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In Bochum schießt die Polizei auf eine mit Messern bewaffnete 12-Jährige und verletzt sie schwer. Jetzt äußert sich die Mutter des gehörlosen Mädchens.

Update vom 20. November, 7 Uhr: „Die Polizisten wähnten sich wahrscheinlich in einer Notwehrsituation. Sie taten, was sie gelernt haben, wenn ein Mensch mit einem Messer ihnen nahekommt. Sie wehrten sich“, schildert der Kriminologe Rafael Behr nach den Schüssen auf eine 12-Jährige in Bochum dem Tagesspiegel. Das sei laut dem Experten auch gemäß der Ausbildungsdoktrin, er möchte den beteiligten Beamten deshalb auch keinen Vorwurf machen.

Ein möglicher Faktor, der zur Eskalation der Situation führt: die Gehörlosigkeit von Mutter und Tochter. „Denn in Situationen, in denen Messer im Spiel sind, fackeln Polizisten oft nicht lange. Dann heißt es: Messer weg, Messer weg! Alles geschieht in hoher Lautstärke, in hohem Tempo. Das kann zur weiteren Eskalation führen“, so Behr.

Update vom 18. November, 10:05 Uhr: Bei dem eskalierten Polizeieinsatz gegen eine Zwölfjährige in Bochum ist nach den bisherigen Ermittlungen ein einzelner Schuss gefallen. Ein Beamter habe mit seiner Dienstwaffe geschossen und das Mädchen im Bauch getroffen, sagte ein Sprecher der Polizei Essen.

Das Mädchen war anschließend mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gekommen und dort operiert worden. Der Zustand der Zwölfjährigen sei unverändert „kritisch, aber stabil“, sagte der Sprecher. Die Ermittlungen zu dem Polizeieinsatz gehen unterdessen weiter. Das Mädchen war nach Angaben der Polizei in der Nacht zum Montag bei dem Einsatz in einer Wohnung mit zwei Messern auf die Polizisten zugegangen. Die Polizisten schossen daraufhin auf das Kind, einer mit Taser – eine Waffe, die den Getroffenen durch einen Stromstoß kurz handlungsunfähig macht – einer mit Dienstwaffe, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten.

Polizei schießt auf gehörloses Mädchen: Jetzt spricht die Mutter

Update vom 18. November, 8:34 Uhr: Nach dem gestrigen Polizeieinsatz in Bochum, bei dem eine gehörlose 12-Jährige lebensgefährlich verletzt wurde, hat sich ihre Mutter erstmals zu der schrecklichen Nacht geäußert. Die ebenfalls gehörlose Mutter musste den Polizeieinsatz offenbar mit ansehen und berichtete RTL von den dramatischen Momenten vor den Schüssen. Demnach rief das Mädchen dreimal nach ihrer Mutter, bevor die Polizisten ihre Waffen einsetzten. „Sie sagte, ‚ich kann das nicht mehr ertragen‘“, so die Mutter über die Worte ihrer Tochter, als diese bei ihr auftauchte.

Zwölfjährige bei Polizeieinsatz lebensgefährlich verletzt

In Bochum wurde ein Mädchen (12) von Polizisten angeschossen und lebensgefährlich verletzt. © Christoph Reichwein/dpa

Die Mutter vermutet, dass die 12-Jährige ihr nur helfen wollte, als sie zu den Messern griff. Das Mädchen war zuvor aus ihrer Wohngruppe weggelaufen, nachdem es unter anderem Streit in der Schule gegeben hatte. Vermutlich aus Angst, aber auch aus Sorge um ihre Mutter sei sie in der Wohnung aufgetaucht, erklärte die Frau. Das Mädchen wird weiterhin intensivmedizinisch im Krankenhaus behandelt. Ihr Zustand sei kritisch, aber stabil, hieß es gestern seitens der Polizei. Die Ermittlungen der Mordkommission Essen unter Leitung der Staatsanwaltschaft Bochum dauern an.

Dramatischer Polizeieinsatz in Bochum: Vermisstes Mädchen von Polizisten angeschossen

Erstmeldung vom 17. November – Ein nächtlicher Einsatz in Bochum-Hamme endete in der Nacht zum Montag (17. November) mit schweren Verletzungen für ein zwölfjähriges Mädchen. Laut einer Mitteilung der Polizei Essen griff eine als vermisst geltende gehörlose Schülerin Polizisten mit zwei Messern an – die Beamten setzten ihre Schusswaffen ein.

Polizei Streifenwagen Essen Bochum NRW

In der Nacht auf Montag (17. November) schossen Polizeibeamte auf eine Mädchen (12), die offenbar mit Messern auf die Polizisten losgegangen sein soll. (Archivbild) © Jochen Tack/IMAGO

Kurz nach Mitternacht rückten Einsatzkräfte der Polizei Bochum zu einem Mehrfamilienhaus aus. Die 12-Jährige mit deutscher und serbischer Staatsangehörigkeit war aus einer Wohngruppe abgängig und ist auf lebenswichtige Medikamente angewiesen, die sie möglicherweise über einen längeren Zeitraum nicht eingenommen hatte, berichtet die Polizei Essen.

Vermisstes Kind durch Polizeischüsse schwer verletzt

Der Mutter waren der Polizei zufolge bereits im Vorfeld das Sorgerecht und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die erkrankte und gehörlose 12-Jährige entzogen worden. Die Betreuer hatten das Mädchen am Vortag letztmalig gesehen und als vermisst gemeldet.

Da die Tür zur Wohnung der Mutter zunächst nicht geöffnet wurde, aber Geräusche aus der Wohnung zu hören waren, forderten die Einsatzkräfte einen Schlüsseldienst an. Die ebenfalls gehörlose Mutter öffnete den Beamten gegen 1:30 Uhr die Tür – noch vor Eintreffen des Schlüsseldienstes. Während der Sachverhaltsklärung und Absuche der Wohnung trafen die Einsatzkräfte auf das Mädchen, die mit zwei Messern in der Hand auf die Polizisten zu ging, so die Polizei Essen.

Taser und Schusswaffe gleichzeitig eingesetzt

Um einen drohenden Angriff mit den Messern abzuwehren, setzten die Polizisten nach erstem Erkenntnisstand zeitgleich das Distanzelektroimpulsgerät (DEIG) und die Schusswaffe ein. Den Angaben der Polizei zufolge sollen die Beamten sofort Erste Hilfe geleistet haben, bis die Rettungskräfte eintrafen.

Ein Notarzt brachte die 12-Jährige in ein nahegelegenes Krankenhaus, wo sie aktuell intensivmedizinisch versorgt wird. Nach Angaben von Ruhr24 liegt das Mädchen auf der Intensivstation. Noch in der Nacht hat eine Mordkommission der Polizei Essen die Ermittlungen unter Leitung der Staatsanwaltschaft Bochum übernommen. Die Ermittlungen zu den genauen Umständen des Vorfalls dauern an. (Quelle: Polizei, afp) (jm)