Unter anderem Norbert Röttgen (CDU) und Markus Frohnmaier (AfD) waren am Montag zu Gast bei Sandra MaischbergerDie Diskussion in der ARD-Talkshow wurde hitzig – besonders eine Aussage des AfD-Manns machte Röttgen fassungslosEr warf seinem Gegenüber daraufhin „Propaganda“ vor

Sandra Maischberger stellt am Montagabend eine einfache Frage: „Geht von Putins Russland eine Gefahr für Deutschland aus?“ Markus Frohnmaier, AfD-Fraktionsvize, antwortet mit einem knappen „Nein“. Norbert Röttgen, CDU-Außenpolitiker und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, hat zuvor mit „Ja“ geantwortet – und reagiert sichtlich fassungslos: „Allein diese Aussage zeigt, dass Sie im Interessenlager Russlands stehen.“

Er verweist auf den Vernichtungskrieg gegen die Ukraine und auf Russlands tägliche Angriffe gegen Europa – Spionage, Sabotage, zerstörte Datenkabel, Cyberattacken. In Bezug auf Frohnmaiers Haltung stellt er klar: „Das ist die beste Propaganda, die Putin sich wünschen kann.“

Trotzdem bleibt Frohnmaier dabei: „Wir befinden uns nicht im Krieg mit Russland.“ Formal stimmt das – Deutschland ist keine Kriegspartei. Tatsächlich aber warnen Bundesregierung und Verfassungsschutz seit Monaten vor hybriden Angriffen Russlands auf Deutschland – über Cyberattacken, Desinformation und mutmaßliche Sabotageakte.

AfD-Politiker nennt Sanktionen „unsinnig“ – und wirft Doppelmoral vor

Der AfD-Politiker fordert eine „seriöse Friedensinitiative“ und kritisiert Waffenlieferungen an die Ukraine. „Zu glauben, man könne diesen Konflikt lösen, indem man dauerhaft Waffen liefert, halte ich für falsch.“ Röttgen entgegnet: „Die Friedensinitiative besteht darin, alles zu tun, damit der Krieg scheitert. Und um ihn zum Scheitern zu bringen, unterstützen wir die Ukraine.“ 

Norbert Röttgen im Interview: „Trump bestätigt Putin geradezu darin, Krieg zu führen“

Die Bundesregierung lade Syriens Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa ein, der für Gräueltaten verantwortlich sei – Frohnmaier wirft der deutschen Regierung Doppelmoral vor. Die Einladung stimmt, doch der Kontext fehlt: Berlin empfängt al-Scharaa im Rahmen von Gesprächen über Rückführungen, nicht zur politischen Anerkennung.

„Die Krim ist jetzt in russischer Hand, und das ist gut so“

Daraufhin konfrontiert Maischberger Frohnmaier mit einem alten Satz: „Die Krim ist jetzt in russischer Hand, und das ist gut so.“ – „Das haben Sie aus dem Zusammenhang gerissen“, sagt er. Doch die Aussage ist dokumentiert: Frohnmaier hatte 2018 auf der von Russland annektierten Halbinsel an einem Wirtschaftsforum teilgenommen und die „Realität“ der Annexion begrüßt. Die Vereinten Nationen bewerten die russische Besetzung bis heute als völkerrechtswidrig.

Maischberger

Röttgen nutzt den Moment, um die Linie seiner Partei klarzustellen: Wer die russische Aggression relativiere, schade deutschen Interessen – und helfe dabei, Putins Krieg zu legitimieren.

Frohnmaiers geplante Russlandreise sorgt für Kritik

So auch Frohnmaiers geplante Russlandreise im kommenden Frühjahr: Sicherheitskreise warnen vor einem „Abfluss vertraulicher Informationen“, CDU-Politiker sehen darin ein Spionagerisiko. Der AfD-Politiker verteidigt sich: Es gehe darum, „Gesprächskanäle offen zu halten“.

Dann spricht Maischberger das an, was seit Jahren über ihm schwebt: ein 2019 veröffentlichtes Dokument aus Putins Präsidialverwaltung, in dem er als „unter absoluter Kontrolle stehender Abgeordneter“ beschrieben wird. Frohnmaier weist das entschieden zurück, nennt die Zuschreibung „eine Frechheit“. Röttgen kommentiert trocken, die AfD pflege Kontakte, „die für jeden Demokraten ein Problem sein sollten“.

AfD-Rhetorik gegen Fakten – ein Lehrstück

Je länger die Runde dauert, desto schwieriger wird es, die Themen zu ordnen. Frohnmaier redet sich fest, wechselt Schauplätze, vermeidet klare Antworten. Röttgen bleibt ruhig – vielleicht zu ruhig. „Das deutsche Interesse ist, dass in Europa der Krieg wieder verschwindet“, sagt er mehrfach. „Ich bin auch ein Vertreter von Interessenpolitik – aber es geht um ein bisschen mehr.“

Das Publikum reagiert spürbar genervt. Als Frohnmaier erneut sagt, man dürfe Russland „nicht dämonisieren“, schütteln einige Zuschauende den Kopf.

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Frohnmaier nutzt bekannte AfD-Muster

Die Sendung wird zum Lehrstück dafür, wie schwer Fakten gegen Rhetorik ankommen. Frohnmaier nutzt bekannte AfD-Muster: Themenverschiebung, selektive Wahrheiten, die Pose des missverstandenen Realisten. Röttgen hält dagegen, doch die Debatte verliert an Tiefe, weil sie sich ständig wiederholt. Maischberger versucht, den roten Faden zu halten – ein aussichtsloses Unterfangen zwischen Angriff und Abwehr.

Nach fast einer Stunde wechselt das Thema abrupt: Musiker Wolfgang Niedecken („BAP“) kommt ins Studio. Maischberger duzt ihn – ein freundlicher, fast intimer Moment, zugleich ein Bruch nach so viel politischer Schärfe.