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Nichtregierungsorganisationen und andere Interessierte haben das Urteil des EU-Gerichtshofes im Pfizergate-Fall begrüßt. Demnach hat die Europäische Kommission keine plausible Erklärung dafür geliefert, dass sie angeblich nicht über Textnachrichten im Zusammenhang mit den Corona-Impfstoff-Kaufverträgen mit Pfizer verfügt.
Nach den Enthüllungen der New York Times über die Existenz von Textnachrichten zwischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Pfizer-CEO Albert Bourla beantragte eine dem US-Medium zugehörige Journalistin Zugang zu den Nachrichten.
Damals lehnte die Kommission den Antrag mit der Begründung ab, dass Textnachrichten von Natur aus kurzlebig seien und nicht die Kriterien für die Aufnahme in das Dokumentenmanagementsystem der Institution erfüllen würden.
„Die heutige Entscheidung ist ein Sieg für Transparenz und Rechenschaftspflicht in der Europäischen Union. Sie sendet die deutliche Botschaft, dass Kurzmitteilungen nicht der öffentlichen Kontrolle entzogen sind“, sagte ein Sprecher der New York Times in einer Erklärung nach dem Urteil.
Der Sprecher fügte hinzu, dass das Urteil deutlich mache, dass EU-Verantwortliche verpflichtet seien, Textnachrichten wie jedes andere Dokument zu behandeln, und sagte, dass die Europäische Kommission den Antrag falsch behandelt habe.
Dem Gericht zufolge kann die Kommission nicht einfach behaupten, dass sie nicht im Besitz der angeforderten Dokumente ist; sie muss glaubwürdige Erklärungen liefern, die es sowohl der Öffentlichkeit als auch dem Gericht ermöglichen zu verstehen, warum die Dokumente nicht auffindbar sind.
Nicht der einzige Fall gegen die Kommission
„Das heutige Urteil zeigt deutlich, dass Transparenz und demokratische Rechenschaftspflicht in der Europäischen Union nicht hinter verschlossenen Türen ausgeübt werden dürfen“, sagte die Europaabgeordnete Tilly Metz (Luxemburg/Die Grünen).
Sie fügte hinzu, dass bei wichtigen Entscheidungen und Geschäften, die im Geheimen getroffen werden, die Gefahr bestehe, dass kommerzielle Interessen Vorrang vor dem öffentlichen Wohl hätten.
Metz war an einem anderen Gerichtsverfahren beteiligt, das 2021 gegen von der Leyen wegen mangelnder Transparenz der Impfstoffverträge angestrengt wurde.
In diesem Fall veröffentlichte die Kommission stark geschwärzte Dokumente, was der EU-Gerichtshof später verurteilte, da die Entscheidung der Exekutive, nur zensierte Fassungen der Verträge zu veröffentlichen, Verfahrensfehler aufwies.
Im Jahr 2022 kritisierte auch die EU-Bürgerbeauftragte den Umgang der Kommission mit dem Antrag der New York Times und bezeichnete ihn als „Weckruf“ für die Rechenschaftspflicht der EU. Sie bestätigte ihre Feststellung eines Missstands in der Verwaltungstätigkeit in dieser Angelegenheit.
Als Reaktion auf die heutige Entscheidung erklärte die Bürgerbeauftragte: „Der Gerichtshof – wie auch die Bürgerbeauftragte – hat einmal mehr betont, dass das Recht auf Zugang zu Dokumenten die betroffenen Institutionen dazu verpflichtet, so weit wie möglich und auf nicht willkürliche und vorhersehbare Weise stets Unterlagen über ihre Aktivitäten zu erstellen und aufzubewahren.“
Sie fügte hinzu, dass das Recht auf Zugang zu Dokumenten bedeutungslos werde, wenn Institutionen es versäumten, diese Dokumente zu registrieren und aufzubewahren. Die Bürgerbeauftragte forderte die Kommission außerdem auf, die notwendigen Schlüsse aus dem heutigen Urteil zu ziehen und sicherzustellen, dass das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten vollständig gewahrt bleibe.
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„Dieses Urteil erinnert uns erneut daran, dass die EU von der Rechtsstaatlichkeit regiert wird und ihre Führung der ständigen Kontrolle freier Medien und eines unabhängigen Gerichtshofs unterworfen ist“, sagte Alberto Alemanno, Gründer von The Good Lobby.
Er fügte hinzu, dass der Sieg der NYT „ein Gewinn für alle ist, da dieses Urteil zu einer größeren Verantwortlichkeit für die Handlungen der EU-Führung führen wird.“
EU-Kommission kündigt ausführlichere Erklärung an
„Es gibt immer noch viel Unklarheit, und es sollte Transparenz darüber herrschen, was passiert ist“, sagte Shari Hinds, eine politische Referentin bei Transparency International EU, gegenüber Euronews.
Sie argumentierte, dass vollständige Transparenz und Rechenschaftspflicht unerlässlich seien, wenn es um Entscheidungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit wie die Kaufverträge für die Corona-Impfstoffe gehe, die Millionen von Menschen betreffen.
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„Wir denken, dass das öffentliche Vertrauen wiederhergestellt werden sollte, es gibt offene Fragen und es ist an der Zeit, dass die Kommission ihr Engagement für die öffentliche Rechenschaftspflicht unter Beweis stellt“, fügte sie hinzu.
Die Europäische Kommission hat erklärt, dass sie die Entscheidung des Gerichts genau prüfen werde, bevor sie über die nächsten Schritte entscheide. Die Kommission hat zwei Monate Zeit, um Berufung einzulegen. Sie kündigte außerdem an, eine neue Entscheidung zu erlassen, die eine ausführlichere Erklärung als Antwort auf die ursprüngliche Anfrage der New York Times enthalte.
„Transparenz war für die Kommission und Präsidentin von der Leyen schon immer von größter Bedeutung. Wir werden uns auch weiterhin strikt an den soliden Rechtsrahmen halten, den wir zur Durchsetzung unserer Verpflichtungen haben“, erklärte die Kommission.
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