„Eine bürgernahe und leistungsstarke Verwaltung“ oder: „Die Bediensteten verstehen sich als Dienstleister für den Bürger“ , oder: „Freundliche und serviceorientierte Mitarbeiter kümmern sich um ihre Anliegen“ – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Alle Formulierungen sind auf Internetseiten von Verwaltungen zu finden. Verschiedenen Verwaltungen. Aber es gibt sicher keine Behörde, die nicht für sich reklamiert, bürgernah, freundlich und serviceorientiert zu sein. Und in den meisten Fällen ist das auch sicher so. Aber manchmal vergaloppiert sich der Amtsschimmel in den selbst auferlegten Richtlinien.
Diese Erfahrung hat dieser Tage Uschi Bisanz gemacht. Uschi Bisanz ist eine resolute und engagierte Frau und als Vorsitzende der Wörther Tafel in Wörth und Umgebung keine Unbekannte. Bisanz benötigte in ihrer Funktion als Tafelvorsitzende für das Registergericht eine amtliche Beglaubigung ihrer Unterschrift. Mit der amtlichen Beglaubigung wird bestätigt, dass eine Person selbst die Unterschrift geleistet hat. Beglaubigen können das alle Behörden mit einem entsprechenden Amtsstempel. Der Vorgang dauert wenige Augenblicke. Kein großer Aufwand, denkt der Laie.
„Haben Sie einen Termin?“
Uschi Bisanz ging also mit ihrem Anliegen zur Stadtverwaltung in Wörth. Am Empfang trug sie ihren Wunsch vor. „Die Dame am Empfang war auch sehr nett und hilfsbereit. Sie hat gesagt: Dann schauen wir mal, ob eine der Kolleginnen gerade frei ist“, erzählt Bisanz. Es sei sehr wenig los gewesen. „Eigentlich war ich so ziemlich die einzige Kundin“, erzählt Bisanz. Sie ging also in das Bürgerbüro an einen der Schreibtische zu einer Mitarbeiterin, die ganz offensichtlich gerade wenig zu tun hatte. Von der Mitarbeiterin wurde sie zunächst gefragt, was sie wolle. Eine Beglaubigung der Unterschrift, mehr nicht!
Dann kam die alles entscheidende Frage: „Haben Sie einen Termin?“ – „Nein, habe ich nicht“, antwortete Bisanz. „Dann müssen Sie einen Termin ausmachen“, stellte die städtische Angestellte klar. Am Donnerstag seien noch Termine frei. „Donnerstags geht es bei mir nicht, da bin ich den ganzen Tag in der Tafel“, sagte Bisanz. „Dann halt am Freitag, da ist auch noch ein Termin frei. Da werden sie ja wohl nicht auch den ganzen Tag in der Tafel verbringen“, habe die Beschäftigte der Stadt gesagt. Der Ton hat Bisanz überhaupt nicht behagt. „Es geht doch nur um eine Beglaubigung, das dauert höchstens zwei Minuten. Das habe ich hier schon öfters machen lassen, und beim letzten Mal ging das doch auch ohne Termin“, sagte Bisanz. „Tja, wenn man halt bekannt ist, dann geht so was vielleicht auch mal. Aber jetzt brauchen Sie einen Termin“, habe die Dame von der Verwaltung in schnippischem Ton gesagt. Bisanz drehte sich um und verließ den Raum. „Das war alles sehr unfreundlich“, sagt sie.
Den Freitagstermin in der Stadtverwaltung Wörth hat sie nicht wahrgenommen. Die Beglaubigung ihrer Unterschrift hat zwischenzeitlich eine andere Verwaltung in der Nachbarschaft vorgenommen. Ohne Termin. „Das war sehr unkompliziert, die waren dort sehr freundlich und zuvorkommend“, betont Bisanz.
Ein Überbleibsel aus der Corona-Zeit
Terminreservierungen – online oder telefonisch – wurden in den Verwaltungen während Corona eingeführt, was damals zweifellos sinnvoll war. Man wollte ja den Publikumsverkehr kanalisieren, es sollten sich möglichst wenige Menschen gleichzeitig im selben Raum aufhalten. Teilweise haben sich die Verwaltungen damals richtiggehend verbarrikadiert. Die Pandemie ist vorüber, die Terminvereinbarungen in den Verwaltungen sind geblieben. Es gibt Bürgermeister und Behördenleiter, die das durchaus kritisch sehen. Sie könnten sich vorstellen, zum flexibleren und damit bürgerfreundlicheren Vorgängermodell zurückzukehren. Nur spielen da die Beschäftigten nicht mit. Es könnte ja passieren, dass zwei Menschen gleichzeitig mit einem Anliegen vorstellig werden. Was für eine Horrorvision! Man muss doch den Arbeitstag exakt durchplanen können. Oder?