Die Simson Schwalbe war der erfolgreichste Roller der DDR. Das Kleinkraftrad mit 50-Kubikzentimeter-Zweitaktantrieb und 60 km/h Höchstgeschwindigkeit hat sich zwischen 1964 und 1986 über 1,5 Millionen Mal verkauft und genießt unter den immer noch zahlreichen Fans Kultstatus. Die typischen Züge des Simson-Rollers mit den 16-Zoll-Rädern griff 2017 ein Retro-Elektroroller auf, der im Fokus auf urbane Mobilität und Nachhaltigkeit neu entwickelt worden war. Jetzt hat ihr Hersteller Govecs aus München die eSchwalbe gründlich überarbeitet. Wir durften sie bereits testen.
In der Neuauflage kommt die eSchwalbe in drei Leistungsvarianten, wir hatten die Möglichkeit, sie in der schnellsten Version L3e zu testen, die 93 km/h erreicht. Im Gegensatz zu den langsameren Varianten mit Radnabenmotor (auf 45 respektive 61 km/h begrenzt), verfügt die eSchwalbe L3e über einen Mittelmotor, der seine Kraft von 6 kW Dauerleistung und 8,5 kW Spitzenleistung per Zahnriemen auf das Hinterrad überträgt. Sie darf mit dem Führerschein A1 ab 16 Jahren chauffiert werden, auch Autofahrer mit B196 können die eSchwalbe legal im Straßenverkehr bewegen.
Retrodesign im Stil der Simson Schwalbe
Für das Vorbild typisch sind das eckige Scheinwerfergehäuse mit der Rundlampe, die Seitenverkleidungen des Hecks mit den beiden waagerechten Streifen. Auch den breiten Beinschild und den voluminösen Vorderradkotflügel zitiert die eSchwalbe nach ihrem Vorbild. Die Sitzbank hält sich ebenfalls an historische Vorgaben und fällt entsprechend nicht allzu üppig aus, lässt aber zwei Personen noch genügend Platz. Ungewohnt ist der Anblick einer großen Steckdose an der hinteren Seite des Beinschilds. Die Karosserie der eSchwalbe besteht aus durchgefärbtem Kunststoff und ist passgenau gearbeitet. Die Karosserie bietet im unter dem seitlich aufklappbaren Sitz vergleichsweise magere fünf Liter Stauraum. Für den Gepäcktransport ist bei der Schwalbe traditionell der serienmäßige Gepäckträger mit Spanngurt zuständig.
(Bild:
BMW
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TFT-Display für viele Anzeigen
Ich hocke in 840 mm Höhe und blicke auf ein fünf Zoll großes TFT-Display, das mir die wichtigsten Informationen liefert, einwandfrei ablesbar auch bei ungünstiger Sonneneinstrahlung. Der Bildschirm stellt digital drei Rundinstrumente dar, die Geschwindigkeit, Batteriestand und aktuelle Leistungsabgabe anzeigen. Darunter die wichtige Reichweitenangabe, der Tageskilometerzähler und die Uhrzeit, in der oberen Reihe die Symbole für Blinker, Licht und Bluetooth-Verbindung.
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Der Kultroller Schwalbe wird seit 2017 von der Firma Govecs recht überzeugend als Elektrofahrzeug nachempfunden. Jetzt bekam er eine Überarbeitung. (Bild:
Govecs
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Start-Card
Gestartet wird die eSchwalbe schlüssellos. Sobald ich die Keycard an das Feld unterhalb des Displays halte, meldet sich der Roller bereit. Mit der eSchwalbe-App auf dem Smartphone funktioniert das auch. Vor dem Losfahren muss ich noch einen Knopf im rechten Teil des Beinschilds drücken, dann setzt ein kleiner Dreh am rechten Griff die eSchwalbe lautlos in Bewegung. Auch während der Fahrt habe ich die Wahl zwischen drei Modi: Eco, Cruise und Boost. Nur im Letzteren erreicht die eSchwalbe ihre Höchstgeschwindigkeit, die anderen beiden dienen zum Mitschwimmen im Stadtverkehr und sollen durch eine Leistungsbeschränkung Strom sparen helfen.
Erfreulich handlich
Die eSchwalbe stellt sich als erfreulich handlich heraus. Ohne Eingewöhnung kann ich den 126 kg schweren Roller locker durch den Stadtverkehr dirigieren und dank seines großen Lenkeinschlags auf kleinem Radius wenden. Unerwartet für einen Roller benötigen die 16 Zoll großen Räder etwas mehr Nachdruck, um in Schräglage zu gehen. Den Vorteil genieße ich bei Höchstgeschwindigkeit: Damit wird die eSchwalbe nie nervös, sondern läuft stabil geradeaus. Sie rollen außerdem souveräner über Löcher im Asphalt hinweg. Die Heidenau-Reifen, beide in der Dimension 100/80-16, liefern ordentlichen Grip und geben gute Rückmeldung.
Komfortables Fahrwerk mit Schwächen
Nicht ganz so souverän arbeitet das Fahrwerk. Auf ebenen Straßen erweist es sich als sehr komfortabel, jedoch geben die Federwege von 100 mm vorne und 70 mm hinten bei kurzen Wellen und Rissen im Straßenbelag oder gar auf Kopfsteinpflaster schon merkliche Schläge an den Fahrer weiter. Die Leistungsabgabe des Elektromotors wurde sorgfältig von Govecs ausgetüftelt und darf als gelungen gelten: Die eSchwalbe setzt sich zügig in Bewegung, ohne gleich brutal anzureißen.