Berlin– Rund 500 Unternehmer und Manager diskutieren am Dienstag beim Arbeitgebertag über die wirtschaftliche Lage in Deutschland. Stargast am Nachmittag: Der Bundeskanzler Friedrich Merz persönlich!
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Für Merz ein Mammuttag: Nach einem rund achtstündigen Rückflug aus Afrika ging es am Morgen direkt weiter – erst zum Antrittsbesuch nach Hamburg, dann zum mit Spannung erwarteten Auftritt beim Arbeitgebertag in Berlin. Intern wurde der Termin im Kanzleramt als „wichtig“ eingestuft – die Arbeitgeber müssen als zentraler Player mitgenommen werden.
Der Kanzler holte in seiner Rede direkt zum Rundumschlag aus – in alle Richtungen! Merz betonte zunächst, seine Regierung sei fest entschlossen, die sozialen Sicherungssysteme zu reformieren – „und zwar grundlegend“. Das Bürgergeld sei „fertig reformiert“, erste Lesung möglicherweise noch in diesem Jahr. Seine Botschaft: Ich liefere.
Quelle: BILD25.11.2025
Doch der Kanzler nutzte die Bühne nicht nur für Ankündigungen zur Sozial- und Wirtschaftspolitik, sondern für einen Rundumschlag zur Lage der Nation. Er erinnerte an den Beginn seiner Amtszeit, als seine Regierung inmitten von Kriegen, Krisen und wachsendem Populismus startete. „Wir leben in einer tektonischen Verschiebung der Machtzentren auf der Welt“, so Merz.
Kampfansage an AfD und Putin
Und: Merz lieferte eine Kampfansage an die Radikalen der politischen Ränder – allen voran von der AfD. Es wiederholten sich aktuell Muster, die Deutschland alle schon gesehen habe. Diesen gelte es, sich zu widersetzen. Bedeutet: Die AfD ist aus seiner Sicht eine Bedrohung für Staat und Gesellschaft.
Auch den russischen Angriffskrieg erwähnte Merz ausdrücklich. Putins fortgesetzte Gewalt gegen die Ukraine, sagte er, zeige, dass Frieden und Sicherheit in Europa keine Selbstverständlichkeit mehr seien.
Doch dann kam er auf das Thema Rente zu sprechen. Merz betont kämpferisch: „Ich will keine Legendenbildungen. Wir haben nichts anderes beschlossen, als was vereinbart war!“
Zur Erinnerung: Aus den Reihen der eigenen Partei, vor allem von der Jungen Gruppe, gibt es bis zur Stunde heftige Kritik an einem als zu teuer kritisierten Rentenpaket. Vorwurf: Der Gesetzesentwurf gehe über das im Koalitionsvertrag Vereinbarte hinaus. Merz widersprach entschieden.
Mehr zum Thema„Ich bin nicht bereit, mit der Alterssicherung herumzuspielen“
Ohne die Junge Union zu erwähnen, war dennoch klar, an wen er sich richtete, als er in den Saal rief: „Ich bin nicht bereit, mit der Alterssicherung herumzuspielen nach dem Motto: Wer bietet eigentlich weniger?“. Damit wiederholte er – sicher bewusst – jene Formulierung, für die er beim Deutschlandtag der Jungen Union heftig kritisiert worden war.
Er verteidigte die im Kabinett beschlossene Haltelinie bis 2031 als Kompromiss mit der SPD: Diese sei zwei Jahre länger, als es die Union wollte – sieben Jahre kürzer, als die SPD forderte. Danach werde man über ein neues Gesamtsystem reden müssen, „möglicherweise mit einer neuen Kennziffer“. Heißt: Auch er will eine große Reform. Aber nicht jetzt.
Zugleich betonte Merz den eigenen Erfolg, eine „Aktivrente“ einzuführen. Diese war ein Unions-Vorschlag im Wahlkampf und soll nun mit dem Rentenpaket ebenfalls kommen. Merz: „Das ist kein Steuergeschenk, sondern der Einstieg in eine längere Lebensarbeitszeit.“
Blick auf den Epochenwandel
Dann wagt der Kanzler einen Blick auf das größere Bild und betont: Die Deutschen hätten sich an 80 Jahre Frieden und Freiheit gewöhnt, doch diese Epoche sei vorbei. China, Trumps Zölle und vor allem Putins Krieg gegen die Ukraine – „jeden Tag militärische Gewalt“. Das sei die eigentliche Herausforderung – und bedeutend größer als der Streit um die Haltelinie.
„Wenn wir aus dem Blick verlieren, was jetzt auf dem Spiel steht, werden uns unsere Kinder und Enkel bittere Vorwürfe machen“, warnte Merz – auch in Richtung der Jungen Union.
Und er machte klar: Er wolle nicht aus dem Amt scheiden, begleitet von Vorwürfen, er habe die falschen Prioritäten gesetzt. „Mich wird nichts und niemand davon abhalten, in schwierigen Zeiten die richtigen Entscheidungen zu treffen“ – auch, um Radikalen von links und rechts Einhalt zu gebieten.