laut.de-Kritik
Müde, redundant und fast schon hilflos bemüht.
Review von Lisa Rupprecht
Nein, nein und nochmals nein. Wenn sich deine Rap-Karriere mittlerweile anhört wie ein Böhmermann-Track, dann läuft irgendwas grundlegend schief. Wenn das Beste an deinen Songs die Beats sind, solltest du vielleicht ruhig sein. Und wenn du auf dem Cover eine stilisierte Abhörstation abbildest, die auch als Phallus-Analogie durchgeht, während du darüber rappst, mit 45 endlich erwachsen geworden zu sein, dann machst du vieles falsch. Kurzum: Prinz Pi macht auf „West-Berlin“ vieles falsch. Und leider erschreckend wenig richtig.
Dabei ist Pi, bürgerlich Friedrich Kautz, eigentlich ein Veteran des Deutschraps: vom Freestyle-Keller im Royal Bunker bis zu Nummer-eins-Platzierungen hat er einen bemerkenswerten Werdegang hingelegt. In seiner besten Zeit war er ein messerscharfer Beobachter sozialer Risse. Doch auf „West-Berlin“ wirkt vieles müde, redundant und fast schon hilflos bemüht.
Bereits der Einstieg mit „Teufelsberg“ gibt die Richtung vor: ein waberndes, überfrachtetes Soundbild, das einen mit zu vielen Perspektiven überfordert, ohne irgendwohin zu führen. „Auf der Spitze vom Teufelsberg steht der größte Penis der Welt“ Danke für diese Erklärung. Der Titeltrack „West Berlin“ geht da schon eher klar – melancholisch und textlich wenigstens solide, wenn auch alles andere als innovativ.
Dann kommt „Viktoriapark„, leider ein Tiefpunkt. Was als persönliche Reflektion über Ehe und Beziehung gemeint ist, klingt irgendwo zwischen Autotune und poppigem Kitsch zerfasert. Dat hätte man sich sparen können. „Berlin Beauty Cocktail“ setzt das Fremdscham-Gefühl fort: Erinnert an YouTube-Mukke von 2012, die man nachts um drei aus Versehen entdeckt hat.
Wenn man bei „Handy Links Teufel Rechts“ angekommen ist, fragt man sich ernsthaft, wann dieser endlose Spoken-Word-Singsang endlich aufhört. Es passiert wenig, musikalisch und auch inhaltlich.
Dann überraschend: „Loser„. Endlich ein halber Banger. Der Pero-Feature-Part ballert, das Sample macht Laune, hier hat mal jemand seine Hausaufgaben gemacht. Auch „Zille“ überzeugt mit starkem Beat und Pis Stimme, die hier ausnahmsweise gut ins Soundbild passt.
Schade nur, dass es bei „Bergmannkiez“ wieder bergab geht. Der Beat? Krass. Aber Pi? Fehl am Platz. Wie viele Belege will dieser Mann noch dafür liefern, dass er bei modernen Produktionen nicht mehr mithalten kann?
Im letzten Drittel versinkt das Album endgültig im Mittelmaß. „Im Licht und im Schatten“ will traurig sein, ist aber nur platt. Der Abschluss „Berühmte letzte Worte„: ein langsames Dahinplätschern über das erwachsene Leben, überfordert von Kindern, Job und Existenz. Ja, das ist alles relatable, aber nicht automatisch interessant.
Unterm Strich ist „West-Berlin“ ein nostalgisches Selbstporträt eines Künstlers, der spürbar hadert mit der Zeit, mit sich selbst und mit seiner Kunst. Einige Ideen blitzen auf, doch insgesamt bleibt es ein uninspiriertes Werk, das mehr Fragen als Antworten liefert. Vor allem die: Warum hat niemand im Studio mal ehrlich gesagt: „Vielleicht sollten wir das lassen?“