„Wir haben uns unglaublich willkommen gefühlt“, sagte Firmbach bei der Vorstellung des Programm für die Spielzeit 25/26. Angesichts der allgemeinen Lage könne er zufrieden sein mit der Resonanz und vor allem mit der Offenheit für Unbekanntes. Die Zuschauerzahlen, die freilich immer noch deutlich unter den sehr guten Jahren liegen, sind nicht eingebrochen. Trotz des Damoklesschwerts von Kulturkürzungen plant er mit 29 Premieren und 30 Wiederaufnahmen. Das ist allerdings weniger als in seiner ersten Spielzeit. Im ersten Jahr sei das komplett erneuerte Team besonders ehrgeizig gewesen, sich zu präsentieren. Allein in der Oper waren zehn Premieren angesetzt, darunter auch Mitbringsel aus Osnabrück, die nun abgearbeitet seien. „Jetzt sind wir auf der normalen Flughöhe.“
Oper
Einen Leckerbissen für Fans von Jean-Philippe Rameau bringt die Opernsparte gleich zu Beginn am 4. Oktober mit der lange verschollenen Barockoper „Les Boréades“, die in den 1970er-Jahren wiederentdeckt wurde. Die Dramaturgin Stephanie Twiehaus vermutet, dass die Proben zur Uraufführung 1763, 26 Jahre vor der Französischen Revolution, wegen des Geists der Aufklärung , der das Werk durchzieht, durch die Zensur abgebrochen wurden. Umsetzen kann das Werk nur ein Vollspartenhaus wie Karlsruhe, denn das Ballett ist ungewöhnlich stark eingebunden.
Der Opernspielplan führt hernach noch sieben weitere Premieren: Richard Wagners „Lohengrin“ am 16. November, Missy Mazzolis „Breaking the Waves“ nach Lars von Triers gleichnamigem Film am 18. Januar 2026, Francis Poulencs „Dialogues des Carmélites“ am 24. Januar, Vincenzo Bellinis Bellcanto-Oper „La straniera“ am 29. März, Benjamin Brittens „A Midsummer Night’s Dream“ am 17. Mai und Giuseppe Verdis „Rigoletto“ am 27. Juni. Bei der Auswahl der Regisseure legt von Bernuth nach eigenen Worten Wert darauf, dass sie die Stücke ernst nehmen und nicht verbiegen.
Der Farinelli-Wettbewerb sorgte bei den Karlsruher Händel-Festspielen im Februar für Aufsehen – hier Teilnehmer Uriya Elkayam.Foto: Felix Grünschloss
Die Internationalen Händel-Festspiele werden von René Jacobs und dem Freiburger Barockensemble am 20. Februar mit „Tamerlano“ eröffnet in einer Inszenierung von Kobie van Rensburg. Festhalten will das Haus am Farinelli-Wettbewerb, den von Bernuth gar als Weltmeisterschaft der Countertenöre apostrophierte. Vor allem im Internet sei der Zuspruch für die erste Auflage riesig gewesen, dem Stream folgten 16.000 Menschen. Der Sieger Dennis Orellana aus Honduras dürfe die Hauptrolle in einer konzertanten Aufführung von „Atalanta“ singen. Auch den Nachwuchspreisträger Lidor Ram Mesika aus Israel hat das Staatstheater verpflichtet: für den Oberon im Sommernachtstraum.
Wiederaufgenommen werden in Karlsruhe unter anderem Mozarts „Don Giovanni“, Puccinis „La Bohème“, Humperdincks „Hänsel und Gretel“ , Strauss’ „Rosenkavalier“ sowie „Die Comedian Harmonists“ von Franz Wittenbrink, die erst am 12. Juli Premiere haben werden – als Ersatz für die aus Spargründen abgesagte große Musicalproduktion „Jekyll & Hyde“ von Frank Wildhorn. Die „Wreckers“ von Ethyl Smyth, die immer ausverkauft waren und deren deutsche Erstaufführung dem Haus in der vergangenen Spielzeit überregionale Aufmerksamkeit bescherten, werden erst wieder im Oktober 2026 zu sehen sein – zu dicht gepackt sei der Spielplan, sagte Opernchef Christoph von Bernuth.
Schauspiel
Die Schauspielsparte will weiter an politischen Stoffen festhalten, die in der aktuellen Spielzeit auf große Resonanz gestoßen seien – etwa Bertold Brechts „Furcht und Elend des Dritten Reiches“, das wieder in den Spielplan aufgenommen wurde. Die nächste Saison eröffnet am 3. Oktober mit Henrik Ibsens Klassiker „Peer Gynt“ als erste von sieben Premieren: visuell ausgeleuchtet zwischen analoger und virtueller Wirklichkeit. Es folgen Suzie Millers „Prima Facie“ um den Kampf gegen Missbrauchsvorwürfe am 12. Oktober, Ödön von Horváths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ als Pop-Oper, in der jede Dialogzeile gesungen wird, am 6. Dezember, und am 14. Februar 2026 eine Bühnenfassung von Aki Kaurismäkis Film „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“, in der gar nicht gesprochen wird. Heinrich von Kleists Klassiker „Der zerbrochne Krug“ soll am 14. März als Western herauskommen, Lucy Kirkwoods „Moskitos“ am 17. April und eine Adaption von Joachim Meyerhoffs jüngsten Romans „Man kann auch in die Höhe fallen“ am 10. Mai. Wiederaufgenommen werden unter anderem „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“ von Meyerhoff und das Erfolgsstück „Die Wut, die bleibt“.
Ballett
Nach der Koproduktion mit der Karlsruher Oper in Jean-Philippe Rameaus „Les Boréades“ sind drei weitere Premieren zwischen „Barfuß und Spitze“ geplant. Am 30. November geht der Doppelabend „La Dolce Vita“ an den Start mit Johan Ingers humorvollem Stück „B.R.I.S.A.“ und einer Federico-Fellini-Hommage von Hauschoreografin Kristina Paulin. Am 18. April 2026 baut das Staatsballett seinen programmatischen Schwerpunkt mit der Uraufführung des abendfüllenden Handlungsballetts „Dracula“ weiter aus: Kenneth Tindall verlegt den Stoff in die moderne Modewelt. Am 6. Juni folgt ein dreiteiliger Abend unter dem Titel „Statements“, der das ikonografische Stück „Petite Mort“ des Jahrhundert-Choreografen Jiří Kylián kombiniert mit „Blind Dreams“ des Karlsruher Ballettchefs Raimondo Rebeck und einer Neukreation des Newcomers Houston Thomas.
Wiederaufgenommen werden das Handlungsballett „Romeo und Julia“ von Jean-Christophe Maillot, „Das Mädchen & Der Nussknacker“ von Bridget Breiner und der Ballettabend „Leuchtfeuer“.
Konzert
Bei der Badischen Staatskapelle kündigt sich der Abschied von Generalmusikdirektor Georg Fritzsch an. Bei den acht Sinfoniekonzerte testet das Orchester die Zusammenarbeit mit potenziellen Nachfolgern: Felix Bender, Killian Farrell und Hendrik Vestmann sind als Gastdirigenten verpflichtet. Auch steht dem Orchester eine große Verjüngung in Haus, denn viele Ensemblemitglieder verabschieden sich im Sommer 2027 in den Ruhestand. Die Hauptwerke der Konzertabende sind Richard Strauss’ Sinfonie „Aus Italien“, Edward Elgars erste Sinfonie, die Erste von Jean Sibelius, Mozart Große g-Moll-Sinfonie, Ludwig van Beethovens siebte Sinfonie, Antonin Dvoraks sechste Sinfonie, Gustav Mahlers monumentale dritte Sinfonie und Johannes Brahms’ Erste. Ein Schwerpunkt liegt auf Musik aus den nordischen Ländern. Als Solisten werden Pianist Kalle Randalu, Geigerin Baiba Skride und der Cellist Maximilian Hornung zu Gast sein, aus den eigenen Reihen treten Konzertmeister Janos Ecseghy an der Violine und Trompeter Samuel Barber ins Rampenlicht.
Junge und digitale Sparte
Unter den acht Premieren des junges Staatstheaters kommt als publikumsträchtiges Weihnachtsmärchen „Die Schneekönigin“ und im Februar 2026 Michael Endes „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“, der humorvoll von einem Trank gegen bösen Zauber erzählt. Ins Repertoire kommen auch wieder zwei neue Klassenzimmerstücke: „Die Eisbärin“ und das Auftragswerk „Habibi, das ist echt!“, das den Blick für Fluchtgeschichten öffnet. Zusammen mit den zwölf Wiederaufnahmen ist der Spielplan prall gefüllt.
Im Digitaltheater kommt ein gemeinsamer Couchabend mit Smartphone im neuen Entree: „Broadcast Yourself“ über das Phänomen YouTube. Die Stadtoper „Paradise Found“ auf der Basis von Interviews mit Karlsruhern geht in die zweite Runde.
Insel als Ausweichquartier
Auch die Sanierung und Erweiterung des 50 Jahre alten Gebäudes schreitet voran. Der frühere Mitarbeiterparkplatz ist derzeit eine große Baustelle. Während der kommenden Spielzeit wird hier der neue Trakt (Modul 2) an den Bestand angeschlossen. Hier entsteht das neue Probenzentrum. Das Studio ist nicht mehr nutzbar, und Produktionen werden in die Insel und andere städtische Räume verlegt.
Der Startschuss für die neue Spielzeit fällt mit dem großen Theaterfest am 20. September. Der Vorverkauf für einige Vorstellungen der 48. Händel-Festspiele 2026 ist bereits gestartet. Die Vorstellungen des normalen Spielplans im September und Oktober werden am 1. Juli freigeschaltet, die gesamte neue Spielzeit geht am 28. Juli in den Verkauf.