Der Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge im Grindelviertel geht in eine entscheidende Phase. Heute werden der Fach-Jury die ersten 25 Entwürfe vorgelegt. Entschieden wird, welche knapp ein Dutzend Entwürfe es in die nächste Runde schaffen. Der Gewinner soll im September feststehen.
Es war eine Premiere in zweifacher Hinsicht. Noch nie fand eine Landespressekonferenz auf Einladung der Jüdischen Gemeinde Hamburg statt. Und noch nie saß man in einer solchen Zusammenkunft im Gebetsraum einer Synagoge. Was es mit dem Termin auf sich habe, blieb im Vorfeld vage. Klar war: Der Besuch von Pressevertretern unterschiedlicher Redaktionen in der Synagoge Hohe Weide bildet den Auftakt der insgesamt vierteiligen Reihe „Speed Dating mit dem Judentum“, mit dem die Jüdische Gemeinde unterschiedliche Akteure der Stadt im Laufe des Jahres zu sich einladen wird.
Warum man ausgerechnet diesen Tag auswählt hatte, wurde jedoch schnell deutlich: Heute und morgen erhält die Jury des Architekturwettbewerbs zum Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge Einblick in die ersten 25 Entwürfe. Zum Gremium zählen auch Mitglieder der Gemeinde, darunter Daniel Sheffer, Unternehmer sowie Gründer und Sprecher der Stiftung Bornplatzsynagoge. Im Wechsel mit Rabbiner Shlomo Bistritzky beantwortete er Fragen rund um jüdisches Leben in der Stadt, wobei der laufende Architekturwettbewerb das Hauptthema war. „Der Traum bekommt Konturen. Es ist ein sehr emotionaler Tag für uns“, sagte Sheffer. Die Freude sei groß und zugegebenermaßen sei ihm auch ein wenig mulmig zumute. „Dieser Ort, der ehemalige Bornplatz, ist so hochemotional für uns Juden, nicht nur in Hamburg. Es wird der Ort sein, an dem wir beten und an dem unsere Vorfahren gebetet haben.“
Keine Rekonstruktion, bitte
Es liege in der Natur eines solchen Prozesses, dass auch Ideen aufkommen, die wir an diesem Ort nicht sehen“, so Sheffer, der sich gewünscht hätte, dass der Anteil an Juden, die der Jury angehören, größer ist als jetzt. Von den insgesamt 27 Jurymitgliedern sind sechs jüdischen Glaubens. Doch letztlich überwiege die Neugier auf das, was andere sich an diesem Ort vorstellen können. In vielerlei Hinsicht soll die neue Synagoge deutlich machen, dass die Gemeinde neue Wegen gehen will. „Das Gebäude soll keine Rekonstruktion sein, sondern ein zu Hause für alle Juden. Es soll ein Ort sein, an dem orthodoxe, aber auch liberale Juden beten, nicht unter einem Dach, aber Tür an Tür. Und: Wir wollen keinen Zaun.“ Anders als bei der Synagoge in der Hohen Weide und der Joseph Carlebach Grundschule im Grindelhof hat man ein Sicherheitskonzept vor Augen, das die Rolle der neuen Synagoge als Ort der Begegnung unterstreicht.
Viele fragen sich, wie sich der Kuppelbau einfügt in die Lücke, die das im Pflaster des Platzes eingelassene Mosaik-Mahnmal, das an den einstigen Grundriss der Synagoge angelehnt ist, für ihn freihielt. „Daher wäre es stimmig, das Mahnmal in dem neuen Bau zu integrieren“, so Sheffer. Neben dem Synagogenbau soll der Komplex auch ein weiteres Gebäude umfassen, in dem es einen Gebetsraum für liberale Juden sowie Räume für Begegnung und Austausch geben soll.
Das jüdische Gebetshaus im Grindelviertel war einst das größte seiner Art in Norddeutschland. In der Pogromnacht am 9. November 1938 wurde es zerstört, auf Geheiß der NSDAP-Gauleitung musste es die Gemeinde ein Jahr später auf eigene Kosten abreißen. Eben hier, auf dem leeren Platz, soll die alte Synagoge wieder aufgebaut werden. Der neobarocke Bau von einst prägte einst das Stadtbild. Aus der Bebauung ragte die markante Kuppel in über 40 Meter Höhe hervor und war damit prägender Teil der Silhouette Hamburgs. In der Jüdischen Gemeinde in Hamburg und in der Stadt war vor sechs Jahren der konkrete Wunsch entstanden, diese Synagoge wiederaufzubauen. Für dieses Vorhaben haben Senat und Bürgerschaft sowie der Bund ihre Unterstützung erklärt.
Um die Realisierung des Vorhabens vorzubereiten, wurden in den vergangenen Jahren umfangreiche Untersuchungen zur Klärung der Rahmenbedingungen für den Wiederaufbau der Synagoge durchgeführt. So wurde mit der von dem Bund finanzierten Machbarkeitsstudie geklärt, welche städtebauliche Struktur der künftigen Planung zugrunde gelegt wird. Ebenso wurde das Raumprogramm erarbeitet, auf dem der jetzt laufende Architekturwettbewerb fußt. Zuletzt wurden im Januar 2024 die Untersuchungen des Archäologischen Museums Hamburg auf dem Joseph-Carlebach-Platz abgeschlossen, die bedeutende historische Zeugnisse des zerstörten Bethauses hervorgebrachten. Diese, auch das ist ein Wunsch der Jüdischen Gemeinde, sollen in dem neuen Bau einen Platz finden. „Die archäologischen Funde haben uns noch einmal deutlich vor Augen geführt, welch bedeutendes Stück Hamburg wir nach der Zerstörung jetzt wieder entstehen lassen können“, so Daniel Sheffer von der Stiftung Bornplatzsynagoge.