Prinz Harry gründete Sentebale einst, um Menschen mit HIV und Aids in Lesotho und später auch in Botsuana zu helfen. Nun klagt das einstige „Herzensprojekt“ des britischen Royals über ausbleibende Spendengelder – interne Streitigkeiten kratzen zudem am Image des britischen Prinzen.

Diese Auseinandersetzung macht in Großbritannien schon seit Tagen Schlagzeilen: Im Streit innerhalb der vom britischen Prinz Harry mitgegründeten Wohltätigkeitsorganisation Sentebale (Deutsch: „Vergiss mich nicht“) hat die Leiterin dem Prinzen nun auch Mobbing und sogar die Diskriminierung schwarzer Frauen vorgeworfen.

Die Stiftungsvorsitzende Sophie Chandauka äußerte sich in einem Interview mit dem britischen Sender Sky News, das am Sonntagabend veröffentlicht werden sollte, aus dem aber bereits vorab zahlreiche Details in den Medien kursierten. Harry habe mit seiner öffentlichen Rücktrittserklärung als Schirmherr ein „schädliches Stück Nachrichten in die Außenwelt entlassen, ohne mich (…) darüber zu informieren“, so ihr Vorwurf an den Prinzen.

„Das ist ein Beispiel für Schikane und Mobbing im großen Stil“, fügte Dr. Chandauka laut am Samstag veröffentlichten Auszügen aus dem Interview hinzu.

Die prominente Anwältin will in London klagen

Harry (40) und Sentebale-Mitgründer Prinz Seeiso von Lesotho hatten am Dienstag überraschend angekündigt, ihre Schirmherrschaft innerhalb der Aids-Stiftung „bis auf Weiteres“ abzugeben. Die Beziehungen zu Chandauka seien „nicht mehr zu retten“ gewesen, schrieben sie in einer gemeinsamen Erklärung. Der Rückzug sei ein Zeichen der Unterstützung und Solidarität mit den Mitgliedern des Stiftungsrats, „die dasselbe tun mussten“, hatte es weiter geheißen. „Was geschehen ist, ist unvorstellbar. Wir stehen unter Schock, weil wir dies tun mussten“, hatten die beiden Prinzen hinzugefügt.

Zuvor hatten alle fünf Mitglieder des Stiftungsrates Chandaukas Rücktritt gefordert. Die simbabwische Anwältin hat das Amt seit Juli 2023 inne. Sie wandte sich daraufhin an die britische Aufsichtsbehörde für Wohltätigkeitsorganisationen und brachte den Fall vor den High Court in London. Der Stiftungsrat trat daraufhin geschlossen zurück.

Das ehemalige Stiftungsratsmitglied Kelello Lerotholi sagte Sky News, er sehe keine Begründung für die Mobbing-Vorwürfe gegen Harry. „Ich kann ehrlich sagen, dass in den Sitzungen, in denen ich anwesend war, es so etwas nicht einmal ansatzweise gab“, sagte er. Insider spekulierten gegenüber der Deutschen Presseagentur dpa sogar von einem Ego-Trip der selbstbewussten Juristin: Eine Quelle aus dem Umfeld von Stiftungsratsmitgliedern und Schirmherren habe der dpa mitgeteilt, man habe den „Publicity Stunt“ Chandaukas vorhergesehen, halte aber an dem Rücktritt fest und blicke „der Aufklärung der Wahrheit mit Zuversicht entgegen“.

Rangelei mit Meghan bei einem Wohlfahrts-Event

Was genau zu dem Zerwürfnis und der anschließenden öffentlichen Schlammschlacht geführt hat, ist nicht bekannt. Chandauka erklärte, sie sei angegriffen worden, nachdem sie Bedenken über die Führung der Organisation geäußert habe, unter anderem bezüglich der Behandlung schwarzer Frauen.

Dass es zwischen der selbstbewussten, top qualifizierten Juristin (die promovierte Anwältin für Unternehmensfinanzierung arbeitete unter anderem schon für Zuckerbergs Meta-Konzern) und dem Herzog und der Herzogin von Sussex menschlich kriselt, war allerdings schon länger Thema in der britischen Presse.

Als Beleg herangezogen wird dafür beispielsweise ein Charity-Polo-Turnier, bei dem Herzogin Meghan nicht nur unangekündigt erschien, sondern sich dann mit der Sentebale-Chefin auf offener Bühne auch noch eine Rangelei lieferte um den besten Foto-Platz neben Prinz Harry. Die Sussexes, ihre selbst kreierte Marke (neuerdings verkauft Meghan als Influencerin Marmelade und vermarktet bei Instagram auch Kleidung), aber auch deren „PR“-Abteilung sei „toxisch“, urteilte Chandauka denn nun auch süffisant in dem Sky Interview, dessen Kernaussagen insbesondere in den sozialen Medien bereits eifrig kommentiert werden.

Im Gespräch mit Moderator Trevor Phillips räumte sie denn auch ein, dass es im Nachklang zu dem verpatzten Foto-Opportunity tatsächlich Streit gegeben habe. „Prinz Harry bat mich, eine Erklärung zur Unterstützung der Herzogin abzugeben, und ich sagte, ich würde das nicht tun. Nicht, weil mir die Herzogin egal wäre, sondern weil ich wusste, was passieren würde, wenn ich es täte“, so Chandauka, ohne im Detail zu erläutern, was genau denn hätte „passieren“ können.

Selbstbewusst distanzierte sie sich dann aber noch einmal von dem prominenten Gründer und dessen Frau: „Und zweitens, weil wir (gemeint ist offenbar Sentebale, d. Red.) nicht die Fortsetzung der Sussexes sein können.“

Nun soll eine britische Aufsichtsbehörde helfen

Neben der menschlichen Ebene knirschte es aber offenbar auch im operativen Geschäft. Medienberichten zufolge soll die Stiftung seit einiger Zeit unter schwindenden Spendeneinnahmen leiden.

Dies könnte zum einen an dem Abgang Harrys aus der königlichen Familie („Megxit“) liegen. Im Sky-Interview erklärt die Leiterin denn auch tatsächlich auf Nachfrage hin, dass man nach dem Wegzug Harrys aus Großbritannien etliche Zuwender verloren habe. Aber auch die politische Positionierung des mittlerweile mit Ehefrau Meghan in den USA lebenden Prinzen könnte laut britischen Medien eine Rolle gespielt haben.

Der Herzog und die Herzogin gelten als ultra-liberal und Sympathisanten der US-Demokraten, was zu einer Art Kleinkrieg mit der neuen Administration von Donald Trump geführt hat. Unter anderem wird derzeit von US-Juristen die Visaerteilung an den britischen Prinzen unter die Lupe genommen. Um es sich nicht mit Donald Trump zu verscherzen, hätte laut „Daily Mail“ womöglich zuletzt einige wohlhabende Spender ihre Unterstützung eingestellt.

Der Streit rund um Sentebale dürfte derweil weitergehen: Harry und Seeiso erklärten, sie würden „ihre Bedenken“ über Vorgänge in der Stiftung ebenfalls der Aufsichtsbehörde für Wohltätigkeitsorganisationen mitteilen. Diese teilte der Nachrichtenagentur AFP mit, sie sei sich „dieser internen Probleme bewusst“ und werde diese „bewerten“.

Prinz Harry hatte Sentebale vor fast 20 Jahren zu Ehren seiner bei einem Autounfall ums Leben gekommenen Mutter Diana zusammen mit dem Prinzen von Lesotho gegründet, um Menschen mit HIV und Aids in dem südafrikanischen Königreich und später auch in Botsuana zu helfen. Sentebale unterstützt in erster Linie Aids-Waisen in den beiden Ländern. Dazu gehören einwöchige Camps und Unterstützung bei medizinischer Betreuung und Bildung.

Wie der Machtkampf um Sentebale ausgehen wird, ist offen. Klar ist aber auch: Der Schaden für das Ansehen der Organisation dürfte schon jetzt enorm sein und auch das Image von Prinz Harry könnte durch die erneuten Negativschlagzeilen leiden.

krott mit AFP/dpa