Er gilt seit sehr langer Zeit als Symbol für das Leben, für Fruchtbarkeit, für die oft weit verzweigten Wurzeln der Familie. Wenn er nach dem Winter wieder grüne Blätter bekommt, ist das auch für die Menschen ein Zeichen des Aufbruchs.

Doch nicht immer ist der Baum beim Stadtmenschen wohl gelitten. Im Schnitt zwei Anträge auf die Fällung eines Baumes gehen pro Woche bei Annika Bork ein. Teilweise stellen die Eigentümer den Antrag, teilweise eine Fachfirma, die sie beauftragt haben. Die studierte Forstwissenschaftlerin und Wald-Ökologin ist seit Anfang der Jahres beim Umweltamt der Stadt Remscheid zuständig für den Baumschutz. Wenn sie gerufen wird, wollen Bürger zumeist einen Baum, der auf ihrem Grundstück steht, fällen lassen. Die Gründe, die dafür genannt werden, sind vielfältig. Das kann die Sorge sein, dass der Baum bei einem Sturm umfallen könnte. Oder der Wunsch, das Grundstück anders zu nutzen.

Annika Bork prüft dann bei einem Ortstermin, ob eine Fällung gerechtfertigt ist. Denn Remscheid hat eine Baumschutzsatzung. Laubbäume mit einem Stammumfang über 1,20 Meter sind geschützt, bei Nadelbäumen liegt die Grenze bei einem Umfang von 2,70 Metern. Wer diese Bäume ohne Genehmigung fällt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Außerdem muss eine Ersatzpflanzung erfolgen. Auch ein Beschneiden der Bäume, etwa weil der Schattenwurf stört, ist nicht einfach so möglich.

„Es muss einen Grund geben, dass der Ast geschnitten werden muss“, sagt Annika Bork. Etwa dann, wenn er gegen die Fassade drückt. „Wenn er mich stört und wenn er schief gewachsen ist, reicht das nicht.“ Auch die Mühe, die die Beseitigung des abgefallenen Laubs im Herbst macht, ist kein Argument für eine Fällgenehmigung. Kompromisse gebe es in dieser Frage nicht. Entweder es muss was gemacht werden oder nicht. Wenn nichts gemacht werden müsse, „ist es höchste Priorität, den Baum zu schützen und so zu belassen, wie er ist“, sagt die Expertin.

„Es ist ein bisschen mit Mühe verbunden, wenn man Bäume hat“, sagt Annika Borks Kollege Frank Stiller. Neben der Beseitigung des Laubs gehe mit dem Besitz von Bäumen auch eine Verantwortung einher. Man muss etwa schauen, ob ein Ast abzubrechen droht. Alle paar Jahre muss zudem Totholz aus dem Baum geholt werden. Je nach Größe des Baums muss dafür dann eine Fachfirma beauftragt werden. Das kostet Geld, das manch einer lieber für andere Dinge ausgeben würde.

Stiller bedauert, dass die Zahl der Menschen, die einen Baum als störend empfinden, steigt. „Bäume haben einfach ihren Wert“, sagt Stiller. Sie sorgen für Beschattung, für gutes Klima und einfach auch für schöne Grundstücke“. Stiller verweist auf die Vergangenheit der Handelsstadt Remscheid. Von ihren Reisen in alle Welt brachten die Werkzeughändler exotische Bäume mit zurück in die Seestadt auf dem Berge. So kommt es, dass vor so mancher Villa in Remscheid Nadelbaum-Raritäten oder Mammutbäume stehen. „Das war ein Ausdruck des Stolzes. Man hatte nicht nur das Haus, sondern drum herum repräsentative, schöne Bäume.“ Die imposanten Exoten in Remscheid seien auch der Grund gewesen, warum man sich in Remscheid entschieden habe, Nadelbäume mit in die Baumschutzsatzung zu holen.

Wenn sie in der Stadt unterwegs sind, haben Bork und Stiller ein besonderes Auge auf die Bäume. Wo wurde möglicherweise schon Hand angelegt, obwohl keine Genehmigung vorlag? Unterstützung gibt es auch von Bürgern, die bemerken, dass auf dem Nachbargrundstück die Säge angeworfen wird.

Dass Bußgelder verteilt werden müssen, weil ein Baum wissentlich gefällt wurde, der unter Schutz stand, passiert in Remscheid allerdings selten. Häufiger kommt es vor, dass Bäume so beschnitten werden, dass es ihnen schadet. Erkennen Annika Bork oder ihre Kollegen eine solche „Baumwunde“ wird der Besitzer angeschrieben und zunächst um Stellungnahme gebeten.