Stuttgart. „In dem Moment, in dem ich auf der Bühne stand und vor fast 600 Frauen gesprochen habe, habe ich geheult“, sagt Jennifer Reeves. „Das, was 2024 passiert ist, fühlt sich an wie auf der Achterbahn, wenn man den riesigen Berg runterfährt und einem dieser aufgeregte Schrei im Hals stecken bleibt.“ Mit ihrem Festival „Bitchfest“, das im September 2024 erstmals stattgefunden hat, wollte sie Frauen dazu motivieren, ihre Bedürfnisse auszusprechen und einzufordern. Nun veranstaltet sie am 28. Juni 2025 erneut ein „Bitchfest“ – diesmal statt im Stadtpalais in der Staatsgalerie. Welche Workshops und Vorträge in diesem Jahr geplant sind, und welche Programmpunkte sich bewusst am Mädchen unter 16 Jahren richten, hat sie im Gespräch verraten.

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„ Beim Bitchfest waren wir einfach normal in unserer Vielseitigkeit“

Die Veranstaltung richtete sich bewusst an FLINTA ( Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nicht-binäre, transgeschlechtliche und agender Personen ) zwischen 10 und 55 Jahren, um deren Selbstbestimmung hervorzuheben. Besonders stolz mache Jennifer Reeves im Rückblick auf das erste Festival, wie verschieden ihr Publikum dennoch war. „Ich habe damit so viele unterschiedliche Frauen angesprochen. Da waren so viele unterschiedliche Typen dabei – von der Vorstandsvorsitzenden zur Erzieherin, von Frauen, die Perlenohrringe und Faltenrock tragen und welche, die den gesamten Kopf tätowiert hatten“, so Reeves.

Diese Diversität habe sie besonders berührt – denn bei anderem Femalte-Empowerment Veranstaltungen (Anmerkung: Die Bewegung „female empowerment“ steht für weibliche Selbstermächtigung ein) habe sie oft selbst erlebt, wie es ist, aus einer homogenen Gruppe herauszustechen. „Beim Bitchfest waren wir einfach normal in unserer Vielseitigkeit – und haben nicht versucht, uns in Schubladen zu stecken, sondern genau diese Unterschiede gefeiert.“ Das Bitchfest sei ein sicherer Ort für alle gewesen. „Es war ein Tag, aus dem ich für mich ganz, ganz viel mitnehmen konnte! Hab mich noch nie mit so vielen Frauen aus so unterschiedlichen Lebenssituationen verbunden gefühlt“, wird eine der Teilnehmenden im Nachbericht zitiert.

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Mütter und Töchter auf dem „Bitchfest“: Ein sicherer Ort für alle

Bereits in Vorbereitung auf das „Bitchfest“ 2024 hatte Jennifer Reeves Wert darauf gelegt, Angebote auch für Mädchen zugänglich zu machen. „Für mich war das auch ein besonderer Moment, denn meine Tochter, meine Nichte und meine Patenkinder waren ja auch mit dabei. Sie haben sich selbstständig auf dem „Bitchfest“ bewegt und wir haben trotzdem immer wieder zusammengefunden und standen Arm in Arm vor der Bühne oder haben Workshops zusammen besucht;“, sagt sie. Jennifer Reeves betont, dass es ihr nicht um Kinderbetreuung, sondern um gemeinsame Momente zwischen Müttern und Töchtern geht. Deswegen werde es 2025 spezielle Angebote für Mütter und ihre Töchter geben.

Einer dieser Workshops nimmt das Thema Selbstbehauptung in den Fokus. Hier sollen Mädchen zwischen zehn und 16 Jahren lernen, sich nicht nur körperlich selbst zu verteidigen, sondern durch Sprache und Haltung Grenzen zu setzen – sei es in der Familie, im Freundeskreis oder in der Schule. Auch wird es 2025 wieder einen Workshop zur Zyklusgesundheit geben, der sich vor allem auch an Mädchen richtet. 

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Wie begegne ich rechten Parolen? Workshop auf dem Bitchfest

Der Workshop „Allyship“ richtet sich sowohl an Mädchen als auch an Frauen. Die Frage, wie man gut auf rechte Parolen reagiert, soll dort thematisiert werden – und beschäftigt Jennifer Reeves auch selbst. „Das ist etwas, was mir wichtig ist, wenn ich beobachte was in der Welt gerade passiert. Als ich im jungen Teenageralter war, habe ich nachts Albträume bekommen von den Anschlägen auf Asylsuchenden-Heime, die in den 90er-Jahren vermehrt verübt worden sind, und jetzt ist wieder so eine Zeit, in der ich Angst habe“, sagt sie. Dieser Angst möchte sie auf dem „Bitchfest“ einen Raum geben und mit anderen in den Austausch gehen. Im Workshop soll den Teilnehmenden außerdem gezeigt werden, wie sie in ihrem „eigenen, kleinen Umfeld Dinge beeinflussen können“.

Workshops zu Brustkrebs, Burnout und Neurodivergenz

Ein weiteres Workshop-Highlight ist für Jennifer Reeves der Programmpunkt „Boobs Don’t Lie“, bei dem Frauen über Brustkrebs aufgeklärt werden sollen und lernen können, wie sie selbst ihre Brust abtasten. Neben diesen Workshops freut sich die Veranstalterin vor allem auf die Speakerinnen Tara Luise Witwer und Nicole Zacharias. „Ich habe dieses Jahr versucht, verschiedene Generationen von Feministinnen auf das Festival zu holen“, sagt Reeves.

Außerdem wird es im moderierten Talk „Brei, Business, Burnout?“ mit Tante Kante über Mutterschaft und Gesellschaftsbilder gehen, und der Vortrag „Bitch, My Brain Is Different“ über Neurodivergenz und ADHS bei Frauen aufklären. „Ich weiß, dass das ein ganz wichtiges Thema ist – auch gesellschaftlich – und da möchte ich unterstützend eine Plattform anbieten“, sagt Jennifer Reeves über den Vortrag von Linda Rohde, Vreni Frost, Kathrin Weßling und Lukas.

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Tickets und Info

Alle Workshops, Vorträge und musikalische Acts werden auf der Website des „Bitchfests“ geteilt. Dort können auch die Tickets zum Preis von 69 Euro (Erwachsene), 59 Euro (Kinder über 12 Jahre und Ermäßigte) und 149 Euro (Karma Ticket) erworben werben. Mit dem Kauf eines „Karma Tickets“ ermögliche man Inhaberinnen der Bonuscard Stuttgart den vergünstigten Eintritt.