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Tief erschüttert lauschten die Zuhörer dem Vortrag von Hans-Gunther Hoche. Darunter in der ersten Reihe auch Nachfahren eines KZ-Überlebenden. © Seliger
Mit einer Gedenkveranstaltung gedachte Iffeldorf am Donnerstagabend nicht nur dem Kriegsende am 8. Mai 1945. Hans-Gunther Hoche stellte auch sein Buch vor, in dem er ein bisher nahezu unbekanntes Kapitel der Ortsgeschichte aufarbeitet: Die Strandung eines KZ-Güterzugs in Staltach.
Berührt und tief erschüttert. So dürften sich viele der Gäste gefühlt haben, nachdem sie dem gut einstündigen Vortrag von Hans-Gunther Hoche zugehört hatten, in dem er auf sehr berührende Weise schilderte, was sich kurz vor Kriegsende im Iffeldorfer Ortsteil Staltach ereignet hatte: Die Befreiung von rund 2400 jüdischen KZ-Häftlingen am 30. April 1945 durch US-Soldaten aus einem Güterzug. Die Soldaten quartierten den größten Teil in Iffeldorf ein.
Was damals geschah und lange ein blinder Fleck in der Dorfgeschichte war, hat Hoche in jahrelanger Arbeit recherchiert und nun in seinem Buch „Moses in Iffeldorf“ niedergeschrieben. Anlässlich des 80. Jahrestags des Kriegsendes in Europa hatten die Pfarrei und die Gemeinde am Donnerstag zu einer Gedenkstunde eingeladen, bei der Hoche sein gerade erschienenes Buch vorstellte. Und es waren viele Iffeldorfer, die Näheres darüber erfahren wollten, was genau sich am 30. April 1945 sowie an den folgenden Tagen in Iffeldorf ereignet hatte.
Nachkommen aus USA als Ehrengäste
Über hundert Personen saßen und standen dicht gedrängt im Bürgersaal des Rathauses; darunter auch noch ganz wenige Zeitzeugen sowie Nachkommen damaliger Iffeldorfer. In der ersten Reihe: Die eigens aus den USA angereisten Söhne und Enkel von Mnasche Davidovits, einem der damals in Staltach befreiten KZ-Häftlingen, sowie der Rabbiner Joshi Zweiback. Der jüdische Geistliche hielt gemeinsam mit Dekan Martin Steinbach und Pfarrer Konrad Bestle ein ökumenisches Friedensgebet.
Bürgermeister Hans Lang, der den Besuch der Nachfahren als „große Ehre“ bezeichnete, dankte Hoche für seine langjährige Recherche, der man nun „detailreiche Kenntnisse“ über die Ereignisse aus dem Frühling 1945 im Ort verdanke. Der damalige 8. Mai sei „ein Tag der Befreiung“ gewesen, der trotz allen Grauens ein Fenster geöffnet habe für die Hoffnung auf Frieden. Das Datum müsse aber auch als Mahnung gesehen werden, denn „heute sehen wir leider, wie tief rassistische und antisemitische Ideologien“ immer noch in der Gesellschaft verankert seien.
Hielten ein ökumenisches Friedensgebet (v. li.): Pfarrer Konrad Bestle, Dekan Martin Steinbach und der Rabbiner Joshi Zweiback. © Seliger
Für sein Buch hat Hoche, der seit 2009 in Iffeldorf lebt, die Daten von 460 Häftlingen ausgewertet, mit einigen Telefon㈠interviews geführt, Kontakte zu drei ehemaligen US-Soldaten geknüpft und in Iffeldorf mit neun Zeitzeugen gesprochen. In seinem Vortrag konnte der 79-Jährige darum nicht nur eindrucksvoll die Ereignisse von damals schildern. Immer wieder ließ er in kurzen Videos einige der Überlebenden Häftlinge auch selbst zu Wort kommen. Dadurch ging der Vortrag, der an sich schon erschütternd genug gewesen wäre, noch viel tiefer und ließ viele der Zuhörer erschüttert zurück. So auch Bürgermeister Lang, der am Ende nicht einmal applaudieren konnte, denn: „Die Betroffenheit bei mir war sehr, sehr groß.“
Um den Titel „lange gekämpft“
Auch Pfarrgemeinderats-Mitglied Heiner Grupp betonte am Ende, Hoche habe die Anwesenden an diesem Abend mit seinen „eindringlichen Schilderungen tief getroffen“. Vor Hoches geleisteter Forschungsarbeit „können wir nur den Hut ziehen und uns tief verneigen“.
Zuhörer hatten zahlreiche Fragen
Bei einer abschließenden Fragerunde erklärte Hoche unter anderem, dass ihn „pure Neugier“ zu seiner Recherche verleitet habe, und dass er trotz des sensiblen Themas bei den Iffeldorfern stets „auf offene Türen und Herzen“ gestoßen sei. Um den Titel „Moses in Iffeldorf“ habe er „lange gekämpft“. Die Anspielung auf die biblische Person des Moses habe er unter anderem deshalb gewählt, weil sie einst Menschen in die Freiheit geführt habe. Und, weil er in seinem Buch „das schicksalhafte Zusammenkommen zweier Menschengruppen“ darstellen wollte. Musikalisch stimmungsvoll umrahmt wurde die Gendenkstunde von Martha Horn und Elisabeth Rieder-Grupp.