Das hätte sich Tony Schumalla nie träumen lassen, dass er seine Idole aus der Teenie-Zeit mal in Stavenhagen trifft. „Planet 256 war mein großes Vorbild“, verrät der Stavenhagener Graffiti-Künstler. Er wollte so sein wie er, wie der große Sprüher aus Berlin. „Jetzt kommt der zur ,FritzArt‘. Da geht mir das Herz auf“, sagt der 36-Jährige, der sich beim Fassadenkunst-Festival zu Pfingsten um den Graffiti-Part kümmert.

Schon als Kind für Graffiti-Kunst interessiert

Ohne ihn wäre wohl kaum dieses Event im Juni zustande gekommen. Der gelernte Einzelhandelskaufmann hat in wenigen Jahren einiges bewegt in der Reuterstadt. Vor fünf Jahren war er der Liebe wegen nach Stavenhagen gezogen, hatte hier dann Leute getroffen, die seine Straßenkunst schätzten. Aufgewachsen in Neubrandenburg kam er über seinen Cousin zum Graffiti, schaute als Kind dessen Kumpels über die Schulter, wenn diese Skizzen machten und Bilder an legale Wände in der Südstadt oder am Reitbahnweg sprühten.

„Wenn ich zum See gefahren bin, kam ich da immer vorbei“, erinnert sich Schumalla. Statt zu baden, habe er den Sprayern lieber zugeguckt, sich dann vom mageren Taschengeld Farbdosen gekauft und selbst angefangen. Als Jugendlicher reiste er allein durch Deutschland, um an Graffiti-Jams teilzunehmen – in Bremen, Hamburg, Berlin, Rostock, Wismar oder Greifswald. Fast 15 Jahre hat es gedauert, bis er einen ersten Platz im Battle belegt hat. Der Wettbewerb ist hart.

Ersten Graffiti-Jam zum Stadtfest Stavenhagen organisiert

Die Künstler müssen drei Runden auf Zeit überstehen, bevor sie die Chance aufs Finale haben. Fünf treten jeweils gegeneinander an, erklärt der 36-Jährige. Er hat lange probiert, bis er seinen Style gefunden hat. Die Szene kennt ihn. Seinen Eifer für die Stadt Stavenhagen brachte eigentlich Martin Hofmann ins Rollen, als sie 2023 gemeinsam den ersten Graffiti-Jam zum Stadtfest organisierten und den Rathauschef davon überzeugten, dass Sprühen nicht nur Schmierereien bedeuten.

Daraus entstand die Idee für zwei Wände am Awo-Jugendklub, an denen sich junge Leute mit der Farbdose ausprobieren dürfen, statt an Briefkästen, Papierkörben oder Bänken. Tony Schumalla gibt Workshops und Tipps, sprüht zusammen mit den Kids. Die Wände verändern sich jede Woche. Sogar Sprayer aus Schwerin, Greifswald oder Rostock haben auf der Durchfahrt angehalten und Bilder gemalt. „Es ist der absolute Wahnsinn“, meint er. Und jetzt kommt noch einer dazu.

„FritzArt“ 30 Künstler verschönern Stavenhagen

Zur „FritzArt“ kommen rund 30 Graffiti-Künstler, die in der ganzen Stadt Garagen, Wände und Mauern kreativ gestalten, darunter auch den Awo-Jugendklub und die kleine Turnhalle in der Straße des Friedens. Zudem hat Schumalla 50 bis 60 namhafte Streetartkünstler für die Jam im Schlossgarten eingeladen. Die Battles am Zaun werde kein Geringerer als „Lackycolor“ aus Bochum leiten, sagt er, der sich auch auf einen Fassadenkünstler freut, dessen Arbeiten er schon 20 Jahre verfolgt: „Wow 123“ aus Bremen. „Als der zugesagt hat, hätte ich fast das Handy fallen lassen“, erzählt Schumalla.

Stolz sein dürfe Stavenhagen auch, dass „Amok 156“ hier eine Buchpremiere feiert, seine Autobiografie. In den 1980er-Jahren habe dieser in der Sonderzone Berlins die Anfangszeit der Hip-Hop-Szene mitgestaltet und sei zum unangefochtenen „King“ des Graffiti aufgestiegen.