Berlin – Seit achteinhalb Jahren – seit dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt 2016 – stehen an der Gedächtniskirche provisorische Riesenpoller und verbogene Drahtkörbe, gefüllt mit schmutzigen Sandsäcken. Diese Sperren sollen verhindern, dass Fahrzeuge auf den Platz gelenkt werden.

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Dieses „Zufahrschutzkonzept“ war 2016 von der Senatsinnenverwaltung als „Pilotprojekt“ gedacht, um zu erproben, „in welchem Umfang und auf welche Art und Weise öffentliche Räume in Berlin vor Überfahrten mit Kraftfahrzeugen wirkungsvoll geschützt werden können“.

Ergebnisse dieses Pilotprojekt hat es nie gegeben, aber das Pilotprojekt ist immer noch da. Es ist ein erbärmliches, trostloses, hässliches Bild, das sich den Passanten bietet – ausgerechnet an diesem zentralen wichtigen Ort rund um die Gedächtniskirche.

Der Direktor vom Hotel Palace im Europa Center, Michael Frenzel, der tagtäglich auf den Platz schaut, nennt ihn, traurig und genervt, aber sehr treffend, „unser schmutziges Wohnzimmer“.

Die provisorischen Sperren an der Gedächtniskirche bieten ein erbärmliches, trostloses Bild. Senat und Bezirksamt streiten seit acht Jahren um ein Sicherheitskonzept für den Breitscheidplatz. Ein greifbares Ergebnis ist nicht in Sicht.

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Seit achteinhalb Jahren können sich Bezirk und Senat nicht auf eine dauerhafte Sicherung des Platzes einigen. Wenn man nachfragte, wurde man von Pontius zu Pilatus geschickt: Vom Innensenat zum Verkehrssenat, zum Bausenat und zum Bezirksamt und wieder zurück.

Das von den Grünen geführte Berliner Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf plädiert für den Umbau der Budapester Straße: Zwischen Hardenbergplatz und Europacenter sollen die Fahrbahnen so verengt werden, dass man von der Straße aus gar nicht mehr auf den Breitscheidplatz fahren kann. Dann, so der Plan, wären Poller und Sperren überflüssig.

Die Grünen wollen auf diese Weise die Sicherheit mit reduziertem Autoverkehr verbinden. Genau deshalb wurde der Plan von der Senatsverkehrsverwaltung abgelehnt, die die Budapester Straße als leistungsfähige Verkehrsachse erhalten möchte.

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Doch das Bezirksamt hat sich offenbar durchgesetzt. Bürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne) sagte am Rande einer Bürgerversammlung auf dem Breitscheidplatz am Wochenende, dass man sich mit dem Senat auf den Umbau der Budapester Straße geeinigt habe. Das berichtet die Berliner Morgenpost.

Einen Zeitplan für diesen Umbau gibt es nicht – und das ist der größte Haken. Denn wer Berlin und seine Verwaltung kennt, der weiß, dass der Umbau einer Straße hier mindestens zehn Jahre dauert.

Allein für die Planung kann man locker von fünf Jahren ausgehen. Wenn dann das Geld nicht reicht, wird der Baubeginn immer wieder verschoben. Genau das ist angesichts der sich zuspitzenden finanziellen Not der Stadt sehr wahrscheinlich.

Der Vorschlag der Grünen im Bezirksamt ist also der denkbar schlechteste, weil niemand weiß, wann er umgesetzt wird und ob überhaupt. Sie sorgen dafür, dass der Breitscheidplatz „unser schmutziges Wohnzimmer“ bleibt. Traurig ist das.

Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de