Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist zu einem zweitägigen Besuch in Israel angekommen. Am Mittag landete er auf dem Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv, wo ihn Israels Präsident Izchak Herzog mit militärischen Ehren begrüßte. Herzog war am Vortag in Berlin gewesen und Steinmeier am Morgen
vorausgeflogen. Mit dem Doppelbesuch würdigen beide Staaten die Aufnahme
diplomatischer Beziehungen vor 60 Jahren.
In Jerusalem besuchten Steinmeier und Herzog die Nationalbibliothek
Israels. Später will sich der Bundespräsident dann mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu treffen.
Mit Blick auf den Krieg im Gazastreifen hatte Steinmeier beim Treffen mit Herzog in Berlin an Israel
appelliert, umgehend wieder Hilfslieferungen für die Not leidende
Bevölkerung zuzulassen und bei der Kriegsführung das humanitäre
Völkerrecht einzuhalten. „Die Feinde Israels halten sich nicht an
Regeln, aber wir müssen es tun“, sagte Steinmeier in seiner Tischrede
bei einem Staatsbankett am Abend. „Ohne die Suche nach Frieden werden
Krieg und Besatzung ein Leid ohne Ende.“ Zugleich verwies er auf das
Recht Israels zur Selbstverteidigung.
Treffen mit Netanjahu löst Kritik aus
Trotz lauter Kritik verteidigte Steinmeier ein Treffen mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Jerusalem. Er betonte die Notwendigkeit eines engen Dialogs auch bei tiefgreifenden politischen Differenzen. „Es wäre doch das Einfachste für einen Politiker, schwierigen Gesprächen aus dem Weg zu gehen“, sagte er.
Das geplante Treffen mit Netanjahu hatte in Deutschland für Kritik gesorgt, da gegen Netanjahu ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen vorliegt. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International hatten den Bundespräsidenten aufgefordert, das Treffen abzusagen. Amnesty-Generalsekretärin Julia Duchrow bezeichnete den Besuch als „unnötige Handreichung“ für Netanjahu und als „Affront gegenüber den Opfern“ der israelischen Offensive.
© Lea Dohle
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Steinmeier wies diese Kritik zurück und bezeichnete sie als „sehr einfach“. Sein Besuch finde in einer Zeit statt, „die für Israel schwierig ist, die aber auch für die Freunde Israels Fragen aufwirft“, sagte er. Er werde in seinen Gesprächen auch die Kriegsführung Israels sowie deren Folgen ansprechen. Zudem erwarte er von der israelischen Regierung Auskünfte über deren mittel- und langfristige Pläne in den palästinensischen Gebieten.
Steinmeier will Kibbuz besuchen, den Hamas angegriffen hatte
Am Mittwoch will der Bundespräsident gemeinsam mit Herzog den Kibbuz Be’eri nahe der Grenze zum Gazastreifen besuchen. Die Hamas hatte den Kibbuz bei ihrem Überfall am 7. Oktober 2023 angegriffen. Von den etwa 1.300 Bewohnerinnen und Bewohnern wurden damals nach israelischen Angaben etwa 130 getötet und 50 weitere verschleppt.
Steinmeier hatte den Kibbuz bereits kurz nach dem Hamas-Überfall besucht und deutsche Hilfen in Höhe von sieben Millionen Euro für den Wiederaufbau zugesagt. Am Mittwoch will er sich mit dem Besuch ein Bild vom Fortgang des Wiederaufbaus machen.
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