Düsseldorf. Nach seinem erfolgreichen TikTok-Video bringt der Düsseldorfer Uni-Dozent „Phonobro“ am Montag ein neues Video zum ESC raus. Was hinter der Aktion steckt.
Ein Seminarraum, gelangweilte Gesichter, ein ratloser Dozent. „Doesn’t anybody want to say anything?“, fragt Christian Uffmann – dann betritt eine Drag Queen den Raum, die Musik setzt ein, Studierende beginnen zu tanzen. Was klingt wie ein TikTok-Sketch, ist das neue Musikvideo eines Universitätskurses der Heinrich-Heine-Universität (HHU) in Düsseldorf.
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Uffmann, Dozent für Englische Sprachwissenschaft an der HHU Düsseldorf und unter dem Namen phonobro bereits viraler Social-Media-Star, liefert mit „Welcome to our Eurovision“ seine nächste Pop-Performance – halb akademische Übung, halb augenzwinkernde Hommage an den Eurovision Song Contest (ESC). Der Trubel vom ersten Hit – „I put the glamour back into grammar“ – hat zwar mittlerweile abgenommen, doch Uffmann wird weiterhin auf einen Nachfolger angesprochen. „Davon wird man natürlich auch angespornt.“
ESC-Songidee entstand im Rahmen eines Seminars
Die Idee entstand im Rahmen eines Seminars zur linguistischen Analyse von Popsongs. Ausgangspunkt war ein wissenschaftlicher Artikel darüber, wie sich ESC-Songs sprachlich von anderen Poptexten unterscheiden. Die Studierenden sollten daraufhin eigene Lyrics schreiben. „Man verbindet das Angenehme mit dem Nützlichen“, sagt Uffmann. Der Kurs sollte eine linguistische Methode anhand von Popsongs erklären – „um das Ganze interessanter zu machen.“
Dass daraus ein Musikvideo wurde, war nicht geplant – aber pädagogisch durchaus wirksam. „Wenn man es selber macht, versteht man immer besser, worum es geht.“ Uffmann selbst hatte bislang kaum Erfahrung in der Musikwelt. „Ich war bislang nie groß Produzent, sondern eher Konsument.“
Aber das Interesse sei natürlich da – schließlich unterrichtet er regelmäßig zu Popkultur. Mit „Welcome to our Eurovision“ wollte er nicht nur textlich, sondern auch musikalisch möglichst nah an das Genre heran. Dafür las er sich in musikwissenschaftliche Analysen des ESC ein – von Refrain-Aufbau über Tonartwechsel bis hin zur obligatorischen Dreiminuten-Grenze.
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Videoproduktion an der HHU Düsseldorf hatte seine Tücken
Das Ergebnis: ein Song, der all die bekannten Klischees bedient – „ob es eine Parodie ist, das mögen andere entscheiden.“ Stilistisch knüpft das neue Video an den viralen Vorgänger an – wieder beginnt es in einem Seminarraum, wieder interagiert Uffmann als Dozent mit den Studierenden.
Doch die Produktion an der HHU hatte ihre Tücken: Der ursprüngliche Sänger konnte nicht zum Dreh erscheinen. Glücklicherweise kannte eine Teilnehmerin eine Drag Queen, die spontan einsprang und das Bild des Projekts prägte. Damit ging das Video inhaltlich einen Schritt weiter: Als Reaktion auf das Pride-Flaggen-Verbot beim ESC in der Schweiz wurde ein sichtbares Statement gesetzt. Studierende brachten eigene Regenbogenflaggen mit, um Diversität und Inklusion zu feiern. „Es ist eine Frage des gegenseitigen Respekts und Anstands. Man würde hoffen, dass das nicht politisch wäre“, sagt Uffmann.
Was ursprünglich als ironisches Seminarprojekt gedacht war, wurde so auch zum gesellschaftlichen Kommentar. Tatsächlich sind ESC-Songs laut Uffmann deutlich weniger geschlechtsbezogen als andere Popsongs. „Es geht häufig um zwei Personen undefinierten Geschlechts. Diese Vagheit war auch wichtig beim Schreiben des Textes.“
Neues Phonobro-Video erscheint am Montag
Liebe sei zwar zentrales Thema, werde jedoch offener erzählt – auch das ein bewusster Bruch mit klassischen Popmustern. Was er sich vom neuen Song erhofft? Beim ersten Video stellte sich der Erfolg überraschend ein. Diesmal sei das anders: „Auf der einen Seite gibt es eine Erwartungshaltung und man wünscht sich, dass das Ganze von vielen Leuten gesehen wird und auch vielen Leuten gefällt.“
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Trotzdem: „Der ESC ist ja eigentlich nur ein großer Spaß, und wir reden hier viel zu ernsthaft darüber. Das ist alles etwas verkrampft.“ Gleichzeitig geht es Uffmann auch um die Außenwirkung seines Fachbereichs. Mit Musikvideos Aufmerksamkeit auf linguistische Themen zu lenken – das funktioniert. „Dozierende und Professoren sind nicht nur Menschen, die in ihrem Elfenbeinturm leben und dann gelegentlich den Staub von ihren Büchern pusten. Wir sind nahbar, wir sind Menschen und wir machen auch gerne etwas mit Studierenden zusammen – wenn es dem akademischen Erfolg hilft.“
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Ein HHU-Musical wird es in absehbarer Zeit aber wohl nicht geben. Sollte der neue Song jedoch wieder ein Erfolg werden, kann sich Uffmann vorstellen, künftig öfter musikalisch nachzulegen. „Ich habe jetzt Lust bekommen“, sagt er. Ob kurz, lang oder erneut viral – der nächste Song kommt bestimmt. „Welcome to our Eurovision“ erscheint an diesem Montag (12 Mai).