Endlich auf Augenhöhe mit dem Westen

Und so fordern CDU und SPD bei der Ministerpräsidentenkonferenz Ost gemeinsam eine Investitionsoffensive. Die im Bund geplanten 500 Milliarden für die Infrastruktur sollten schnell und unkompliziert ausgezahlt werden. Die Energiepreise müssten runter, Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte vereinfacht und beschleunigt werden. Außerdem müsse man endlich Gerechtigkeit schaffen, auch beim Thema Geld. Die Gewerbesteuerzerlegung finden die Ministerpräsidenten Ost mehr als ungerecht. Ihre Forderung: Die Gewerbesteuer solle künftig dort gezahlt werden, wo sie auch erwirtschaftet wurde. Die Botschaft: Der Osten ist es leid, nur die verlängerte Werkbank zu sein. Die Niederlassung im Osten macht Gewinne und die wandern direkt ins Portemonnaie vom Mutterschiff im Westen. Das Prinzip solle künftig nicht mehr gelten.

Stattdessen sollten die Gewinne auch in die Steuersäcke der Kommunen im Osten fließen. Was vielversprechend klingt, dürfte den Verhandlern in Berlin kaum gefallen. CDU und SPD müssten da den großen Konzernen im Westen auf die Füße treten, gerade in Nordrhein-Westfalen. Im Sondierungspapier findet sich dazu bisher nichts. Es ist wohl eher unvorstellbar, dass Merz und Klingbeil dazu bereit sind. Die Hausmacht bei CDU und SPD sind die mitgliederstärksten Verbände. Die dürften kein Interesse daran haben, dass ihre Kontakte zur heimischen Wirtschaft im Westen leiden. Und so dürfte dieses Ansinnen der Ost-Ministerpräsidenten wohl vorerst Wunschdenken bleiben. Die Idee und der Vorstoß, die Gewerbesteuer zu reformieren ist aber richtig und wichtig – und fast 35 Jahre nach der Deutschen Einheit mehr als überfällig. Egal. Bescheidenheit ist kein ostdeutsches Attribut mehr.

Mehr Themen und mehr Gesichter für den Osten

Mach’s, wie Luther einst sagte: „Tritt frisch auf, tu’s Maul auf.“ Ja, sie trauen sich, endlich selbstbewusst einzufordern, was den Menschen in Ostdeutschland guttun soll. Und diese Menschen wollen auch gesehen werden. Mario Voigt sagt es, Dietmar Woidke ebenfalls. Manuela Schwesig findet das auch. Michael Kretschmer und Reiner Haseloff sehen das genauso. Da haben sie mal ihre ganz eigene Rechnung angestellt und daraus ihre Ansprüche an die künftige Regierung abgeleitet.

Mario Voigt spricht aus, was alle denken. „Wir verkörpern 20 Prozent der Bevölkerung Deutschlands und das wollen wir auch in einem neuen Bundeskabinett vertreten sehen.“ Das heißt nach ihrer Rechnung: drei Posten für den Osten plus Ostbeauftragten. Da sind wir wieder am Anfang. Einmal in Gedanken durchgespielt, wer für einen Ministerposten infrage kommt, wird schnell klar: Beiden Parteien ist es in den letzten Jahren – vielleicht sogar Jahrzehnten – viel zu selten gelungen, ostdeutsche Köpfe im Bundeskabinett durchzusetzen.