Im Prozess gegen den US-Rapper Sean „Diddy“ Combs haben die Anwälte des 55-Jährigen die Hauptbelastungszeugin ins Kreuzverhör genommen, Combs‘ frühere Freundin Cassandra „Cassie“ Ventura. Sie präsentierten den Geschworenen in New York am Donnerstag Emails und Textnachrichten des früheren Liebespaars. Damit versuchten sie Zweifel an Venturas Aussagen zu säen, der Rapper habe sie zur Teilnahme an Sex- und Drogenpartys gezwungen.

Combs‘ Anwältin Anna Estevao fragte Ventura, warum sie sich auf ein Wiedersehen mit Combs gefreut habe, als dieser während ihrer mehr als zehnjährigen Beziehung auf Reisen war. „Weil ich mich in ihn verliebt hatte und mir sehr viel an ihm lag“, war die Antwort der 38-jährigen Sängerin.

Die Verteidigung zeigte zudem Nachrichten Venturas, die Zustimmung zu den sogenannten „Freak Offs“ des Rappers verdeutlichen sollen, wie er seine Drogen- und Sexpartys nannte. Sie sei „immer bereit“, daran teilzunehmen, schrieb die Sängerin in einer ihrer Nachrichten. Zwei Tage später schickte Cassie eine explizite Nachricht an Combs. „Ich kann es nicht erwarten, dich zu beobachten. Ich will, dass du richtig geil wirst“, antwortete er. „Ich auch, ich will nur, dass es unkontrollierbar ist“, schrieb sie.

Zunächst trug Cassie die durchaus liebevollen Nachrichten vor, die das Paar zu Beginn seiner Beziehung austauschte. Cassie sagte aus, dass Combs charismatisch gewesen sei.

Die Aussagen vom Donnerstag standen im Gegensatz zu der Gewalt und der Scham, die Cassie laut eigener Aussage bei Hunderten Begegnungen mit männlichen Sexarbeitern erlebte. Solche Treffen bei Sexpartys erstreckten sich ihren Angaben zufolge von 2007 bis 2018. Cassie war zu Beginn der Beziehung mit Combs 19 Jahre alt, er in den 30ern.

Die heute 38-jährige Cassie, die hochschwanger ist, sagte zuvor aus, die Sex- und Drogenpartys hätten stunden- oder sogar tagelang angedauert. Sie habe manchmal Infusionen gebraucht, um sich zu erholen, und habe schließlich eine Opioidabhängigkeit entwickelt, weil sie sich habe betäuben wollen.

Fast zwei Stunden nach Beginn des Kreuzverhörs fragte Combs‘ Anwältin Estevao Cassie, ob man sagen könne, dass die Karriere des Produzenten ruiniert gewesen sei, nachdem sie ihn im November 2023 verklagt und damit zum ersten Mal die Sexpartys öffentlich gemacht hatte. „Das könnte ich verstehen“, antwortete Cassie. Sie sagte bei einem früheren Gerichtstermin aus, dass Combs damit drohte, ihre Karriere zu beenden, sollte sie ihn verlassen.

In den vergangenen Tagen hatte Ventura erstmals ausgesagt. Sie sprach von Gewaltausbrüchen Combs‘ und nannte seine Partys „ekelhaft“. Sie habe deshalb Suizidgedanken gehabt. Jahre nach ihrer Trennung 2018 habe sie das Erlebte noch verfolgt, erklärte die hochschwangere Sängerin und Tänzerin, die ihr drittes Kind erwartet.

Ventura hatte den bekannten Musiker und Produzenten 2023 wegen jahrelanger Misshandlungen und Vergewaltigung verklagt. Beide einigten sich kurz darauf auf einen außergerichtlichen Vergleich, seither reichten jedoch weitere Frauen und auch Männer Klagen gegen den Rapper ein. Die Staatsanwaltschaft wirft Combs vor, die Kläger sexuell missbraucht und mit Drohungen und Gewalt zur Teilnahme an seinen Partys genötigt zu haben.

Der Prozess in New York ist auf acht bis zehn Wochen angesetzt. Im Falle eines Schuldspruchs droht dem Rapper lebenslange Haft.