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  1. Seite 1La Boom


  2. Seite 2Nie wieder wollte man in Frankreich so verwundbar sein

  3. Seite 3Frankreich fällt es leichter, sich von den USA zu lösen

Als Russland vor drei Jahren die Ukraine überfiel, verließen weit entfernt in der französischen Bretagne zwei Atom-U-Boote ihren gut geschützten Hafen. Jedes von ihnen 138 Meter lang, mehr als 14.000 Tonnen schwer und mit bis zu 16 Atomraketen bestückt. Insgesamt zählt die französische Flotte vier solcher U-Boote, wo sie unterwegs sind, fällt unter das militärische Geheimnis. Auch der Einsatzbefehl für die zwei zusätzlichen Boote wurde offiziell nicht bestätigt, doch hatten mehrere französische Zeitungen verlässlich darüber berichtet. Und Atommächte verstehen sich auch ohne Worte.

Wir nehmen die Situation bitterernst – das war die eine Botschaft, die Frankreichs Präsident Emmanuel Macron damals mit dem Auslaufbefehl an Wladimir Putin in Moskau sandte. Die andere: Glaub nicht, dass du uns einschüchtern kannst!

Nun, da Europas Sicherheit nicht nur von Russland bedroht, sondern auch von Donald Trump infrage gestellt wird, hat Emmanuel Macron gemeinsam mit dem britischen Premierminister Keir Starmer die Führung Europas übernommen. Beide haben in den vergangenen Wochen zu Krisentreffen eingeladen, erst nach Paris und dann nach London. Beide sind nach Washington gereist, um Trump persönlich davon zu überzeugen, die Ukraine und Europa nicht fallen zu lassen. Beide haben mit dem US-Präsidenten und mit Wolodymyr Selenskyj gesprochen, nachdem der eine den anderen im Weißen Haus vorgeführt hatte. Beide, Macron und Starmer, haben sich bereit erklärt, eigene Soldaten in die Ukraine zu schicken, falls es notwendig werden sollte, dort einen Waffenstillstand abzusichern.

Dieser Artikel stammt aus der ZEIT Nr. 10/2025. Hier können Sie die gesamte Ausgabe lesen.

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Frankreich versteht sich als „ältester Verbündeter“ der USA, seit es den Unabhängigkeitskrieg der Amerikaner im 18. Jahrhundert unterstützt hat. Großbritannien wiederum gilt als „engster Verbündeter“ der USA. Vor allem aber sind das Vereinigte Königreich und Frankreich die beiden einzigen Atommächte in Europa. Was das bedeutet, führt vor allem Macron in diesen Wochen vor.

Der Franzose sieht sich mehr denn je als Wortführer und Antreiber Europas. An diesem Donnerstag kommen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union zu einem weiteren Sondergipfel in Brüssel zusammen. Großbritannien ist dort naturgemäß nicht mehr vertreten. Und Olaf Scholz, der in der EU nie eine starke Rolle gespielt hat, sitzt nur noch als Platzhalter in der Runde.

© Lea Dohle

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Die Europäer müssen in diesen umstürzenden Wochen zwei auf den ersten Blick widersprüchliche Fragen beantworten: Wie kann man Trump kurzfristig davon überzeugen, sich weiter für die gemeinsame Sicherheit zu engagieren? Und was müssen sie tun, um langfristig unabhängiger von den USA zu werden? Die zweite Frage galt in vielen europäischen Hauptstädten noch bis vor Kurzem als Ketzerei – und wer sie dennoch stellte als gefährlicher Abweichler.

Emmanuel Macron sprach vor sieben Jahren an der Pariser Sorbonne-Universität zum ersten Mal über „europäische Souveränität“. Es lohnt sich, die Rede heute noch einmal zu lesen.

Macron sagte damals, Europa habe nicht ausreichend bedacht, wie geschützt es in den zurückliegenden Jahrzehnten heranwuchs. „Seine Sicherheit war nicht seine Angelegenheit: gewährleistet von Amerika.“ Doch „die Dämme, hinter denen sich Europa entfalten konnte“, seien verschwunden. Allein die Europäische Union könnte deshalb künftig „Souveränität gewährleisten, das heißt die Fähigkeit, in der heutigen Welt zu bestehen“. Das erste Element einer künftigen Souveränität, so Macron im Herbst 2017, sei eine gemeinsame Verteidigung. Denn: „Wir erleben in Europa … einen fortschreitenden, unausweichlichen Rückzug der Vereinigten Staaten.“

Damals hatte Donald Trump gerade seine erste Amtszeit begonnen. In Berlin regierte seit zwölf Jahren Angela Merkel. Auch sie hatte die ersten Begegnungen mit Trump bereits hinter sich und hatte dabei festgestellt: „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei.“ Von der Forderung, gemeinsam ein „souveränes Europa“ aufzubauen, zeigte sich Merkel dennoch wenig inspiriert. „Typisch französisch“ sei dieses Gerede, hieß es damals in Berlin.