Die AfD-Chefs von Thüringen und Sachsen, Björn Höcke und Jörg Urban, schalten sich mit einem Gutachten in den Rechtsstreit mit dem Verfassungsschutz über die Einstufung und Beobachtung ihrer Partei ein.
Konkret bezieht sich das Gutachten zwar auf den Umgang des Verfassungsschutzes mit AfD-Abgeordneten in Thüringen und Sachsen. Höcke sieht darin aber auch einen Beitrag für die Gesamtpartei im juristischen Dauerstreit mit dem Inlandsgeheimdienst.
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Das Papier des Staatsrechtlers Michael Elicker kommt zu dem Schluss, dass „alle die Mandatsausübung beeinträchtigenden Maßnahmen u. a. des Verfassungsschutzes „untersagt“ sind“. Argumentiert wird mit der sogenannten Indemnität für Abgeordnete in den Landesverfassungen von Thüringen und Sachsen.
Ich gehe davon aus, dass die Bundesebene dieses Gutachten in ihren Rechtskampf integrieren wird.
Björn Höcke
Dort heißt es: Abgeordnete dürften zu keiner Zeit wegen Abstimmungen oder Äußerungen in Ausübung ihres Mandates gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Landtags zur Verantwortung gezogen werden. Dies gelte nicht für verleumderische Beleidigungen. Dem AfD-Gutachten zufolge schließt die Regelung in Verbindung mit früherer Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz aus.
Wer hat das Gutachten für die AfD erstellt?
Das 60-seitige Gutachten wurde laut Björn Höcke Anfang des Jahres bei dem Juristen Michael Elicker in Auftrag gegeben. Elicker firmiert auf der Seite der Universität des Saarlandes als außerplanmäßiger Professor für Zivilrecht und Rechtsvergleichung. Er soll Medienberichten zufolge zwischenzeitlich Mitarbeiter der sächsischen AfD-Fraktion gewesen sein.
AfD-Landeschefs und Bundesvorstand beraten am Abend
Höcke sagte bei der Vorstellung des Papiers in Berlin: „Ich gehe davon aus, dass die Bundesebene dieses Gutachten in ihren Rechtskampf integrieren wird.“ Nach seinen und Urbans Angaben beraten der AfD-Bundesvorstand und die AfD-Landeschefs am Abend in Berlin über das weitere Vorgehen im Rechtsstreit mit dem Bundesverfassungsschutz.
Dieser hatte die Bundes-AfD Anfang des Monats als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Dagegen setzt sie sich juristisch zur Wehr. Bis zu einer Entscheidung des zuständigen Verwaltungsgerichts Köln über einen entsprechenden Eilantrag der Partei hat der Inlandsgeheimdienst die neue Einstufung wieder auf Eis gelegt.
Die AfD wird zunächst weiter nur als sogenannter Verdachtsfall geführt und entsprechend weiter beobachtet. In Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg haben die Verfassungsschutzbehörden die jeweiligen AfD-Landesverbände als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachten diese.
Höcke und Urban kritisieren Verfassungsschutz für Stigmatisierung
Höcke sprach von „Gesinnungsschnüffelei des Verfassungsschutzes“ bei Oppositionsparteien, „die völlig friedlich unterwegs sind“. Jörg Urban beklagte eine Beeinträchtigung der freien Meinungsbildung und Stigmatisierung. Er betonte, die Zustimmungswerte für die Partei würden unter der Beobachtung durch den Verfassungsschutz leiden. Höcke ergänzte daraufhin mit Blick auf den Thüringer Verfassungsschutzchef, „ich leide seit Jahren unter Stephan Kramer“. Dabei warf er Kramer „permanente Eingriffe“ in Wahlkämpfe vor.
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Der Thüringer Verfassungsschutz hatte die dortige Landes-AfD bereits 2021 als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft. Gegen diese Entscheidung wurde nicht geklagt. Kramer steht seit 2015 an der Spitze des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz.(dpa, epd)