Renaissance-Gemälde als Inspiration
128 Exponate aus dem 14. bis 19. Jahrhundert sind versammelt. „Die Motive, die Tübke zitiert hat, waren bestenfalls einer Handvoll Experten bekannt“, erzählt Gerd Lindner. „Man kann davon ausgehen, dass diese Experten auf der Seite des Malers gestanden haben dürften. Ich erinnere mich an die Situation, dass die DDR sich als ‚Leseland‘ verstand, allein um dem Funktionärsapparat Paroli bieten zu können. So dass man die Möglichkeit hatte, auf eine Ebene zu gehen, die der Durchschnittsfunktionär nicht mehr erkennen und interpretieren konnte.“
Dass das Rundgemälde auf den ersten Blick eine positive Anmutung hat, liegt daran, so erfährt man, dass sich Tübke etwa bei der Darstellung des „Bauernhaufens“ am Triumphzug Kaiser Maximilians I. orientierte: In 147 Holzschnitten in Wien, in Reproduktionen in der Ausstellung zu sehen. Anstelle der siegreichen Kaiserlichen setzte Tübke die Bauern.
Versteckte Botschaften
Erst bei genauerem Hinsehen erscheinen sie wenig siegreich. Tübke „zerschmiss sie, würgte sie, stach sie, erschlug sie wie tolle Hunde“, ganz wie Luther es forderte, als er die Seiten gewechselt hatte. Auch Bruegels „Turm zu Babel“ zeigt die Schau in Reproduktion, viel Grafik im Original. Etwa den „wunderbarlichen Visch“ eines unbekannten Nürnberger Meisters aus der Friedenstein-Stiftung Gotha, der Tübke zu seiner großartigen Variante eines schwebenden Fisches vor seinem Turm zu Babel inspirierte.
Mit den christlichen Metaphern jener Zeit kannte sich der Maler aus. Ebenso mit den Geistesgrößen und ihren Disputen, die er in seinem Rundbild verewigte. Etwa in Schreibweise des Wortes Freiheit auf einer Fahne. Was auf einen Streit zwischen Luther, dem Franziskanermönch Murner und den Bauern anspielt, die Luther in Sachen Freiheit falsch verstanden hatten.
Inspirationsquellen, die der Parteilinie widersprachen
„Werner Tübke hat aus dem Fundus der Bild- und Textquellen der Zeit des Bauernkrieges oft solche ausgewählt, die erstaunlicherweise den Bauern konträre Positionen vertreten“, betont auch Gerd Lindner und erzählt, dass sich Tübke schriftlich zusichern ließ, dass „niemand in sein Wandbild“ bei der Entstehung „reinredet“.
So konnte der Maler das Reich der historischen Quellen wie auch der Mythen des 16. Jahrhunderts betreten, um ein Zeitpanorama zu erschaffen, dass nicht schlauer als seine Protagonisten ist und das deshalb noch dieser Tage wahrhaftig wirkt.