kohle ist für die industrielle Produktion und das wirtschaftliche Wachstum in einzelnen Regionen in China, die wiederum miteinander im Wettbewerb stehen, noch immer wichtig.

Zur Person

Ole Adolphsen ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Globale Fragen der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und beschäftigt sich vor allem mit internationaler Klimapolitik.

Ole Adolphsen

Ole Adolphsen © SWP

Trotzdem ist die Richtung klar: China setzt auf erneuerbare Energien.

Das hat einerseits ganz offensichtliche Gründe, wie die schlechte Luft in vielen Städten. Deswegen führt der Weg von Kohleverstromung oder Verbrennerautos weg. Die chinesische Regierung hat aber auch erkannt, dass eine zu große Abhängigkeit von fossilen Energieträgern gefährlich ist. China importiert große Mengen an Öl und Gas, das ist ein sicherheitspolitisches Risiko. Deshalb will die Regierung unabhängiger bei der Energieversorgung werden, und das geht am einfachsten durch Solar- und Windkraft. Und mittlerweile sind grüne Technologien für etwa ein Viertel des Wirtschaftswachstums verantwortlich.

Die EU hatte sich 2019 mit dem Green Deal das Ziel gesetzt, bis 2050 als erste Weltregion klimaneutral zu werden. Derzeit gibt es allerdings großen Widerstand gegen diese ambitionierte Klimapolitik.

Wir sehen tatsächlich derzeit einen gewissen Widerstand, zum Beispiel von Teilen der Industrie, die um ihre Wettbewerbsfähigkeit fürchten. Die Ziele des Green Deal haben aber weiterhin Gültigkeit, insgesamt ist die europäische Klimaarchitektur intakt. Das Bild von Europa als Vorreiter beim Klimaschutz, das wir lange hatten, ist allerdings nicht mehr zeitgemäß.

Wie meinen Sie das?

Auch andere Länder tun mittlerweile viel, neben China zum Beispiel Brasilien, das einen unglaublich hohen Anteil an erneuerbaren Energien im Stromsektor hat. Diese Länder haben erkannt, dass es beim Kampf gegen den Klimawandel auch darum geht, sich einen Anteil am Zukunftsmarkt der grünen Industrien und grünen Wertschöpfungsketten zu sichern. Diese Sichtweise muss sich in Europa mehr durchsetzen. Investitionen in eine gute Klimapolitik bedeuten nicht, einfach Geld auszugeben, sondern sind mittlerweile eng mit unserem Wohlstand verbunden.

COP30 in Belém: „Vor allem für kleine Inselstaaten hätten eine Erwärmung um zwei Grad fatale Folgen“

Am Dienstag haben die Vereinten Nationen davor gewarnt, das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5-Grad-Ziel zu begrenzen, sei kaum mehr zu erreichen.

Das 1,5-Grad-Ziel war nie das einzig entscheidende Ziel, auch wenn das in der Öffentlichkeit oftmals so rübergekommen ist. Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, aber Anstrengungen zu unternehmen, um 1,5 Grad zu erreichen.

Welche globalen Folgen hätte dieser Unterschied von einem halben Grad?

Vor allem für kleine Inselstaaten hätten eine Erwärmung um zwei Grad fatale Folgen, der Meeresspiegel würde so stark ansteigen, dass einige dieser Staaten nicht mehr existieren würden. Aber auch anderswo würden Extremwetterereignisse – Regen, Sturm, Trockenheit, Hitze – weiter zunehmen. Einzelne Regionen, zum Beispiel in Äquatornähe, wären kaum mehr bewohnbar.