Angekündigt hatte es Oberbürgermeister Burkhard Jung schon im Dezember, dass das Festgelände am Cottaweg für die nächsten Jahre nur gesichert werden könne, wenn die Stadt mit dem Fußballclub RB Leipzig einen Erbbaurechtsvertrag abschließt. Die Vorlage dazu veröffentlichte das Liegenschaftsamt dann im April. Am 21. Mai soll die Vorlage im Stadtrat behandelt werden. Aber nicht nur die Zukunft der Kleinmesse sorgt für Diskussionen. Auch der gestörte Biotop-Verbund am Cottaweg wird wieder Thema. Die drei großen Leipziger Naturschutzverbände wenden sich jetzt mit einem Offenen Brief an den OBM und die Ratsfraktionen.
Dass es überhaupt zu dieser unübersichtlichen Diskussion gekommen ist, hat mit dem Umbau des Zentralstadions zu tun. Damals sicherte die Stadt dem Stadionbetreiber die Bereitstellung weiterer Stellplätze zu.
In der Vorlage des Liegenschaftsamts heißt es dazu: „Hintergrund hierfür ist die Verpflichtung der Stadt Leipzig zur Bereitstellung von 2.200 PKW-Stellplätzen und 200 Busplätzen auf dem Gelände Cottaweg (Kleinmesse) aus der Gesamtvereinbarung zum Umbau des Zentralstadions Leipzig und der Entwicklung peripherer Flächen nebst Annexen vom 05.09.2000 in der Fassung nachfolgender Änderungsvereinbarungen.“
Auf diesen alten Vertrag beruft sich RB Leipzig, wenn es die Bereitstellung dieser Stellplätze von der Stadt verlangt.
Parkpalette und erweitertes Trainingsgelände
Ein Problem, das man eigentlich durch den Bau einer Parkpalette lösen könnte. Und die soll auch gebaut werden. Aber die frei werdende Fläche soll RB dann zur Erweiterung seines Trainingsgeländes nutzen können. Weshalb eben unklar ist, was mit der Kleinmesse dann 2032 wird.
„Nach dem Bau der Parkpalette, welche bis 2032 fertiggestellt werden muss, sollen die nachgewiesenen Stellplätze in diese überführt werden. Danach kann die Baulast am Cottaweg zur Löschung beantragt werden und damit die Nutzung zum Zweck des Erbbaurechts ermöglicht werden“, heißt es in der Vorlage. „Zum Zweck der Erweiterung des Trainingszentrums von RB Leipzig wird im Jahr 2025 ein Erbbaurechtsvertrag beurkundet. Das Erbbaurecht und die Nutzung auf seiner Grundlage soll jedoch erst ab 2032 beginnen.“
Der Erbbaurechtsvertrag soll dann bis 2063 gelten: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Erbbaurechtsvertrag mit der Red Bull Betriebsanlagen GmbH über ein am 01.01.2032 beginnendes Erbbaurecht zum Zweck der Erweiterung des Trainingszentrums mit einer Laufzeit bis 23.12.2063 an ca. 47.273 m² der Grundstücke des Festplatzes und Marktamtsgeländes am Cottaweg zu einem Erbbauzins von 6 % des vor Erbbaurechtsbeginn gutachterlich festzustellenden Verkehrswerts beurkunden zu lassen.“
Wobei das Festplatzgelände auch jetzt schon als Parkfläche bei RB-Spielen genutzt wird. Und das erzeugt Konflikte, die – so sieht es die Stadt – künftig die Veranstaltung der Kleinmesse gefährden: „Das Gelände der Kleinmesse verbleibt weiterhin im städtischen Eigentum. Jedoch wird RB Leipzig das Recht zur Nutzung der Stellflächen regelmäßig in Anspruch nehmen, wodurch der Betrieb der Kleinmesse nicht mehr im bisherigen Umfang möglich ist.“
Engstelle im Auwaldsystem
Aber das Problem aus Sicht der Leipziger Naturschutzverbände NABU, BUND und Ökolöwe ist, dass ein für die Zukunft des Auenwaldes wichtiges Problem nicht gelöst ist. Denn gerade zwischen Festplatz und Stadion ist der für die Artenvielfalt des Auwaldes so wichtige Waldstreifen so schmal, dass er seine Funktion als Verbindung zwischen dem nördlichen und dem südlichen Auwald nicht erfüllen kann.
Mehrfach haben die Naturschutzverbände schon gefordert, dass er hier wieder deutlich breiter werden muss. Wenn der Festplatz am Cottaweg nicht mehr also solcher genutzt werden sollte, wäre das eine Gelegenheit, hier wieder mehr Platz für die Natur zu schaffen.
In einem Offenen Brief bekräftigen alle drei Naturschutzverbände ihre Forderung nach eine Stärkung des Auwaldes an dieser Engstelle.
***
Offener Brief: Für die Stärkung des Auwalds – Lücke im Biotopverbund am Cottaweg schließen!
Sehr geehrte Damen und Herren,
aktuell wird innerhalb der Stadtverwaltung sowie im Stadtrat über die Neuordnung des Stadionumfeldes diskutiert. Die nun vorliegende Verwaltungsvorlage sieht vor, dass das bisherige Kleinmessegelände frühestens ab 2032 an RB Leipzig übergehen soll, um dort weitere Trainingsplätze zu errichten. In der kommenden Ratsversammlung soll dazu ein Erbbaurecht für die Red Bull Betriebsanlagen GmbH beschlossen werden.
Als Umweltverbände betonen wir mit Nachdruck: Sollte die Kleinmesse verlagert werden, müssen umwelt- und naturschutzfachliche Belange oberste Priorität haben. Das betroffene Gebiet ist einer der empfindlichsten Bereiche des Leipziger Auwaldsystems – insbesondere durch die ohnehin bereits gestörte Grünverbindung zwischen dem nördlichen und südlichen Auwald.
Bereits im Integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEK) hat die Stadt Leipzig selbst das Ziel formuliert, diesen Grünzug zu stärken. Dies muss durch eine ökologische Aufwertung des Elsterbeckens sowie durch eine naturnahe Gestaltung und Teilrenaturierung des Kleinmesse-Geländes nach einem möglichen Umzug der Kleinmesse geschehen.
Dass diese ökologischen Aspekte in der aktuellen Vorlage zur Bestellung eines Erbbaurechts für RB Leipzig keine Rolle spielen, ist alarmierend. Die vollständige Übertragung des bisherigen Kleinmessegeländes an RB Leipzig ist unter diesen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar – zumal RB in früheren Gesprächen selbst signalisiert hatte, nicht die gesamte Fläche zu benötigen.
So nachvollziehbar das Interesse von RB ist, alle Mannschaften an einem Standort zu bündeln: Dies darf nicht auf Kosten des Umwelt- und Naturschutzes geschehen. Besonders irritierend ist, dass die Umweltverbände in den Entscheidungsprozess bislang nicht einmal einbezogen wurden. Dass die Vorlage zudem nicht im Fachausschuss Umwelt/Ordnung beraten wurde, unterstreicht den Eindruck, dass Umweltanliegen in Leipzig derzeit einen bedenklich geringen Stellenwert haben.
Wir fordern daher:
• Eine deutliche Stärkung des Grünzugs am Cottaweg
• Die Reintegration von mindestens 50 % des bisherigen Festplatzes in das Leipziger Auensystem
• Festschreibung des Grünzugs im Erbbaurechtsvertrag mit RB Leipzig
Sollten diese Punkte keine Berücksichtigung finden, rufen wir die Stadträt:innen dazu auf, die Vorlage
abzulehnen.
Mit freundlichen Grüßen
René Sievert (Naturschutzbund Deutschland (NABU))
Tino Supplies (Ökolöwe)
Anika Jahn (BUND Leipzig)