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Autonomes Fahren: Hannover selbstfahrender Linienbus für die Linie 906
In der Region Hannover soll ab dem dritten Quartal 2025 ein autonom fahrender Linien-Omnibus im realen Straßenverkehr Erfahrungen im Probebetrieb sammeln. Das 2017 beschlossene Projekt hat nun alle notwendigen Genehmigungen und selbstverständlich auch einen geeigneten Wagen.
Die Idee dahinter ist, die Mobilitätswende mit autonomen Fahrzeugen im ÖPNV auch außerhalb des Stadtgebiets rund um die Uhr einen Linienverkehr zu ermöglichen. Das Projekt heißt daher „albus“, wie „Autonomer Linien-Bus“. Damit der autonome Omnibus fahren darf, benötigte albus eine Erprobungsgenehmigung des Kraftfahrtbundesamtes (KBA). Sie liegt seit 13. Mai vor und der Betrieb soll schnellstmöglich aufgenommen werden.
Zunächst nur Messfahrten
Vor dem realen Testbetrieb sind aber zunächst Messfahrten nötig. Mit den Daten, die das Fahrzeug auf ihnen über seinen zukünftigen Linienweg und dessen Umgebung lernt, soll es später hochgenau navigieren können. Darüber hinaus muss der Omnibus selbstverständlich in der Lage sein, in Echtzeit die Verkehrsteilnehmer in seiner Umgebung zu erkennen und entsprechend zu berücksichtigen. Nach den ausführlichen Test- und Messfahrten soll im dritten Quartal 2025 eine Anmeldung zum Mitfahren möglich sein. Volljährige Personen können sich dazu über die Website der Üstra mit einem personalisierten QR-Code oder analog auf Papier anmelden. Das Formular will die Üstra in Kürze“ zur Verfügung stellen. Die Fahrten des Testbetriebs in der ersten Projektphase sind kostenlos. Der Bus verfügt über eine Rampe und ist für mobilitätseingeschränkte Personen zugänglich. Das Personal an Bord unterstützt bei Bedarf bei Ein- und Ausstieg.
Das Fahrzeug fährt auf einer Linie der Üstra unabhängig vom regulären Linienbetrieb entlang der Bus-Linie 906 in Burgdorf. Diese Strecke führt rund sieben Kilometer lang durch die Stadt und muss im regulären Mischverkehr mit bis zu 40 km/h bewältigt werden können. Auf der Strecke liegen 13 Haltestellen, zehn Ampelkreuzungen, Kreisverkehre und Fußgängerüberwege.
Einziges Projekt dieser Dimension in Deutschland
„Ich freue mich, dass wir hier in der Region Hannover in Sachen ÖPNV-Innovationen erneut deutschlandweit vorangehen. Dass wir das können, haben wir zuletzt mit dem sprinti bewiesen. Nun machen wir mit dem albus-Projekt weiter. Kein anderes Projekt in Deutschland bringt einen autonomen Bus dieser Größe auf die Straße“, sagt Regionspräsident Steffen Krach. Tatsächlich ist albus das erste Linienbus-Projekt in Deutschland. Ein baugleiches Fahrzeug ist in Stavanger (Norwegen) im regulären ÖPNV im Einsatz, unter anderem Finnland, Michigan (USA), Italien, die Schweiz und die Niederlande erproben autonomen Linienverkehr mit diesem Modell.
Eingesetzt wird ein elektrisch angetriebener Omnibus mit 22 Sitzplätzen und einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern des Herstellers Karsan Otomotiv Sanayii ve Ticaret A.Ş. mit Sitz in Bursa in der Türkei. Das Modell „Karsan autonomous e-ATAK“ wurde vom Projektpartner Adastec für den automatisierten Betrieb mit Sensoren, Hardware und Software ausgerüstet. Die Daten liefern wie üblich LiDAR-, Radar-, Ultraschall- und Infrarotsensoren sowie GNSS zur präzisen Positionsbestimmung und Umfeldwahrnehmung zu ermöglichen. Das Fahrzeug soll damit auf Veränderungen auf der Strecke und das Verhalten von Verkehrsteilnehmern in Echtzeit reagieren. Zudem ist jederzeit ein Fahrer in der Lage, in die Steuerung einzugreifen.
Technische Aufsicht an Bord
Das Fahrzeug soll Autonomie auf Level 4 beherrschen und damit in einem definierten Betriebsgebiet dauerhaft die Steuerung eines Fahrzeugs bewerkstelligen. Im Notfall bringt die Steuerung den Bus automatisch in einen sogenannten risikominimalen Zustand . Die Fahrzeuge müssten daher nur noch durch eine technische Aufsicht aus der Ferne überwacht werden. Mit der Genehmigung, die albus erhalten hat, muss die technische Aufsicht allerdings noch im Fahrzeug stattfinden.
Der Befürchtung, dass die Autonomie von Linien-Bussen zulasten des Personals auswirken könnte, versucht Denise Hain, ÜSTRA-Vorständin und Arbeitsdirektorin entgegenzutreten: „Das Rückgrat der ÜSTRA bleibt unser Fahrpersonal, das mit Leidenschaft Bus oder Stadtbahn fährt. Daran wird sich in den kommenden Jahren nichts ändern. Das autonome Fahren kann, wenn die Technologie ausgereift ist, ein Puzzleteil zur Entlastung sein.“
Die Region Hannover leitet als Aufgabenträgerin des ÖPNV das Projekt. Der Betrieb erfolgt durch die ÜSTRA. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages mit rund 3,7 Mio. Euro bis Mitte 2027 gefördert und fortlaufend weiterentwickelt. In der ersten Projektphase ist das Ziel der erfolgreiche Testbetrieb in Burgdorf. Nach dem erfolgreichen Testbetrieb sollen in der zweiten Projektphase bis zu drei autonome Fahrzeuge in den ÖPNV-Regelbetrieb in der Region Hannover integriert werden.
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(fpi)
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