Eigentlich soll es ein großer, zusammenhängender Landschaftspark werden – von Schönau bis zum Lindenauer Hafen. Deswegen hat die Stadt schon vor Jahren beschlossen, dass alle Gebäude und versiegelten Flächen hier verschwinden sollen. Aber mit der Initiative für einen LebensmittelPort in den dort befindlichen ehemalige Polizeigebäuden ist seit einiger Zeit eine neue Idee im Raum, die im Dezember auch Unterstützung durch die Fraktionen von SPD und Grünen im Leipziger Stadtrat fand. Auf deren Antrag, nicht alle Gebäude abzureißen, reagiert nun das Stadtplanungsamt mit einem Kompromissvorschlag.
Auch wenn nach wie vor gilt: „Der ‚Landschaftspark Schönau‘ soll als zusammenhängender Landschaftspark vom Lindenauer Hafen über die Schönauer Lachen bis zum Schönauer Park und Leipzig-Grünau entwickelt werden. Auf dem benannten Gelände sollen Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen von städtischen Bauvorhaben oder aus Bebauungsplänen umgesetzt werden. Ein Erhalt von Gebäuden und ihre Nutzung für eine regionale Lebensmittelwirtschaft soll in der weiteren Planung geprüft werden.“
Das ist die kleine Änderung, mit der die Stadt jetzt auf den Antrag von SPD und Grünen eingeht.
Das Stadtplanungsamt betont in seiner Vorlage, die am 21. Mai in der Ratsversammlung behandelt werden soll, extra: „Die Flächen westlich des Lindenauer Hafens (Flurstücke 648/10, 648/14 der Gemarkung Lindenau und dem Flurstück 84/2 der Gemarkung Schönau) wurden mittels Grundstückstausch mit dem Freistaat Sachsen ausdrücklich zum Zwecke der Entsiegelung bzw. Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen erworben. Unter Hinzunahme des benachbarten städtischen Flurstücks 1197/46 der Gemarkung Lindenau wurde die Flächenkulisse für die naturnahe Entwicklung gesichert.“
Freistaat will die Gebäude noch ein paar Jahre nutzen
Dabei besteht noch gar kein akuter Handlungsdruck, denn einige der Flächen nutzt der Freistaat Sachsen noch immer und will sie auch weiter nutzen.
„Ein Großteil des erworbenen Areals wird noch mindestens bis Ende 2025 vom Freistaat Sachsen genutzt. Der Freistaat hat zudem die Option, dieses Nutzungsrecht für bis zu fünf Jahre zu verlängern; von diesem Recht möchte der Freistaat nach aktuellem Sachstand auch Gebrauch machen. Auf dieser Teilfläche befinden sich die größten und besterhaltendsten Hallen“, schreibt das Stadtplanungsamt.
Das auch darauf hinweist, dass für eine Erhalt der Gebäude und eine Weiternutzung als LebensmittelPort auch ein neuer Bebauungsplan notwendig wäre.
Denn: „Für die Umnutzung des Geländes als Gewerbestandort besteht derzeit nicht das Planungsrecht. Im Flächennutzungsplan (FNP) ist das Areal seit 2019 als Grünfläche ausgewiesen. Für die Umsetzung der im Antrag geforderten Einrichtung eines ‘Lebensmittel-Ports’ wäre sowohl die Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) als auch die Aufstellung eines Bebauungsplans mit einem gewerblichen Schwerpunkt notwendig.“
Millionen teure Erschließung
Und dann gibt es noch ein nicht ganz billiges Problem: „Eine vollumfängliche Erschließung der Grundstücke auf der Westuferseite des Lindenauer Hafens ist nicht gegeben. Eine Nachnutzung der Bestandsgebäude – insbesondere für die Produktion von Lebensmitteln – würde umfangreiche Anpassungen der infrastrukturellen Ausstattung mit Leitungen und Kanälen, der Wärme- und Stromversorgung, Telekommunikation, Niederschlagswassermanagement etc. erforderlich machen.
Für eine angemessene mediale Anbindung sowie die für den Lieferverkehr notwendige Erschließung des Geländes als Produktionsstandort werden Erschließungskosten in Millionen-Höhe geschätzt. Diese Erschließungskosten müssten von Nutzern übernommen werden. Ob potenzielle Nutzer in der Lage wären, die Erschließungskosten zu tragen, ist unklar. Im kommunalen Haushalt stehen für die Erschließung solch eines neuen Gewerbestandorts auf absehbare Zeit keine Finanzen zur Verfügung.“
Das müssten also die Ideengeber der Egenberger Lebensmittel GmbH klären, welche die Idee des LebensmittelPorts auf den Tisch gepackt haben.
Aber das Stadtplanungsamt gesteht auch zu, dass die Idee nicht verkehrt ist. Deshalb soll sie trotzdem geprüft werden: „Die Möglichkeit des Erhalts von Gebäuden und baulichen Strukturen wird als Prüfauftrag in die Aufgabenstellung des landschaftsplanerischen Wettbewerbs aufgenommen. Denkbar wäre etwa der Erhalt und die Weiternutzung von sogenannten Kalthallen.
Die Förderung der regionalen, ökologischen und sozialen Lebensmittelwirtschaft wird grundsätzlich von der Stadtverwaltung begrüßt. Geprüft werden soll daher, ob und welche Elemente einer Lebensmittelwirtschaft im Sinne des ‚LebensmittelPorts‘ am Standort verträglich mit dem Landschaftspark verbunden werden können.
Parallel steht das Amt für Wirtschaftsförderung im engen Kontakt mit dem Initiator der Projektidee, insbesondere für die Suche nach einer Standortalternative im Stadtgebiet. Bisher kommen für das Unternehmen keine anderen Standorte für die Realisierung eines ‚Lebensmittel-Ports‘ in Betracht. Die Stadtverwaltung unterstützt weiterhin die Vermittlung alternativer Standorte.“
Auch die mögliche Vergabe in Erbbaupacht wird zumindest erwähnt.
Ein Wettbewerb für den Landschaftspark Schönau
Aber zentraler Punkt des Beschlussvorschlags, den die Verwaltung jetzt vorgelegt hat, bleibt auch weiterhin: „Das genannte Gesamtareal soll entsprechend der strategischen Ziele der Stadt Leipzig als Entsiegelungs- und Aufwertungsflächen für Natur, Landschaft und Erholung in Form des ‚Landschaftsparks Schönau‘ entwickelt werden. Bisher sind die Flächen zu großen Teilen mit Betonplatten versiegelt und von Hallen und Werksgebäuden bestanden.“
Dafür soll es noch 2025 einen Gestaltungswettbewerb geben, merkt das Stadtplanungsamt an: „Als Grundlage für die Gestaltung des ‚Landschaftsparks Schönau‘ wird in 2025 ein Wettbewerb durchgeführt. Anhand des Wettbewerbsergebnisses werden die möglichen Wertpunkte für Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen, die auf diesem Gelände umgesetzt werden können, ermittelt.“
Und ebenso kann damit ermittelt werden, ob ein Teil der 32 Hallen und Gebäude auf dem Gelände vielleicht doch für einen LebensmittelPort genutzt werden könnte. Am 21. Mai jedenfalls ist erst einmal eine kleine Diskussion dazu in der Ratsversammlung zu erwarten.