Statt auf flüchtige Gase, setzt eine neue Kühltechnologie auf einen festen, wachsartigen Stoff mit spannenden Eigenschaften. Diese Entwicklung könnte Milliarden Klimageräte weltweit effizienter und umweltfreundlicher machen – und hat Bill Gates im Rücken.

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Bill Gates‘ Wette: Revolutionäre Klimatechnik aus UK
Jährlich steigen die Emissionen, die durch Klimaanlagen entstehen – sei es durch Stromverbrauch oder austretende Kühlmittel. Etwa zwei Milliarden Geräte sind laut Internationaler Energieagentur weltweit im Einsatz. Eine vielversprechende Alternative entwickelt derzeit das Start-up Barocal aus Cambridge, das aus der Universität heraus gegründet wurde und sich auf klimafreundliche Kühltechnik spezialisiert hat.

Die neue Methode basiert laut TechXplorer auf sogenannten barokalorischen Feststoffen – speziellen Kristallen, in denen sich die Moleküle unter normalen Bedingungen ähnlich wie winzige Kreisel bewegen. Wird Druck ausgeübt, stoppen diese Drehbewegungen schlagartig, dabei wird Wärme freigesetzt. Lässt man den Druck wieder nach, kühlt das Material stark ab. Dieser Effekt lässt sich gezielt nutzen – ganz ohne gasförmige Kältemittel.

Der Werkstoff sieht unspektakulär aus: weich, wachsartig, chemisch gut verfügbar. Doch seine Eigenschaft, ohne chemische Reaktionen oder Emissionen Kälte zu erzeugen, ist entscheidend. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kühlgasen gibt es kein Leckagerisiko – der Stoff bleibt im System. Das Forschungsteam um Xavier Moya an der Universität Cambridge testet seit 15 Jahren verschiedene Varianten, um die leistungsfähigsten Kristalle zu identifizieren.

Seit 2019 bringt Barocal die Technologie in die Anwendung. Der erste Prototyp, untergebracht in einem rollbaren Container, ist etwa so groß wie ein Koffer. Vier mit Kristallen gefüllte Zylinder werden dort von einem hydraulischen System unter Druck gesetzt. Noch ist das Gerät laut, schwer und nicht serienreif – aber es funktioniert: Dosen in einem angeschlossenen Kühlschrank bleiben kalt.

Jetzt durchstarten
Breakthrough Energy, eine Initiative von Bill Gates, und der Europäische Innovationsrat haben bereits rund vier Millionen Euro investiert. Laut Breakthrough könnten barokalorische Systeme den CO₂-Ausstoß von Klimaanlagen um bis zu 75 Prozent verringern. Noch in diesem Jahrzehnt soll die Technik kommerziell werden: Große Gebäude wie Einkaufszentren, Lager oder Rechenzentren stehen zuerst auf der Liste. Bis zu 30 Mitarbeitende will Barocal bis Ende des Jahres beschäftigen.
Barocal: Neue Klimatechnik aus UKDas Prinzip von Barocal
Technik im Überblick: Barokalorische Kühlung

  • Material: Kunststoffkristalle, fest und nicht flüchtig
  • Effekt: Temperaturänderung durch Druck (barokalorischer Effekt)
  • Leistung: Temperaturspanne bis zu 50 °C
  • Emissionen: Bis zu 75 % Einsparung gegenüber Gas
  • Anwendung: Klimaanlagen, Kühlsysteme, potenziell auch Heizungen
  • Marktstart: Geplant in 3 Jahren, zunächst im B2B-Sektor

Neben der Kühlung ließe sich die Technik auch zur Wärmeerzeugung nutzen – denkbar etwa für energiesparende Heizsysteme. Ob sie sich am Markt durchsetzt, hängt auch von der Langzeitstabilität, Energieeffizienz und der Geräuschentwicklung ab. Das Team um Moya arbeitet derzeit daran, die Systeme kompakter und leiser zu gestalten.

Was sind Kühlmittel?

Kühlmittel sind gasförmige, flüssige oder feste Stoffe, die zum Abtransport von Wärme eingesetzt werden und diese zu einer Wärmesenke leiten. Sie nehmen die thermische Energie unter Temperaturerhöhung auf oder ändern ihren Aggregatzustand, um Wärme abzuführen.

Anders als Kältemittel transportieren Kühlmittel Wärme nur entlang des Temperaturgradienten, also von wärmeren zu kälteren Bereichen. Typische Kühlmittel im Fahrzeugbereich sind Wasser-Glykol-Gemische, die neben dem Frostschutz auch wichtige Korrosionsschutzfunktionen erfüllen.

Welche Arten gibt es?

Bei Kühlerfrostschutzmitteln unterscheidet man drei Haupttypen: IAT (Inorganic Acid Technology) mit anorganischen Säuren wie Silikaten, meist blau oder violett gefärbt; OAT (Organic Acid Technology) ohne Silikate, typischerweise rot gefärbt; und HOAT (Hybrid Organic Acid Technology) als Kombination beider Technologien, meist gelb oder orange gefärbt.

Jeder Typ hat spezifische Vorteile: IAT bietet guten Korrosionsschutz für ältere Motoren, OAT wird häufig bei Aluminiumkühlern verwendet, und HOAT kombiniert die Vorteile beider Systeme und ist mit anderen Typen kompatibel. Die Farbe allein ist jedoch kein zuverlässiger Indikator für den Typ.

Kältemittel vs. Kühlmittel?

Der entscheidende Unterschied liegt in der Richtung des Wärmetransports: Während Kühlmittel Wärme nur entlang des Temperaturgradienten (von warm nach kalt) transportieren können, können Kältemittel dies auch entgegen dem Temperaturgradienten tun, was Kühlung unter Umgebungstemperatur ermöglicht.

Kältemittel durchlaufen in Klimaanlagen und Wärmepumpen einen komplexen Kreislauf mit Phasenübergängen, wobei sie durch Verdampfen Wärme aufnehmen und durch Verflüssigen wieder abgeben. Kühlmittel wie im Motorkühlkreislauf behalten dagegen ihren Aggregatzustand bei.

Wie funktioniert Frostschutz?

Frostschutzmittel wie Glykol, Ethylenglykol oder Propylenglykol setzen den Gefrierpunkt von Wasser herab und verhindern so ein Einfrieren bei niedrigen Temperaturen. Die Schutzwirkung ist abhängig von der Konzentration – typischerweise wird ein Mischungsverhältnis von 50:50 bis 60:40 (Wasser zu Frostschutz) empfohlen.

Qualitativ hochwertige Frostschutzmittel enthalten zusätzlich verschiedene Additive, die nicht nur vor Frost schützen, sondern auch Korrosion verhindern, vor Überhitzung schützen und schmierende Eigenschaften aufweisen, um das gesamte Kühlsystem langfristig zu schonen.

Kann man Kühlmittel mischen?

Die verschiedenen Kühlmitteltypen sollten in der Regel nicht gemischt werden, besonders silikathaltige und silikatfreie Varianten sind oft nicht kompatibel. Beim Mischen unterschiedlicher Typen können chemische Reaktionen entstehen, die zu Ablagerungen, vermindertem Korrosionsschutz oder sogar schwerwiegenden Schäden am Kühlsystem führen können.

Nur einige spezielle Hybrid-Kühlmittel (HOAT) sind mit anderen Typen kompatibel. Im Zweifelsfall sollte immer das vom Fahrzeughersteller empfohlene Kühlmittel verwendet werden. Bei Unsicherheit ist es ratsam, das System vollständig zu spülen und neu zu befüllen.

Zusammenfassung

  • Neue Kühl-Technologie aus Großbritannien nutzt festen, wachsartigen Stoff
  • Barocal entwickelt klimafreundliche Alternative zu herkömmlichen Klimaanlagen
  • Barokalorische Feststoffe erzeugen Kälte durch Druckveränderungen
  • Technologie verspricht bis zu 75 Prozent weniger CO₂-Ausstoß
  • Bill Gates‘ Initiative Breakthrough Energy investiert in das Projekt
  • Erste Anwendungen in großen Gebäuden wie Einkaufszentren geplant
  • Technik könnte auch für energiesparende Heizsysteme genutzt werden

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