In der Gästekurve war die Hölle los, die Kölner feierten im Max-Morlock-Stadion ihren glücklichen 2:1-Auswärtssieg, den sie am kommenden Wochenende mit der Rückkehr in die Bundesliga veredeln können. Auf dem Rasen kauerte derweil Enrico Valentini und hielt seine beiden kleinen Söhne ganz fest im Arm. Es war ein durch und durch emotionaler Freitagabend für den 36 Jahre alten Außenverteidiger des 1. FC Nürnberg. Trainer Miroslav Klose wechselte ihn in der 85. Minute ein, das Publikum skandierte minutenlang seinen Namen.
Schon vor dem Spiel hatten die Anhänger ihren Liebling gefeiert. Und Valentini, der als Aktiver immer mit unbändigem Einsatz vorangegangen ist, machte hernach auch kein Hehl daraus, was ihm diese Zuneigung bedeutet: „So leid es mir für die Fans tut, aber das Ergebnis ist zweitrangig. Ich habe es genossen, dass ich nochmal spielen durfte und von der Kurve so verabschiedet wurde“, sagte er am Sky-Mikrofon. Und sprach dem Verein noch einmal explizit seine Liebe aus: „Der Club ist mein Leben, ich bin gegenüber dem Trainingsgelände aufgewachsen und habe alle Jugendmannschaften durchgemacht. Mein Herz hängt am Club und das wird immer so bleiben.“
Er habe schon als kleiner Bub von der Pizzeria seiner Eltern aus die Flutlichter gesehen und davon geträumt, „einmal in diesem Stadion, in meiner Stadt, für meinen Verein auflaufen zu dürfen“. Und weil sein Vater Vincenzo damals mitbekam, dass der FCN ein Probetraining für Kinder organisierte und den Vierjährigen dort anmeldete, nahm die Karriere des kleinen Enrico schon früh ihren Lauf. Er wurde – obwohl eigentlich noch drei Jahre zu jung – direkt in die U8 aufgenommen und blieb 16 Jahre am Valznerweiher.
Gegen Köln bestritt Valentini seinen 183. Pflichtspieleinsatz für den FCN
Weil es damals mit dem Sprung zu den Profis nicht klappte, nahm der Rechtsfuß den Umweg über den VfR Aalen. Unter Trainer Ralph Hasenhüttl gelang die Rückkehr in die zweite Liga, Valentini wurde vom Offensivspieler zum Außenverteidiger umgeschult. Nach vier Jahren zog der fränkische Italiener zum Karlsruher SC weiter, 2017 kehrte er zum Club zurück. Dort avancierte er zum Stammspieler und lief nach dem Aufstieg 2018, zu dem er elf Torvorlagen beisteuerte, auch 15 Mal in der Bundesliga auf. In der laufenden Saison spielte der langjährige Kapitän unter Klose keine tragende Rolle mehr, dennoch ermöglichte ihm der Coach den verdienten Abschied von seinen Fans – und seinen 183. Pflichtspieleinsatz für den FCN. „Es ist echt noch schwer, die Gefühle richtig zu ordnen und zu verstehen, dass ich hier zum letzten Mal in diesem Stadion aufgelaufen bin“, sagte Valentini nach dem Spiel.
Zumindest räumlich ist der Schritt, den der 36-Jährige nun macht, kein großer: Nachdem er jahrelang die Außenbahn entlanggelaufen ist, steht er künftig jenseits der Spielfeldbegrenzung – als Cheftrainer der U14 des 1. FC Nürnberg. „Vale kann den jungen Talenten nicht nur auf dem Platz, sondern auch durch die Werte, die er verkörpert, sehr viel mitgeben“, sagt Michael Wiesinger, Leiter des Nachwuchsleistungszentrums. Und Valentini freut sich auf den neuen Job: „Als Vater von zwei kleinen Jungs ist es für mich ein großes Anliegen, der jungen Generation etwas mitzugeben.“
Und so trat der von den Anhängern als Legende gefeierte Valentini eher bescheiden von der großen Bühne ab: „In meinem Ranking bin ich keine Legende. Wenn die Fans mich so nennen, dann ist das wirklich herzerwärmend.“ Den Abend verbrachte er dann im Kreise seiner Familie – und so, wie es sich für einen Italiener gehört: „Mein Papa wartet mit ein paar Flaschen Rotwein, die werden heute definitiv noch geköpft.“