„Es gibt wenige Opern, die von vorn bis hinten perfekt sind. Don Giovanni gehört dazu“, sagt Wuppertals Generalmusikdirektor (GMD) Patrick Hahn. Er hat die musikalische Leitung bei Wolfgang Amadeus Mozarts weltberühmter Oper, die am 24. Mai im Opernhaus Premiere feiern wird. Das Bühnenbild, ein offener Raum mit einigen Türen, steht bereits. Soeben hat die erste Durchlaufprobe mit Chor und Solisten stattgefunden. Danach nehmen sich Patrick Hahn und Zachary Wilson Zeit für ein Gespräch mit der WZ. Die Figur des Don Giovanni ist die Lieblingsrolle von Bariton Zachary Wilson. „Jede Note und das Tempo sind perfekt“, sagt er begeistert. Ist Don Giovanni für ihn ein rücksichtsloser Verbrecher? Der Untertitel „Der bestrafte Wüstling“ weist darauf hin. Als „Wüstling“ sieht Wilson ihn nicht. „Er ist für mich so, wie ich mir einen Narzissten vorstelle. Er ist kein Psychopath, er sieht vor allem sich selbst, aber er liebt die Frauen und es fällt ihm leicht, seine Ziele zu erreichen“, sagt der Sänger, der die Rolle bereits an anderen Häusern verkörpert hat. Giovanni begehe Schandtaten, aber in intimen Momenten zeige er auch eine Verletzlichkeit. „Er verfügt über Geld und Status und hat Erfahrung in der Kunst der Verführung, deshalb hat er Erfolg“, erklärt Wilson.
Das Werk hat dramaturgisch
und musikalisch geniale Kniffe
„Das Werk hat dramaturgisch und musikalisch geniale Kniffe. Es gibt viele äußerst temporeiche Partien und manchmal scheint die Zeit stehenzubleiben. Es ist eine gelungene Balance“, sagt Patrick Hahn. Um diese Balance perfekt zu gestalten, komme es bei den nächsten Proben auf die Feinarbeit an. „Besonders bei Giovanni und Leporello sind es beim Tempo sehr feine Linien. Es muss sehr schnell sein, aber nicht so schnell, dass man es nicht mehr singen kann.“ Wenn Giovannis Diener Leporello die mehr als 2000 Liebschaften seines Dienstherren aufzählt, erwartet das Publikum ein bestimmtes Tempo. „Es ist Fluch und Segen zugleich, wenn eine Oper so bekannt ist“, meint der GMD. Für ihn ist es das erste Don Giovanni-Dirigat. Es sei dennoch „ein alter Bekannter“: „Jeder der an der Oper mit Klavier zu tun hat, kennt alle wichtigen Stellen“, sagt Hahn. Er habe sehr gern den Giovanni machen wollen, „weil es ein tolles Ensemblestück ist und weil wir ein tolles Ensemble haben“. Die Arbeitsbelastung sei für alle groß, aber die Stimmung im Haus sei sehr gut. „Die Zusammenarbeit ist menschlich und musikalisch fantastisch. Ich freue mich wahnsinnig darauf, hier „mit unserer Familie“ zu musizieren“, sagt der GMD.
„Wenn die Chemie stimmt, ist es toll für das Interagieren auf der Bühne“, bestätigt Zachary Wilson. Mit Margaux de Valensart als Donna Anna und Edith Grossman als Donna Elvira, Oliver Weidinger (Leporello) Sangmin Jeon (Don Ottavio) und Erik Roussi (Komtur) werden fast alle Rollen von Ensemblemitgliedern übernommen. Dass Mozarts Don Giovanni ein „Renner“ und ein Meisterwerk ist, kann man an den Spielplänen sehen: Zuletzt gab es ihn in Wuppertal im Jahr 2014 in einer schrill-bunten Fassung. In der Inszenierung 2001 endete der Herzensbrecher sehr blutig. Vor 30 Jahren war ein Don Giovanni in der Regie von Dietrich Hilsdorf zu sehen.
Mit Claudia Isabel Martin inszeniert in Wuppertal zum ersten Mal eine Frau das musikalische Drama um den größten Verführer der Operngeschichte. „Jede Zeit erschafft sich einen eigenen Don Giovanni“, sagt die Regisseurin. Sie versetzt Mozarts „heiteres Drama“ in die 1970er Jahre. Im Anschluss an die Premiere wird es deshalb eine Premierenfeier im Stil 70er Jahre geben.