Die Bundesregierung möchte hierbei eine Vorreiterrolle einnehmen, nachdem Deutschland viele Jahre selbst in der Frage auf der Bremse gestanden hatte. Trotzdem ist es eine Überraschung, dass sich Außenminister Wadephul öffentlich hinter Trumps Forderung nach einer massiven Erhöhung der Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten auf jeweils fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung stellt. Man folge Trumps Einschätzung, dass dies notwendig sei, sagte der CDU-Politiker in der Türkei nach einem Gespräch mit US-Außenminister Marco Rubio.

Die Idee dahinter: Die Bundesregierung möchte Trump Entgegenkommen signalisieren, nicht zuletzt um die Amerikaner als sicherheitspolitischen Akteur in Europa zu halten. Dabei kann Deutschland davon ausgehen, dass sich die Militärallianz am Ende nicht auf fünf Prozent verständigen wird. Denn Länder wie Spanien oder Italien haben große Probleme damit, selbst das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen.

Auch für Wadephul persönlich ist es ein besonderes Nato-Treffen. Immerhin ist er erst wenige Tage im Amt, einige der Außenminister treffen ihn das erste Mal persönlich. Deswegen steht er unter besonderer Beobachtung. Viele Außenministerinnen und Außenminister suchen das Gespräch mit ihm – ein Händedruck, ein kurzer Scherz –, und auch auf dem „Familienfoto“ wird der CDU-Politiker in der Mitte positioniert.

Das Hauptaugenmerk liegt an diesem Donnerstag dennoch auf dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nato-Generalsekretär Mark Rutte sieht trotz des Fernbleibens von Putin bei den Ukraine-Verhandlungen Chancen auf Fortschritte. Er sei weiterhin vorsichtig optimistisch, dass es in den nächsten Wochen zu Durchbrüchen kommen könnte, äußert der Niederländer in Belek. Die Russen müssten aber bereit sein, mitzuspielen.

Vorangebracht werden könnten die Gespräche nur, wenn die Russen mit einer relevanten Delegation erschienen, ergänzt Rutte. „Klar ist: Der Ball liegt jetzt im Feld Russlands.“ Es liege an den Russen, die notwendigen nächsten Schritte zu unternehmen.

Das ist eben das Problem. Dass Putin spontan tatsächlich nach Istanbul reist, damit hat im diplomatischen Zirkus niemand wirklich gerechnet. Trotzdem ist die Enttäuschung über die schwache Besetzung der russischen Delegation auch innerhalb der Nato groß. Der Kreml benannte vier Unterhändler und vier Experten, die nun in Istanbul sind. Demnach wird die russische Delegation von Präsidentenberater Wladimir Medinski, dem stellvertretenden Außenminister Michail Galusin, dem Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin und dem Leiter des russischen Militärgeheimdienstes GRU, Igor Kostjukow, angeführt.