Das Ringen um Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine geht in die nächste Runde: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zu einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Präsident Wladimir Putin am Donnerstag in der Türkei bereit erklärt.
„Wir erwarten einen vollständigen und dauerhaften Waffenstillstand ab morgen, um die notwendige Grundlage für diplomatische Verhandlungen zu schaffen. Es hat keinen Sinn, das Töten zu verlängern“, schrieb er auf der Nachrichtenplattform X und fügte hinzu: „Ich hoffe, dass die Russen dieses Mal keine Ausreden suchen werden.“
Zuvor hat sich US-Präsident Donald Trump eingeschaltet und die Ukraine aufgefordert, der von Kremlchef Wladimir Putin vorgeschlagenen Wiederaufnahme direkter Friedensgespräche in der Türkei zuzustimmen. „Ich beginne zu bezweifeln, dass die Ukraine einen Deal mit Putin machen wird“, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social.
„Putin will keine Waffenruhe mit der Ukraine, sondern er will stattdessen ein Treffen am Donnerstag in der Türkei, um über ein mögliches Ende des BLUTBADES zu verhandeln.“ Anschließend werde man „in der Lage sein, festzustellen, ob ein Deal möglich ist oder nicht.“ Trump fügte an: „Die Ukraine sollte dem sofort zustimmen.“
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Offen ließ er allerdings, die Forderung, eine Waffenruhe als Bedingung für Verhandlungen zwischen beiden Seiten zu machen. Genau dafür hatten sich nämlich der ukrainische Staatschef und seine europäischen Verbündeten am Wochenende in Kiew ausgesprochen.
Merz fordert Waffenruhe vor Gesprächsbeginn
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erklärte dazu in Berlin: „Wir erwarten von Moskau, dass es jetzt einem Waffenstillstand zustimmt, der echte Gespräche überhaupt erst ermöglichen kann“, sagte Merz. Nachsatz: „Erst müssen die Waffen schweigen, dann können Gespräche beginnen.“
Die Ukraine habe einem solchen Vorgehen „ohne Wenn und Aber“ zugestimmt. „Wenn die russische Seite nun Gesprächsbereitschaft signalisiert, ist das zunächst ein gutes Zeichen. Es ist aber bei weitem nicht hinreichend.“
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte der Ukraine die Wiederaufnahme direkter Friedensgespräche in der Türkei angeboten. Diese sollen nach Putins Willen bereits am kommenden Donnerstag in Istanbul beginnen, wie der Kremlchef in der Nacht sagte.
Es gehe um eine Wiederaufnahme direkter Gespräche „ohne Vorbedingungen“, betonte Putin vor Journalisten in Moskau. „Diejenigen, die wirklich Frieden wollen, können nicht dagegen sein.“ Auf die ukrainische Forderung nach einer 30-tägigen Waffenruhe ging Putin nicht direkt ein.
Wladimir Putin äußerte sich ausweichend zu der Forderung aus Kiew nach einer Waffenruhe.
© REUTERS/Sergey Bobylev
Der Kremlchef kündigte ein Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für den heutigen Sonntag an. Er hoffe, dass Erdogan seine Bereitschaft bestätigen werde, zu einer Friedenslösung im Konflikt mit der Ukraine beizutragen.
Ein historischer Wendepunkt ist erreicht worden.
Recep Tayyip Erdogan zum Vorschlag von Wladimir Putin
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Samstag mit westlicher Rückendeckung von Moskau verlangt, eine 30-tägige Waffenruhe ohne Vorbedingungen von Montag an umzusetzen. Andernfalls solle es neue Sanktionen geben.
Die Staatschefs von Deutschland, Polen, Frankreich und Großbritannien hatten sich in Kiew am Samstag der Forderung angeschlossen und nach einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump erklärt, sie hätten die Unterstützung aus Washington.
Unterschiedliche Reaktionen auf Putins Vorstoß
Die Reaktionen auf den Gegenvorschlag von Putin waren zunächst gespalten. Erdogan begrüßte am Sonntagmittag die Entwicklung.
„Ein historischer Wendepunkt ist erreicht worden bei den Bemühungen, den Krieg zwischen der Ukraine und Russland zu beenden“, sagte Erdogan nach Angaben des türkischen Präsidialamtes am Sonntag bei einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Diese Gelegenheit müsse „ergriffen“ werden und die Türkei sei „bereit, jede Form der Unterstützung zu liefern“.
Haben trotz der guten Mienen ein zeitweise angespanntes Verhältnis: Putin und Erdogan, hier bei einem Treffen im Jahr 2024 in Russland.
© dpa/MIKHAIL METZEL
Sein Land sei auch bereit, als Ort für Verhandlungen zu dienen, „um eine Waffenruhe und anhaltenden Frieden zu erreichen“, fügte der türkische Präsident demnach hinzu.
Macron hatte das Angebot aus Moskau zuvor als „nicht ausreichend“ bezeichnet. Voraussetzung für jegliche Verhandlungen sei eine bedingungslose Waffenruhe, sagte er am Sonntag auf der Rückreise aus Kiew in der polnischen Stadt Przemysl. Mit seinem Vorschlag wolle Putin „Zeit gewinnen“. Zwar habe sich der russische Präsident damit immerhin „bewegt“, es handele sich aber um ein Ausweichmanöver.
Putins Vorschlag sei „eine Art, nicht zu antworten“, sagte Macron dazu. Es sei wichtig, dass die Europäer gemeinsam mit den USA weiter an der Forderung nach einer bedingungslosen Waffenruhe festhielten, „und danach können wir reden“, betonte der französische Präsident. Er halte es für unmöglich, „dass die Ukrainer in Parallel-Gespräche einwilligen, während sie weiterhin bombardiert werden“.
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Auf einer Linie mit Trump sei ein Vorschlag für eine 30-tägige Waffenruhe unterbreitet worden, schrieb Macron auf „X“. Selenskyj habe das akzeptiert, ohne eigene Bedingungen zu setzen, schrieb Macron. „Wir erwarten jetzt eine ebenso klare Antwort von Russland.“
Etwas positiver hatte sich Selenskyj am Sonntagmorgen geäußert. Die Ukraine sei bereit, sich direkt mit Russland über eine Friedenslösung zu unterhalten, sagte er. Er ging zwar nicht direkt auf Putins Angebot ein, aber erklärte weiter: „Es ist ein positives Zeichen, dass Russland endlich ein Ende des Krieges in Betracht zieht.“
Die ganze Welt hat darauf sehr lange gewartet.
Wolodymyr Selenskyj zum Gesprächsangebot aus Moskau
Weiter sagte Selenskyj in Bezug auf Moskaus Bereitschaft zu Gesprächen und einem möglichen Frieden: „Die ganze Welt hat darauf sehr lange gewartet.“ Dann wiederholte er aber die Forderung von Samstag, dass der „erste Schritt, um wirklich einen Krieg zu beenden, ein Waffenstillstand ist“.
Selenskyj formulierte die Erwartung an Moskau, dass es auf den Vorschlag einer Waffenruhe eingeht. „Es gibt überhaupt keinen Grund, das Töten noch einen einzigen Tag weiterzuführen. Wir erwarten von Russland, dass es die Waffenruhe ab morgen, Montag, den 12. Mai, bestätigt; zur Gänze, verlässlich und dauerhaft. Dann ist die Ukraine zu einem Treffen bereit.“
Die Worte des ukrainischen Präsidenten sind wohl diplomatisch genug, um bei den USA keinen Ärger auszulösen. Ähnliches bezweckt vermutlich auch Putin mit seinem Vorschlag. Die Frage ist nun, wie entschieden die USA hinter der Forderung Kiews und der Europäer nach einer Waffenruhe stehen. Oder schlägt sich Trump wieder auf die Seite Putins?
Noch vor Selenskyjs Äußerungen hatte sich der US-Präsident am Sonntagmorgen zuversichtlich gezeigt, dass ein Ende der Kämpfe im Ukraine-Krieg näherrücken könnte. „Ein möglicherweise großer Tag für Russland und die Ukraine“, schrieb er auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social. „Denkt an die Hunderttausenden Leben, die gerettet werden können, wenn dieses endlose ‚Blutbad‘ hoffentlich zu einem Ende kommt.“
Eine große Woche steht bevor!
Donald Trump über die Ukraine-Verhandlungen
Er werde weiter mit beiden Seiten arbeiten, um sicherzustellen, dass dies geschieht. „Eine große Woche steht bevor!“, schrieb Trump euphorisch. Er erwähnte allerdings nicht, ob er sich bei seinen Einschätzungen konkret auf Putins oder Selenskyjs Vorschläge bezog.
Auch Kellogg besteht auf Feuerpause vor Friedensgespräche
Anders als Donald Trump hat sich auch der US-Sondergesandte Keith Kellogg zur Feuerpause geäußert. Der ehemalige General schrieb am Sonntagnachmittag auf „X“. Er unterstützte die Europäer und schrieb: „Wie Präsident Trump wiederholt gesagt hat: Stoppt das Töten!! Zuerst ein bedingungsloser 30-tägiger Waffenstillstand und während dieser Zeit umfassende Friedensgespräche. Nicht andersherum.“
Das klang wie eine klare Ablehnung von Putins Vorschlag. Zuvor hatte Kellogg einen Post von Macron geteilt, in dem der französische Präsident Putin die klare Ansage macht, dass es erst einen Waffenstillstand geben müsse.
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Kremlsprecher erklärt dreitägige Waffenruhe für beendet
Putin hatte der ukrainischen Seite am Samstagabend vorgeworfen, mehrere Anläufe für eine Feuerpause sabotiert zu haben. Gleichzeitig schloss er eine Verlängerung der dreitägigen Waffenruhe, die von ihm um den 9. Mai herum ausgerufen worden war, nicht komplett aus. Diese Waffenruhe war um Mitternacht Ortszeit (23.00 Uhr MESZ) ausgelaufen. Am frühen Sonntagmorgen griffen russische Drohnen allerdings schon wieder die Hauptstadt Kiew an.
Kremlsprecher Dmitri Peskow bestätigte laut der russischen Staatsagentur Tass indes, dass die dreitägige Waffenruhe nicht mehr gelte. „Natürlich ist sie vorbei“, sagte Peskow demnach. Es habe von der Gegenseite zahlreiche Verletzungen der Vereinbarungen gegeben und somit „keine ernsthafte Feuerpause“.
Beide Kriegsparteien hatten sich auch nach Beginn der einseitig verkündeten Waffenruhe am Donnerstag gegenseitig Angriffe vorgeworfen. Selenskyj warf Putin vor, die Feuerpause der vergangenen Tage nur vorgetäuscht zu haben, um den 80. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion gegen Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg ungestört feiern zu können. „Die Angriffe an der Frontlinie gehen weiter“, sagte der Staatschef bei einem Treffen der aus verbündeten Staaten bestehenden „Koalition der Willigen“ in Kiew.
Merz, Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und der polnische Regierungschef Donald Tusk waren am Samstag nach Kiew gereist, um Russland von dort aus ultimativ zu einem bedingungslosen Waffenstillstand aufzufordern.
Merz zeigte sich zunächst hoffnungsvoll. Im ZDF sagte er: „Dies ist die größte diplomatische Initiative, die es in den letzten Monaten, wenn nicht Jahren gegeben hat, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.“
Russland nennt Bedingungen für Waffenruhe
Noch am Samstagmittag hatte Russland von den USA und der EU als Voraussetzung für eine 30-tägige Feuerpause ein Ende der Waffenlieferungen an Kiew gefordert. „Andernfalls wird es einen Vorteil für die Ukraine geben“, sagte Kremlsprecher Peskow im Interview des US-Senders ABC.
Die Ukraine würde eine Waffenruhe dazu nutzen, um ihre „totale Mobilmachung“ fortzusetzen, zusätzliche Truppen an die Front zu bringen, neue Soldaten auszubilden und den derzeitigen Kämpfern eine Atempause zu verschaffen, behauptete er. „Warum sollten wir der Ukraine solch einen Vorteil verschaffen?“ Russland komme selbst gerade bei seiner Offensive in der Ukraine voran und habe die Initiative, betonte Peskow.
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Die EU und die USA haben Russland bereits mit zahlreichen Sanktionen belegt, um dem Land die wirtschaftliche Grundlage für die Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Ukraine zu nehmen. Auch westliche Experten bescheinigen der russischen Wirtschaft aber eine Robustheit, die so nicht erwartet wurde.
Zwar sind die vielen wirtschaftlichen Probleme unübersehbar, weil es etwa am einfachen Zugang zu westlicher Technik fehlt. Die Rohstoffgroßmacht nimmt aber weiter Milliarden, etwa aus dem Öl- und Gasverkauf ein. Das Geld hält wiederum die Kriegswirtschaft am Laufen. (mit Reuters/dpa)